Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz
Autoren: Ilkka Remes
Vom Netzwerk:
Patrik Hermans Professionalität zu schätzen, seine Fähigkeit, die Situation und die Absichten der Schicksalsgenossen zu erfassen.
    Langsam beugte sich Herman auf dem Sitz nach vorne. Die Schere zitterte in seinen gefühllosen Fingern. In Zeitlupe zog er die Hände an sich, blickte aus dem Augenwinkel zu Patrik und nickte.
    Zwei von ihnen waren nun frei, dachte Patrik erleichtert. Aber würden sie auch den anderen helfen können? Nur Taylor saß noch vor Herman. Über den Gang hinweg konnte man die Schere jedoch nicht weitergeben, ohne dass die Russen es merkten.
     
    »Wann können wir den Flughafen wieder für den Verkehr öffnen?«
    Timo zuckte bei der Frage des Flugleiters zusammen.
    »In den nächsten Stunden noch nicht«, sagte Metsälä und deutete auf die Startbahn. »Dort werden noch Spuren gesichert.«
    Der Polizeipräsident telefonierte mit dem Ministerpräsidenten und berichtete, es habe kein Blutvergießen gegeben und die Maschine werde bald den finnischen Luftraum verlassen.
    Bald wären das Flugzeug und die Geiseln nicht mehr das Problem Finnlands. Bis auf die zwei Finnen, die mit an Bord waren: Patrik Vasama und der Flugkapitän.
    Auf dem T V-Bildschirm , der an der Decke angebracht war, wurden Bilder von zerschossenen Fahrzeugen und einem rasenden, ramponierten Bus gezeigt. Gleichzeitig hörte man den Kommentar eines Reporters:
    »
Finnische und US-amerikanische Kräfte griffen die Entführer im Hafen von Helsinki an. Ein Teil der Verbrecher konnte mit den Geiseln im Bus entkommen. Einige Entführer wurden festgenommen, aber einer zweiten Gruppe gelang es, ihre Komplizen bei einem Überfall in der Nähe der U S-Botschaft zu befreien. Die Entführer haben Helsinki mit den Geiseln in einem Airbus-Passagierflugzeug in Richtung Osten verlassen. Gerade eben erreicht die Maschine den russischen Luftraum. Über das Flugziel ist nichts bekannt
…«
    Der Flugleiter, der am Radarschirm saß, drehte sich um und sagte laut: »Die Flugleitung in Tampere teilt gerade mit, dass vom Flughafen Ämar in Estland Kampfflugzeuge der NATO gestartet sind.«
    Timo sah seine Kollegen ernst an.
    »Hoffentlich wissen sie, was sie tun«, sagte er düster.

67
    Wieder kam der Russe durch den offenen Vorhang der Touristenklasse und warf einen Blick auf die Sitzreihen. Patrik bemerkte Bewegung in der Businessklasse. Ging dort etwas vor?
    Der Russe wandte sich ab. Patrik schaute auf Herman, der sich so gut wie nicht rühren konnte, ohne Verdacht zu erregen. Die Schere war noch immer bei ihm.
    Plötzlich verstummte das Motorengeräusch. Es war, als würde die Maschine in der Luft stillstehen.
    Patrik wusste, was das bedeutete. Sie verringerten die Flughöhe. Unten sah man nur Wolken, die jetzt näher rückten. Flogen sie Sankt Petersburg an?
    Er hatte über die Worte nachgedacht, die Sandrine ihm zugeflüstert hatte.
Svidetel
und
nestschastnyi slutschai
.
    Er beugte sich nach vorn und schob den Kopf vorsichtig zwischen die Sitze.
    »Herman«, flüsterte er.
    Herman nickte ganz leicht, drehte aber nicht den Kopf.
    »Sandrine hat etwas gehört, als sie vorne war.
Svidetel
und
nestschastnyi slutschai
. Was heißt das?«
    Herman schwieg eine Weile. Dann flüsterte er, ohne den Kopf zu bewegen: »
Svidetel
heißt Zeuge und
nestschastnyi slutschai
Unfall   … Sie haben vor, uns umzubringen, sie wollen keine Zeugen. Wir müssen handeln   … Sie werden einen Unfall inszenieren, bei dem wir alle sterben.«
     
    Taylor versuchte sich zu beruhigen. Eine Verringerung der Geschwindigkeit war ein gutes Zeichen. Sie würden irgendwo landen. Er versuchte Blickkontakt zu Sachar, dem Vizedirektor der Zentralbank der USA, und zu dem britischen E U-Kommissar Michael Raven herzustellen, doch beide starrten apathisch in Richtung Fenster.
    Im selben Moment wurden die Motoren wieder lauter.
    »Taylor«, hörte er hinter sich flüstern. Er wagte es nicht, sich umzudrehen, aber er verstand, dass es der amerikanische Entführer war, der ihn ansprach.
    »Schieb deine Hände zwischen den Sitzen hindurch.«
    »Warum?«, flüsterte Taylor.
    »Ich befreie dich von den Fesseln.«
    Taylor sah durch den offenen Vorhang zur Businessklasse.
    »Und wenn sie es merken?«
    »Wir müssen handeln.«
    »Wieso?«, flüsterte Taylor voller Angst. »Wir landen irgendwo, und man wird Lösegeld für uns verlangen   …«
    »Nein. Sie werden uns alle töten, sobald die Maschine gelandet ist. Wir müssen jetzt handeln.
Sofort

    Taylor schüttelte den Kopf. Er wollte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher