Ein schicksalhafter Sommer
brachte ihn zum Lachen. „Du bist eine Lügnerin, Katrin, weißt du das?“ Robert schüttelte über sich selbst den Kopf. „Ich kann kaum glauben, dass ich hier so glücklich steh und lache, während ich über meine Vergangenheit rede und mit meiner Freundin über mein entstelltes Gesicht diskutiere. “
„Ich lüge nicht“, versicherte sie, obwohl sie wusste, er würde ihr nicht glauben. „Und deine Augen sind wirklich außergewöhnlich. Wie kann es sein, da ss sie verschiedenfarbig sind?“
„ Ich weiß nicht, sie waren immer schon so. Aber auf dem einen Auge kann ich nicht so gut sehen.“ Er nahm sie beim Arm und sie setzten ihren Weg fort. „Genug jetzt, Katrin. Ich will jetzt nicht mehr von mir reden, ja?“
„Tut mir Leid. Ich halte mich heute wirklich dran, was?“ Er hatte wirklich viel von sich preisgegeben, und es war ihm nicht leicht gefallen. Voller Zuneigung dachte Katrin darüber nach, dass er es für sie getan hatte. Sie glaubte nicht, dass er jemals zuvor mit jemandem über seine Vergangenheit gesprochen hatte.
Kapitel 14
Am Sonntag gingen sie alle gemeinsam zur Kirche. Oma blieb diesmal zu Hause, denn sie hatte in der Nacht einen Gichtanfall gehabt und jede Bewegung schmerzte sie. Robert hatte seine neuen Kleider an und war frisch rasiert. Er trottete neben Otto her, der unaufhörlich schwatzte.
„Warum gehst du denn heute mit zur Kirche?“ , fragte er jetzt.
„Tja“, begann er. Was sollte er sagen? Dass sie ihn zwangen? „Du gehst ja auch zur Kirche“, sagte er stattdessen. „Es gehört sich nun mal so.“
„Und warum bist du bisher nicht mitgekommen?“
Eine gute Frage. Wenn Robert ehrlich war, hatte er es nicht mehr gewagt, eine Kirche zu betreten, nach all der Schuld, die er auf sich geladen hatte. Er glaubte zwar nicht, dass ein Blitz auf ihn niederfahren würde, aber ganz wohl war ihm trotzdem nicht bei dem Gedanken, zur Messe zu gehen. Andererseits, wenn seine Hoffnung berechtigt war, dass Gott ihm verziehen hatte, dann würde er ihn auch in seinem Haus willkommen heißen. Er hatte also nichts zu befürchten heute, versicherte er sich noch einmal.
„Warum nicht, Robert?“, wiederholte Otto mit der Beharrlichkeit eines Kindes.
„Jetzt halt doch mal deinen Mund, Otto“, kam Katrin ihm zu Hilfe. „Du redest seit wir zu Hause losgegangen sind, und da vorne ist schon die Kirche.“
Als sie sich anschickten, das Gotteshaus zu betreten, zögerte Robert.
„Was hast du denn?“ , fragte Katrin.
„Die Leute starren mich an“, murmelte er.
Katrin zuckte mit den Schultern. „Und gleich tratschen sie auch noch, dass du doch kein Heide, sondern ein gottesfürchtiger Mensch bist, da du jetzt endlich zum Kirchgang gehst. Du kennst das doch, Robert.“
„Ja, und ich hasse diesen Dorfklatsch.“
Katrin drückte kurz ermutigend seine Hand, während sie die große neue Kirche betraten.
Während des Gottesdienstes entspannte sich Robert langsam. Als sie nach der Messe wieder ins Freie traten, herrschte auf dem Platz vor der Kirche Hochbetrieb. „Wo kommen auf einmal die ganzen Leute her? Die können doch nicht alle in der Kirche gewesen sein?“
„Du brauchst nicht damit zu rechnen, dass du jetzt hier verschwinden kannst. Die Leute nutzen die Zeit nach dem Gottesdienst, um ihre neuen Kleider vorzuführen und sich den neuesten Klatsch zu erzählen. Und das größte Klatschmaul ist Mama. Also stell dich darauf ein, dass es noch eine Weile dauern wird, ehe wir nach Hause gehen.“ Katrin sah sich um. „Da vorne sind Mama und Papa“, sie deutete mit dem Kopf auf ihre Eltern, die ein paar Meter entfernt bei einem anderen Paar aus dem Dorf standen. „Das sind die Eltern von Georg, mit denen sich meine Eltern gerade unterhalten. Hoffentlich vergessen sie nicht wieder die Zeit. Ich möchte noch trocken nach Hause kommen.“
Robert blickte nach oben. Dicke Wolken verdunkelten den Himmel. Er wollte gerade etwas dazu sagen, als er den eingebildeten Wichtigtuer Kofer auf Katrin zueilen sah.
„Guten Morgen Katrin.“ Karl wollte gerade ihre Hand ergreifen, doch ehe Katrin seinen Gruß erwidern konnte, fasste Robert sie am Arm und drehte sie zu sich um. „Mir reicht es bald mit dem“, murmelte er erbost.
„Was soll denn das, Robert ?“, flüsterte Katrin.
„Also, das ist ja wohl…“ Karl fehlten kurzzeitig die Worte. „Du lässt jetzt mal ganz schnell das Fräulein wieder los“, fuhr er den ungehobelten Kerl an, den er von seinem letzten Zusammentreffen
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