Ein Sarg für zwei
Finger
gestürzt, um das Blut herauszusaugen. Sie hatte mich daraufhin gefeuert, weil
sie glaubte, ich wäre eine Fingerlutsch-Fetischistin. Damals hatten sich die
natürlichen Bedürfnisse eines Vampirzöglings bemerkbar gemacht, die ich nicht
hatte kontrollieren können. Es war eine überaus ... peinliche Situation
gewesen.
Aber es war
das einzige Mal, dass mir auch nur annähernd so etwas passiert war. Jedenfalls
bis heute Abend.
Dieses
Erlebnis war ein echter Weckruf.
»Stacy
wollte sich rächen und hat vermutlich mit ihrem lateinischen Zauberspruch dafür
gesorgt, dass ich jemanden beißen würde. Ich schäme mich ja so«, gab ich zu.
»Keine
Sorge. Es ist niemandem aufgefallen«, erklärte Reggie. »Die anderen Paare haben
auf der Tanzfläche herumgefummelt und dachten wohl, du und Jim-Bob würdet das
Gleiche tun.«
»Jim-Bob
geht es gar nicht gut!«, meldete sich George klagend.
Ich löste
mich von Thierry und ging vorsichtig auf George zu. »Ist es schlimm?«
Er nahm die
Hand vom Hals, und mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich die riesigen
dunkelroten Bissspuren sah. »Es ist zwar ziemlich schlimm, aber es wird
heilen«, meinte er.
»Es tut mir
leid. Ehrlich. Ich hätte das niemals getan, wenn ich von diesem Zauberspruch
nicht total benommen gewesen wäre.«
Er nickte.
»Und ich dachte noch, dass du irgendwie mehr funkelst als sonst.«
»Dann
verzeihst du mir also?«
»Natürlich.
Aber warne mich einfach vor, falls du es noch einmal auf meine Halsschlagader
abgesehen hast, okay?«
Allein bei
dem Gedanken daran wurde mir übel. »Ich habe das nicht geplant und es überhaupt
nicht bemerkt, außer dass mir kurz vorher ziemlich heiß wurde.«
»Das ist
nicht sehr tröstlich.«
»Wir sollten
jetzt besser verschwinden«, schlug Thierry vor.
Ich nickte.
»Das ist eine gute Idee. Ich kann jedenfalls nicht mehr da reingehen. Die
anderen glauben sicher, ich hätte Jim-Bobs Anstandsgefühl verletzt.«
»Fühlst du
dich denn gut?«, erkundigte sich Claire.
Ich
konzentrierte mich. Außer dass mein Herz schneller schlug und mir insgesamt
etwas unheimlich zumute war, war alles in Ordnung. »Ja, mir geht es gut.«
Sie zog
Stift und Zettel aus der Tasche und schrieb etwas auf. »Falls du mich brauchst,
kannst du mich unter dieser Nummer erreichen.«
Ich sah
blinzelnd auf den Namen und die Nummer. »Was ist das? Ein Motel?«
»Meine
Kellerwohnung ist kürzlich einem kleineren Dämonenüberfall zum Opfer gefallen,
deshalb wohne ich jetzt mit Reggie dort. Ruf mich an, wenn ich dir irgendwie
helfen kann. Du kannst mich auch anrufen, wenn du Lust hast, einmal auszugehen.
Niagara Falls liegt gar nicht so weit weg.«
»Danke,
Claire.« Ich umarmte sie flüchtig.
Reggie
nickte mir zu. »War schön, dich kennenzulernen, Sarah. Und nur damit du es
weißt, du kannst mich jederzeit in den Hals beißen.«
»Reggie!«,
sagte Claire streng.
Er
blinzelte. »Ach ... ich meine ja nur.«
Sie lächelte
angespannt. »Okay - lass uns wieder hineingehen.«
»Wir können
auch sofort nach Toronto zurückfahren«, schlug Thierry vor. »Es gibt keinen
Grund zu bleiben, und es ist früh genug.«
Ich
schüttelte den Kopf. »Nein, lass uns ins Motel zurückfahren und erst mal
ausschlafen. Morgen früh sieht die Welt bestimmt wieder ganz anders aus.«
»Schön, dass
du das so siehst«, erwiderte George. »Ich fahre jedenfalls. Wir sehen uns in
Toronto.«
Wir trennten
uns. Dadurch, dass ich George in den Hals gebissen hatte, betrachtete er den
Auftrag des Roten Teufels, auf mich aufzupassen, wohl als erledigt. Ich kann
nicht behaupten, dass ich George deshalb Vorwürfe machte. Wenn mich jemand
gebissen hätte, würde ich auch nicht darauf wetten, ob er es nicht vielleicht
noch einmal versuchte.
Ich war in
der Hoffnung zu dem Schultreffen gegangen, mich dort zu vergewissern, dass ich
noch normal sein konnte, obwohl ich ein Vampir war.
Gut, es
hatte nicht ganz so geklappt, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Allerdings
gab ich nach läppischen drei Gläsern Bowle und einem kurzen Biss in den Hals
die Hoffnung nicht auf. Jedenfalls noch nicht ganz. Ich wäre allerdings froh,
Stacy McGraw nicht mehr begegnen zu müssen. Sie war eine Hexe, die mit etlichen
ernst zu nehmenden Problemen klarkommen musste. Sie sollte sich hüten, mir
erneut in die Quere zu kommen.
Alles in
allem war der Abend recht glimpflich verlaufen. Fand ich.
Nachdem wir
wieder in unserem Motelzimmer waren und die Tür hinter uns
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