Ein schicksalhafter Sommer
schön?“ Wolfgang Kofer wartete anstandshalber einige Sekunden auf eine Antwort, von der er wusste, dass er sie sowieso nicht bekommen würde, dann polterte er angewidert zur Tür. Im Hinausgehen hielt er kurz inne. „Sieh zu, dass du dir irgendwo eine Frau suchst und komm nicht eher wieder her, bist du eine vernünftige gefunden hast.“
Karl beobachtete, wie sein Vater aus dem Zimmer stürmte und die Türe zuknallte. Er war kurz davor gewesen, seinem Vater den Namen des vermeintlichen Saboteurs zu sagen. Aber dann hatte er sich zum Glück noch beherrschen können. Der Hohn, den sein Vater ihm dann hätte zukommen lassen, den konnte er sich schon lebhaft vorstellen. Als Georg ihm neulich erzählt hatte, dass Katrin ihn wegen diesem hässlichen Penner verschmäht hatte, war er sich schon erbärmlich genug vorgekommen, aber als Georg dann auch noch von Sofias Verdacht berichtete, dass eben dieser Knecht aus Eifersucht für den Sabotageakt an seinem Fuhrwerk verantwortlich war, wäre er, Karl, bald in die Luft gegangen. Das würde er nicht auf sich sitzen lassen. Sobald er genesen war, würde er sich diesen Kalter persönlich vorknöpfen. Das würde sein erster Weg sein. Und danach würde er die Sache in die Hände des Gesetzes legen. Und diese Ziege, die ihn verschmäht hatte, würde dann schön blöd aus der Wäsche gucken. Die hatten Karl Kofer alle noch nicht kennen gelernt.
Kapitel 17
Katrin ging frierend mit schnellen Schritten über den düsteren Hof. Die kleine Laterne in ihrer Hand warf mit jedem Schritt einen schwankenden, kleinen Lichtkegel dicht vor ihre Füße. Dieses verdammte Sauerkraut. Katrin wusste zuerst nicht, was sie geweckt hatte, doch dann bemerkte sie, dass sie Bauchschmerzen hatte. Jetzt konnte sie mitten in der Nacht zum stillen Örtchen laufen und nachts war es doch schon empfindlich kalt. Sie zog ihre Strickjacke enger um sich, überquerte den Hof und betrat erleichtert das Plumpsklo.
Nach einer Weile durchbrach ein Geräusch die Stille der Nacht. Katrin lauschte. Na, wunderbar. Ausgerechnet jetzt musste noch jemand aufs Klo. Sie reckte sich und warf einen Blick aus dem kreisrunden Ausschnitt in der Türe. Dann runzelte sie die Stirn. Merkwürdig. Sie konnte den Teil des Hofes, der zur Eingangstür führte, überblicken und obwohl der Vollmond heute Nacht immer wieder von Wolken verdeckt wurde, war es nicht stockdunkel. Sie hätte einen Umriss desjenigen erkennen müssen, der auf sie zuschritt. Selbst wenn es Robert wäre, der quer über den Hof kommen müsste, hätte sie ihn jetzt sehen müssen, so nahe, wie die Schritte waren. Es sei denn, die Person kam von der anderen Seite.
Katrin erstarrte. Wer käme jetzt mitten in der Nacht vom Eingangstor her? Sie schalt sich selber einen Narren, trotzdem löschte sie ihre Lampe und sah zu, dass sie fertig wurde. Dann richtete sie ihre Kleidung und lauschte weiter gespannt. Die Schritte wurden lauter. Wer immer es auch war, er war beinahe bei ihr.
Katrin schluckte. Jetzt fiel ihr auch auf, dass es ein merkwürdiger Gang war, eher ein Schlurfen. Der Kies vor dem Klohäuschen knirschte unter den schweren Schritten, und Katrin wich unwillkürlich von ihrem Guckloch zurück. Dann wurde es still. Katrin rührte sich nicht und wagte nicht zu atmen. Wer auch immer da draußen war, er stand unmittelbar vor der Klotür. Die große Gestalt verdeckte das bisschen Mondlicht, welches zuvor durch den runden Ausschnitt der Türe gefallen war. Dann setzten die Schritte wieder ein und die Gestalt lief weiter. Katrin beugte sich vorsichtig wieder zu ihrem Guckloch vor, sah angestrengt hinaus und versuchte, etwas zu erkennen. Erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund. Ein paar Meter entfernt konnte sie eine Gestalt ausmachen. Es war ein großer Mann, der langsam über den Hof schritt. In der einen Hand hielt er einen großen Stock. In der anderen zog er etwas hinter sich her. Etwas Großes. Einen schweren Sack? Dieser verursachte das schlurfende Geräusch. Katrin brach der Schweiß aus. Wer war das? Und was wollte er hier?
Der Mond trat für einen kurzen Moment komplett aus den Wolken hervor, ehe er beinahe vollständig wieder verschwand. Katrin wimmerte entsetzt auf. In den wenigen Sekunden, die die Nacht erhellt worden war, hatte sie erkannt, was da über den Hof gezogen wurde wie wertlose Lumpen. Für einen Augenblick hatte sie in die toten Augen ihres treuen Hofhundes gesehen. Katrin schüttelte es vor Entsetzen. Mit klopfendem Herzen
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