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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Frenken
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beobachtete sie, wie der Mann und sein Opfer aus ihrem kleinen Sichtfeld verschwanden. Sie drückte sich wieder beide Hände vor den Mund, um ihr Schluchzen zu unterdrücken. Wo war er jetzt? Er konnte überall sein. Er konnte sogar direkt neben dem Häuschen stehen. Sie presste die Wange an die Klotür und versuchte, durch die kleine Öffnung noch etwas weiter nach links gucken zu können. Doch vergeblich. Außerdem war es jetzt wieder pechschwarze Nacht draußen. War er in den Stall gegangen? Konnte sie es bis zum Haus schaffen, ohne dass er es bemerkte? Oder hatte die Gestalt ihr Schluchzen gehört und wartete nur darauf, dass sie herauskam?
    Katrin spürte, dass die Angst sie zu überwältigen drohte. Sie kniff die Augen zusammen und mahnte sich selbst, ruhiger zu atmen. Sie musste hier raus, ehe sie durchdrehte oder der Mann sie packte.
    Mit zitternden Fingern schob sie unendlich langsam die Tür einen winzigen Spalt auf. Jeden Moment erwartete sie, dass sie ihr plötzlich aus der Hand gerissen wurde. Vorsichtig lugte sie nach links. Dort befand sich der Stall in einigen Metern Entfernung. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und so konnte sie wenigstens wieder einige Umrisse erkennen. Sie konnte es nicht mit Gewissheit sagen, aber sie meinte, dort niemanden auszumachen.
    Ihr Blick wanderte langsam weiter über den Hof, an der Scheune vorbei, am Zwinger des armen Hennes bis zum Anbau auf der gegenüberliegenden Seite. Er war verschwunden. Ob er in den Stall gegangen war? Noch einmal ließ sie ihren Blick über den Hof wandern. Vielleicht stand er doch irgendwo an der Stallwand. In der Dunkelheit konnte sie nicht jeden Umriss genau erkennen.
    Katrin verharrte einen Moment reglos, unschlüssig, was sie jetzt tun sollte. Robert! Wieder überkam Katrin Panik. Sie musste ihn warnen! Doch dazu musste sie quer über den gesamten Hof laufen. Der Mann musste irgendwo beim Stall oder der Scheune stehen. Sie würde praktisch an ihm vorbeilaufen. Er würde sie schnappen, ehe sie den Anbau erreichte. Dann konnte sie niemanden mehr warnen und der Mann würde einfach so ins Haupthaus spazieren können, wo der Rest ihrer Familie schlief. Nein, so sehr es ihr widerstrebte, ihre einzige Möglichkeit bestand darin, direkt ins Haus zu laufen.
    Noch einmal atmete sie tief ein, um sich zu beruhigen, dann nahm sie all ihren Mut zusammen, machte leise die Türe auf und rannte so schnell sie konnte in Richtung Haus. Beim Rennen stellte sie sich vor, wie er dicht hinter ihr lief und sie jeden Moment packte und am liebsten hätte sie aufgeschrien. An der Haustüre tasteten ihre Finger hektisch nach der Klinke, heftig drückte sie sie hinunter und stolperte hinein. Von innen warf sie sich gegen die Türe und legte den Riegel vor. Nach Atem ringend blieb sie einen Moment stehen und panisch fragte sie sich, was sie jetzt tun sollte. Schnell rannte sie polternd die Treppe hoch und wollte schon ins Zimmer ihrer Eltern stürmen, doch dann zögerte sie. Wenn sie jetzt ihren Vater weckte, würde er darauf bestehen, nach dem Rechten zu sehen. Und was dann? Ihr Vater war alt und krank, und der Mann unten im Hof war von großer, kräftiger Statur gewesen. In seiner jetzigen Verfassung würde Papa nichts gegen den Fremden ausrichten können. Nervös knetete sie ihre Hände. Dann rannte sie in ihr Zimmer und weiter bis zum Fenster. Von dort konnte sie den ganzen Hof überblicken. Der Fremde war nirgends zu sehen. Zum ersten Mal seit etlichen Minuten, die ihr wie eine Ewigkeit erschienen waren, atmete sie ein klein wenig ruhiger. Egal, wo er jetzt war, wenn er jetzt über den Hof lief, würde sie ihn beobachten können. Sie würde ihn sehen, sollte er versuchen, zum Anbau zu gelangen. Gespannt starrte sie aus dem Fenster und traute sich noch nicht mal zu blinzeln.
    Noch immer lag der Hof ruhig da. Sie hatte keine Ahnung, ob sie fünf Minuten hier saß oder zwei Stunden. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Plötzlich hörte sie unten ein Geräusch. Ihr Herz rutschte ihr in die Hose. Unten war jemand! Die Hintertür! Sie hatte vergessen, die Hintertür zu verriegeln. Und Otto schlief unten! Katrin erhob sich und ihre zitternden Beine wollten sie kaum tragen. Vorsichtig schlich sie die Treppe runter. Hoffentlich hatte er Otto noch nicht gefunden. Wieder hörte sie ein Geräusch. Eine Türe knarrte. Unten angekommen tastete Katrin im Dunkeln nach der Korridortüre, als sie plötzlich auf warme Haut traf. Mit einem Entsetzensschrei sprang

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