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Ein Sarg für zwei

Ein Sarg für zwei

Titel: Ein Sarg für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Rowen
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getan hatte, wo,
wann und warum. Überwältigt von seiner Entdeckung saß Thierry in Marcellus’
Haus und las sämtliche Tagebücher zweimal durch. Die Identität des Roten
Teufels war ein gut gehütetes Geheimnis, und das schon seit beinahe fünfhundert
Jahren. Bei seinen Nachforschungen konnte Thierry keine lebende Person
ausfindig machen, die über Marcellus’ nächtliches Treiben Bescheid wusste.
Selbst Marcellus’ Helfer in jener Nacht, der Mann, der ihn vor den nahenden
Jägern gewarnt hatte, dürfte nicht die ganze Wahrheit gekannt haben.
    Die Wahrheit
war, dass Marcellus seine Spezies davor bewahrte, von den Jägern abgeschlachtet
zu werden.
    Der Gedanke,
dass das nun vorbei und der Rote Teufel tot sein sollte, gefiel Thierry
überhaupt nicht. Obwohl Marcellus’ frühere Beziehung zu Veronique Thierry einen
gewissen bitteren Beigeschmack bereitete, hatte dieser Mann in seinem langen Leben
so viel Gutes bewirkt und so viele Leute gerettet, dass das nicht vorbei sein
durfte.
    Dem letzten
Tagebucheintrag war ein Brief beigelegt. Er war noch ungeöffnet. Thierry
öffnete das versiegelte Pergament. Das Billet stammte von einem Informanten,
der darin ein geplantes Massaker am Ende der Woche ankündigte.
    Eine Sippe
von Vampiren, die fest zusammenhielt und lose Verbindungen zum französischen
Königshaus unterhielt, sollte als Exempel für andere dienen. Es handelte sich
um drei Männer und vier Frauen. Und da jetzt der Rote Teufel nicht mehr
existierte, gab es niemanden, der sie vor dem sicheren Tod retten konnte.
    Thierrys
Knöchel waren ganz weiß, so fest hielt er das Tagebuch umklammert. Er hatte
gesehen, wie seine Familie gestorben war, und hatte nichts dagegen tun können.
Der Schwarze Tod war nicht wählerisch gewesen. Er hatte sich mit unersättlichem
Hunger durch das Land gefressen, und die Zurückgebliebenen vergingen vor
Trauer, Verzweiflung und Armut. Eine Seuche konnte man eben nicht so einfach aufhalten.
    Ein paar
Jäger mit spitzen Holzpflöcken dagegen schon.
    Thierry
dachte an seine Schwester, die nicht an der Pest, sondern durch die Hände
irgendwelcher vor Angst wahnsinniger Bürger gestorben war, die in ihrer Panik
vor dem Tod jede nur mögliche Bedrohung sofort vernichtet hatten. Er war zu
spät gekommen. Er war schuld an ihrem Tod. Selbst nach all diesen Jahren plagte
ihn sein Gewissen.
    Auf einem
Beistelltisch neben ihm stand eine Holzdose, die mit einer aufwendigen
Schnitzerei in Form einer Sonne verziert war. Er öffnete sie und erwartete,
noch mehr Schmuck oder Geld zu finden, doch sie enthielt lediglich zwei Dinge:
eine Porträtzeichnung von Veronique und eine rote Maske. Er nahm beides heraus
und betrachtete das Porträt seiner Frau, ihre vollkommene Schönheit, ihre
makellose Haut und ihren stolzen Gesichtsausdruck. Es gab keinen Zweifel, dass
sie die schönste Frau war, die er jemals gesehen hatte.
    Er legte das
Porträt zurück in die Dose und schloss den Deckel. Dann hielt er die Maske vor sein
Gesicht. Sie passte, als wäre sie für ihn gemacht worden.
    In diesem
Augenblick traf er seine Entscheidung. Er würde Marcellus’ geheimes Werk
fortführen. Er würde in die Rolle des Roten Teufels schlüpfen. In Erinnerung an
seine Familie, würde er jenen helfen, die sich nicht selbst helfen konnten.
    Er nahm die
Maske, einige Waffen, das Tagebuch und so viel Gold wie er tragen konnte an
sich, als er am folgenden Tag das kleine Haus verließ, um zu seiner Frau nach
Paris zurückzukehren.
    Als er sie
traf, sah sie wunderschön, aber außerordentlich gereizt aus.
    »Wo bist du
gewesen?«, fuhr sie Thierry an.
    Er hatte
bereits beschlossen, ihr nichts zu erzählen. Es war sicherer für sie. Marcellus
hatte gewollt, dass sein Geheimnis mit ihm starb. Also würde er dafür sorgen.
    »Ich musste
gehen. Es tut mir leid, wenn du dir Sorgen gemacht hast.«
    Sie lachte
leichthin. »Sorgen gemacht? Nein, Thierry, ich habe mir keine Sorgen gemacht.
Ich war enttäuscht.«
    »Enttäuscht?«
Er musterte sie abwartend. »Warum?«
    »Nachdem du
letzte Nacht verschwunden bist, hat es einen Überfall von Jägern gegeben. Ich
bin gerade noch mit dem Leben davongekommen. Marcellus...« Sie tupfte sich mit
einem Spitzentaschentuch die Augen. »Marcellus ist ermordet worden. Ich habe
selbst gesehen, wie er gestorben ist.«
    Thierry
runzelte finster die Augenbrauen und spürte, wie die Wut in ihm hochstieg.
Marcellus hatte ihm versprochen, dass für Veroniques Sicherheit gesorgt wäre.
»Du hättest nicht

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