Ein Sarg für zwei
Idee
gekommen bist, Veronique zu heiraten, aber das spielt jetzt auch keine Rolle
mehr.«
»Du hast sie
verlassen.«
»Nur weil
ich musste. Zu ihrer eigenen Sicherheit. Verstehst du, ich werde gejagt! Es
gibt Leute, die mir großen Schaden zufügen wollen, und nun haben sie mich
endlich gefunden. Ich kann nicht mehr weiter fliehen. Sie werden meinem Leben
heute Nacht ein Ende bereiten, und ich muss mich damit abfinden. Aber wenn mein
Tod eingetreten ist, müssen auch meine Geheimnisse mit mir gestorben sein.«
»Die
Papiere.«
»Ja, diese
Papiere müssen ebenfalls vernichtet werden. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
»Wieso
kannst du nicht einfach untertauchen?«
Marcellus
trat einen Schritt zur Seite und spähte hinaus auf die dunkle, leere Straße vor
der Taverne. »Hast du jemals von dem Diable Rouge gehört ... dem Roten Teufel,
Thierry?«
»Ja.« Der
Rote Teufel war ein Vampir, von dem man sich erzählte, dass er andere Vampire
vor den Jägern rettete. Seine Identität war nicht bekannt, doch seine Taten
waren legendär.
Marcellus
drehte sich zu ihm um. »Der Rote Teufel stirbt heute Nacht. Die Jäger glauben
seine wahre Identität zu kennen und wollen ihn umbringen.«
Thierry
runzelte heftig die Stirn. »Ich verstehe nicht.«
Marcellus
lächelte. »Es ist am besten, wenn Veronique niemals die Wahrheit erfährt. Ich
möchte, dass sie glaubt, ich hätte sie damals aus egoistischen Motiven
verlassen. Sie muss niemals erfahren, wie sehr ich sie geliebt habe, wie sehr
ich sie immer noch liebe und wie sehr ich sie all die Jahre vermisst habe. Als
ich dir zum ersten Mal begegnet bin, war ich sehr eifersüchtig auf dich,
Thierry, weil du besitzt, was ich nicht mehr haben kann: Veronique.«
»Du bist der Rote Teufel?«
»Es ist ein
alberner Name, aber ja, das bin ich. Jedenfalls bis heute Nacht.«
Thierry
schüttelte den Kopf. »Dann solltest du unbedingt weitermachen. Du musst
fliehen.«
Der
Meistervampir lächelte, aber es war ein trauriges Lächeln. »Kennst du das
Gefühl, von denen betrogen zu werden, die du für deine Freunde gehalten hast?
Alles ist verloren. Die Papiere enthalten Namen, Orte, Einzelheiten, die in den
falschen Händen ungeheuren Schaden anrichten würden ... wenn der Rote Teufel
tot ist, müssen diese Informationen ihm ins Grab folgen.«
»Wie kannst
du deinen Tod so ohne weiteres akzeptieren? Nach allem, was du für andere getan
hast?«
»Ich bin
beinahe fünfhundert Jahre alt und des Lebens überdrüssig. Ein Vampir zu sein, bedeutet
zwar ewiges Leben, aber für mich ist es Zeit, mich endlich auszuruhen. Dass ich
Veronique noch einmal gesehen habe, hat mir einen letzten Glücksmoment
bereitet.«
Der andere
Mann trat zu ihnen. »Marcellus, sie kommen.«
Marcellus
nickte ihm zu und gab Thierry den Schlüssel. »Nimm ihn.«
Thierry nahm
ihn und sah mit gerunzelter Stirn auf ihn hinunter. »Aber Marcellus ... du
kannst doch nicht...«
»Ich muss.«
»Was ist mit
Veronqiue? Sie ist noch unten in der Taverne.«
»Ich sorge
dafür, dass sie keinen Schaden nimmt, und wäre es das Letzte, was ich tue. Das
schwöre ich.« Marcellus lächelte, und Thierry sah seinem Gesicht die Spuren
eines so langen, gefährlichen Lebens an. »Geh jetzt ... versteck dich, damit
sie den Schlüssel nicht finden.« Er zögerte und legte seine Hand auf Thierrys
Schulter. »Und achte für mich auf Veronique. Leb wohl, mon ami.«
Thierry
beobachtete, wie der Erzeuger und Exliebhaber seiner Frau die Stufen zu der
geheimen Taverne hinunterstieg. Ihm war klar, dass er nichts tun oder sagen konnte,
um das Unvermeidliche aufzuhalten.
Gleichzeitig
schwirrte ihm der Kopf von all diesen Neuigkeiten.
Der Rote
Teufel. Marcellus war der Rote Teufel, und er würde heute Nacht sterben. Bei
diesem Gedanken schnürte sich Thierry die Kehle zu.
Er
umklammerte den Schlüssel in seiner Hand, wandte sich von der Taverne ab und
verschwand in der Dunkelheit.
In jener
Nacht schlug sich Thierry durch zu Marcellus’ Haus an der Stadtmauer. Er fand
die Papiere. Es waren Listen mit Namen von Vampiren, die vorgaben, Menschen zu
sein. Listen von Menschen, die Vampire jagten. Listen mit Namen von
Informanten, Vampire wie auch Menschen, neben denen stand, wie viel Geld diese
Informanten für ihre Informationen verlangten. Im hinteren Teil des Hauses
befand sich ein Waffenlager. Und Geld. Ein Berg von Gold- und Silbermünzen
quoll ihm entgegen.
Er fand auch
Marcellus’ ausführliches Tagebuch vom Roten Teufel. Was er
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