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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Frenken
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bezweifelte Robert. Andererseits würde er schon gerne mit Katrin den Abend verbringen, wie das andere Paare auch taten. Und er würde sehen können, ob Kofer die Finger von ihr ließ. „Trotzdem werden die Leute sich ihre Gedanken machen, wenn ich mich die ganze Zeit mit dir unterhalte“, gab er zu bedenken.
    „Als wenn die Leute sich für uns interessieren, Robert. Da ist so viel los, da haben alle Besseres zu tun, als uns zu beobachten.“
    „Und deine Eltern? Wir laufen jetzt hier eine Ewigkeit durch die Gegend, nur damit uns keiner zusammen sieht, und du willst mit mir zusammen den Abend verbringen.“
    „Das ist doch etwas ganz anderes. Natürlich können wir nicht so vertraulich miteinander umgehen wie jetzt hier. Aber es wird sich ja wohl keiner was dabei denken, wenn ich mich mit unserem Knecht unterhalte, der auf dem Fest sonst keinen kennt“, sagte sie.
    „Mmh.“ Robert war immer noch nicht überzeugt davon, dass ihn keiner beachten würde. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass die Menschen, sobald sie ihn sahen, jede seiner Handlungen verfolgten, in der Erwartung, ihm würden jeden Moment Hörner wachsen. „Wir werden sehen, Katrin. Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“ Er legte den Arm um ihre Schulter. „Wo sind wir hier überhaupt?“ Er sah auf den kleinen Wasserlauf, der sich, von Pappeln gesäumt, durch die ganze Landschaft zog.
    „Das ist der alte Nordkanal. Napoleon hat vor hundert Jahren begonnen, ihn zu bauen, um den Rhein mit der Maas zu verbinden“, erklärte Katrin. „Damals war er sogar persönlich hier, kannst du dir das vorstellen? Aber der Kanal wurde nie fertig gestellt. Bis vor fünfzig Jahren wurden auf diesem Teilstück hier sogar noch Kohle und Menschen befördert.“
    „Der schmale Wasserlauf sieht aber nicht so aus, als hätte man da etwas drauf befördern können.“ Skeptisch sah er auf das vermoderte Rinnsal.
    „Er wurde damals auch zugeschüttet.“
    „Wer hätte gedacht, dass so ein Graben so eine Geschichte hat? Ich hätte das hier für einen Abwassergraben gehalten. Er riecht zumindest so.“
    „Schäm dich, so über den Stolz unserer Gegend zu sprechen. Außerdem finde ich, dass die lange Reihe Pappeln von weitem sehr hübsch aussieht. Ich bin hier immer gerne spazieren gegangen. Hör mal, wie die Blätter rauschen.“ Verträumt sah sie hinauf und betrachtete die silbern glitzernden Blätter. „Wie sieht die Gegend aus, da, wo du zu Hause bist?“ Langsam gingen sie den Nordkanal entlang.
    „Wie soll es da schon ausgesehen haben?“ Er schwieg solange, dass Katrin ihm schon einen ungeduldigen Blick zuwarf. „Viel Felder und Wiesen. Und etwas hügeliger als hier.“
    „Du klingst aber nicht begeistert.“
    „Das bin ich auch nicht. Wo ich herkomme, das war ein elendes Dreckskaff“, sagte er barsch.
    Katrin schwieg.
    „Bist du jetzt beleidigt?“, fragte er nach einer Weile. „Ich wollte nicht so unfreundlich klingen.“
    „Ach was. Ich weiß ja, dass du grantig wirst, wenn ich dich nach deiner Vergangenheit frage. Aber ich kann es nun mal nicht lassen.“
    „Die Vergangenheit ist vorbei, Katrin. Warum noch darüber reden?“ Wind kam auf, und er stellte sich schützend vor sie. „Es ist die Zukunft, die zählt. Deine und meine.“
    „Aber die Vergangenheit hat uns doch zu dem gemacht, was wir sind.“ Katrin sah ihm suchend ins Gesicht. „Erinnerst du dich denn nicht gerne mal an früher? An deine Familie oder Freunde? An Feste oder Abenteuer, die du als Kind erlebt hast?“ Als er nur höhnisch schnaufte und mit ihr weitergehen wollte, hielt sie ihn auf. „Ich gehe hier jetzt nicht weg, ehe du mir eine erfreuliche Geschichte von früher erzählt hast.“
    „Das ist mir zu blöd“, knurrte er und schickte sich an, zu gehen.
    „Feigling.“
    „Ich bin nicht feige, das ist mir nur zu albern. Komm jetzt Katrin, es wird schon dunkel und wir haben noch einen langen Weg vor uns.“ Als sie sich nicht rührte, ging er schlechtgelaunt zu ihr zurück. Er sah sie abwartend an, doch sie machte nicht den Eindruck, als wolle sie sich rühren. Aufgebracht überlegte er, was er jetzt machen sollte. „Also schön“, keifte er sie schließlich an. Dann überlegte er. Die letzten sieben Jahre übersprang er. Das ihnen vorangegangene Jahrzehnt am besten auch. Er holte tief Luft und versuchte sich an die frühesten Jahre seiner Kindheit zu erinnern. „Als ich noch bei meinen Großeltern gelebt hab“, begann er schließlich abwesend, „da hatte

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