Ein Sarg für zwei
beobachtet wurde. Sie warteten darauf, dass
der Nachtwandler Veronique tötete. Sie war eine Vampirfrau, die sie für äußerst
gefährlich hielten. Danach wollten sie selbst den Nachtwandler abschlachten.
Er und
Veronique hatten seit Monaten nicht miteinander gesprochen. Sie hatte ihn
verlassen, um nach London zu gehen, sich unter die reichen Reißzahnbürger zu
mischen und eine Reihe Affären mit Männern einzugehen, die deutlich jünger
waren als sie.
Thierry wartete
darauf, dass er Eifersucht oder Wut über die Eskapaden seiner Frau empfand,
doch er fühlte nichts dergleichen. Das verwirrte ihn. Es müsste ihm doch etwas
ausmachen, dass seine Frau untreu war, oder etwa nicht?
Aber es war
ihm schlicht gleichgültig.
Manchmal
starrte er spät in der Nacht in den Himmel und machte sich Sorgen, dass er
vielleicht kein Herz mehr hatte, nichts mehr an ihm menschlich war. Vielleicht
war sein menschlicher Anteil während der Pest vor beinahe fünfhundert Jahren
gestorben. Das war eine lange Zeit.
Er
schüttelte den Kopf. Jetzt war nicht die Zeit für finstere Gedanken. Sie
schwächten ihn.
Er setzte
sich die Maske des Roten Teufels auf und schlich in das Gebäude.
Der
Nachtwandler hatte Veronique bereits gebissen. Die Bissspuren an ihrem Hals
waren erstaunlich gut verheilt, doch sie waren noch zu erkennen. Er hatte
draußen von seinem Versteck aus beobachtet, wie das Monster ihre Haare zur
Seite gestrichen und sich über sie gebeugt hatte, um von ihr zu kosten.
Zunächst hatte sie seinen Biss willkommen geheißen, doch ihre Lust hatte sich
schnell in Angst verwandelt. Als sie ihn hatte wegstoßen wollen, hatte er sie
so fest geschlagen, dass sie bewusstlos geworden war. Er hatte sie gefesselt
und sie im Raum allein gelassen. Wenn der Nachtwandler zurückkehrte, würde er
sie umbringen.
Als Thierry
die Fesseln löste, rührte sie sich, wandte ihm ihr wunderschönes Gesicht zu und
starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
»Sie sind
... Sie sind der Rote Teufel«, flüsterte sie.
»Ja.«
»Und Sie
sind gekommen, um mich zu retten?«
Die Maske
fühlte sich warm an. Er hasste es, sie zu lange zu tragen. »Ja.«
Als die
Fesseln gelöst waren, packte er sie am Arm und half ihr aufzustehen. Sie warf
ihre Arme um ihn und umarmte ihn fest.
»Wie kann
ich Ihnen jemals danken?«
Er machte
sich los und blickte auf sie hinunter. »Das ist nicht nötig.«
Sie starrte
ihn an. Die Maske bedeckte den Großteil seines Gesichtes, allerdings waren sein
Mund und die Augen zu sehen. Er wartete, ob sie ihn erkannte. Er wünschte sich
fast, dass sie sein Geheimnis herausfinden würde, doch in ihren Augen war kein
Zeichen zu erkennen, dass sie ihn erkannte. Die Frau, die er seit beinahe
fünfhundert Jahren kannte, schien nicht zu wissen, wer er wirklich war.
Andererseits
war sie davon überzeugt, dass ihr Mann ein Feigling war, der vor Gefahren
davonlief. Sie wäre niemals auf die Idee gekommen, dass er den Roten Teufel
kannte, geschweige denn, dass er selbst der Rote Teufel war.
Niemand
wusste davon. Nicht eine einzige Seele.
»Kommen
Sie.« Er nahm ihre Hand und führte sie ans offene Fenster.
Die Tür flog
mit einem Knall auf. Der Nachtwandler war zurückgekommen, seine Augen waren
pechschwarz, und er fletschte seine Reißzähne. Ohne jegliche Vorwarnung griff
er an, doch Thierry wehrte ihn ab, wobei er sich schützend vor Veronique
stellte.
Plötzlich
stürmten die Jäger in den Raum, und es herrschte totales Chaos. Als der
Nachtwandler sich zu ihnen umdrehte, um sie anzugreifen, sprang Thierry mit
Veronique aus dem Fenster und rannte mit ihr drei Blöcke durch die schmutzigen
Londoner Gassen.
»Gehen Sie«,
sagte Thierry. »Sie sind in Sicherheit.«
Veronique
warf die Arme um ihn und rieb ihre halb entblößten Brüste fest an seinem
Körper. »Sie sind genauso bemerkenswert, wie man es sich erzählt.«
Er wusste
nicht, wie er darauf reagieren sollte. Er fühlte sich nicht so bemerkenswert.
Sie zog
seine Lippen an ihren Mund und küsste ihn, dann lehnte sie sich zurück und
betastete die Lippen mit den Fingern.
Jetzt
muss sie mich doch erkennen, dachte er.
Sie lächelte
ironisch. »Ein Kuss vom Teufel persönlich. Ich könnte mich glatt daran
gewöhnen.«
»Sie müssen
gehen.«
»Verraten
Sie mir, wer sich hinter der Maske verbirgt«, sie ließ ihre elegante Hand seine
Brust hinuntergleiten, »und ich zeige Ihnen, wie dankbar ich bin, dass Sie mich
gerettet haben.«
Er beugte
sich dichter zu ihr. »Wissen
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