Ein schicksalhafter Sommer
rannte sie beinahe in die verhasste Gestalt ihres Feindes, der im Türrahmen stand. „Schleichst du dich immer so an?“, rief sie erschrocken. Er sagte nichts, sondern sah sie nur an. „Guck nicht so! Mich täuschst du nicht“, spie sie ihm hasserfüllt entgegen. „Ich hab dich durchschaut. Und jetzt mach den Weg frei und lass mich vorbei!“ Robert musterte sie noch einen Augenblick, ehe er wortlos zur Seite trat. Hoch erhobenen Hauptes schritt sie etwas unsicheren Schrittes hinaus.
„Was hat sie denn?“ Robert bemühte sich, ungezwungen zu erscheinen. Doch dass die verdammte Schwester ihn auf dem Kieker hatte, beunruhigte ihn.
„Ach, hör nicht auf sie. Sofia spinnt“, tat Katrin den Ausbruch ihrer Schwester ab.
„Was meint sie denn mit Kofer?“, hakte er nach.
Katrin ließ sich mit der Antwort Zeit. „Karl ist verschwunden.“
„Und sie denkt, ich hätte etwas damit zu tun? Warum sollte ich mich an Kofer vergreifen? Die Sache ist doch erledigt.“
„Ja, ich sag doch, sie redet Unsinn.“
„Aber irgendwie muss sie doch darauf kommen“, beharrte er. Man wusste ja nie. Vielleicht hatte er wirklich etwas mit Kofer zu schaffen gehabt, dachte er beunruhigt.
Ergeben seufzte sie und stützte sich vorsichtig mit dem verschmierten Arm am Rand des Bottichs ab. „Also schön. Du hast doch eben sowieso schon einen Teil mitbekommen. Sofia denkt, sie hätte dich Erntedank beim Fest gesehen und Karl hat gedacht, jemand hätte seine Kutsche sabotiert. Beide hatten dich in Verdacht. Und weil er jetzt verschwunden ist, denkt Sofia, du hättest vielleicht etwas damit zu tun.“
„Ach.“ Was sollte er dazu sagen? Ihm wurde ein wenig mulmig, denn vor einiger Zeit war ihm ein Teil seiner Erinnerung von seinem Umtrunk am See wieder eingefallen. Darin stand er im Unterholz und beobachtete Katrin und Kofer, wie sie in bestem Einvernehmen einen Feldweg entlang flanierten und dann in der dunklen Nacht verschwanden. „Du glaubst diesen Unsinn doch nicht etwa? Das ist doch lächerlich.“ Er hoffte, man merkte ihm nicht an, dass er das alles keineswegs lächerlich fand.
„Natürlich nicht. Ich weiß auch nicht, warum sie dich für alles verantwortlich macht, egal was auch geschieht.“
Luise kam wieder in die Küche gerauscht. „Das Beil ist wirklich verschwunden. So etwas.“ Sie wollte gerade den Schrubber ergreifen, als sie einen Blick auf die Personen in der Küche warf. „Was machst du denn da?“, rief sie bestürzt. „Du weißt doch, dass du nicht aufhören darfst zu rühren.“ Besorgt lief Luise zu ihnen und warf einen Blick in den Bottich. „Wenn es anfängt zu gerinnen, ist die ganze Wurst hinüber. Das weißt du doch! Oder magst du Klumpen in der Blutwurst?“
Als ihre Tochter schuldbewusst wieder anfing zu rühren, sah Luise sich suchend um. „Der Speck kann jetzt auch rein. Wo ist denn die Sofia?“
„Rausgegangen.“
„Ich dachte, sie wollte helfen?“ Ratlos sah Luise auf den Speck. „Dann schrubb ich eben gleich zu Ende und schneid den Speck selbst. Und du, Robert? Hast du nichts zu tun? Das kann ich mir gar nicht vorstellen!“
Robert machte, dass er raus kam.
„Mama, das ist genug. Wer soll das alles essen?“ Sofia nahm den Beutel und wollte hinausgehen.
„Unsinn. Der Georg freut sich immer, wenn er frische Wurst bekommt, das hast du selbst erzählt. Und jetzt hol ich dir noch etwas Wurstbrühe, dann kannst du ihm noch leckeren Panhas machen. “
„Mama. Ich muss mich beeilen. Ich hab Georg hoch und heilig versprechen müssen, wieder zu Hause zu sein, bevor es dunkel wird und jetzt dämmert es schon.“ Sofia trat hinaus zu ihrem Fahrrad.
„Ja, ich komm ja schon.“ Luise nahm den Henkelmann und steckte ihn in einen weiteren Beutel. „So, jetzt kannst du beide an den Lenker hängen.“
„Und unterwegs läuft mir die Brühe aus.“
„Ach was. Ich hab den Topf mit der Klammer fest zugeklemmt. So, jetzt fahr auch, sonst ist es wirklich dunkel, ehe du zu Hause bist.“
Sie gab ihrer Tochter einen Kuss und tätschelte ihren Bauch. „Und pass schön auf euch beide auf. Und bestell schöne Grüße.“
„Mach ich. Tschö, Mama.“ Sofia stieg auf ihr Fahrrad und fuhr mit wackelndem Lenker vom Hof.
Besorgt merkte sie, dass es jetzt schnell dunkler wurde, kaum dass sie gerade den Hof hinter sich gelassen hatte. Da konnte sie sich gleich wieder was vo n Georg anhören.
Sie bog links auf den Feldweg ein, der zum Dorf führte und betrachtete die Hütte, die Kalter
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