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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz
Autoren: Ilkka Remes
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Decke herab.
    Patrik kämpfte sich zum Kapitän vor, den Jochem bereits von den Fesseln zu befreien versuchte.
    »Schnell!«, schrie Sandrine verzweifelt.
    Aus dem Cockpit kam die Roboterstimme des akustischen Warnsignals: »
Stall, stall, stall
…«
    Auf dem Gesicht des Kapitäns glänzte der Schweiß, und in seinen Augen spiegelte sich das nackte Grauen, als Patrik mit der Schere auf ihn zu kam. Er schnitt den Kabelbinder durch und hielt den Kapitän fest. Der Mann durfte sich unter keinen Umständen verletzen.
    Im ohrenbetäubenden Lärm schob er den Kapitän den Gang hinunter zum Cockpit, wobei er darauf achtete, dass ihn keine Gegenstände trafen. Herman saß inzwischen auf dem Platz des Copiloten. Die näher kommende Erdoberfläche mit ihren Feldern und Wäldern füllte bereits das gesamte Cockpitfenster aus. Die Düsenmotoren gaben ein gewaltiges Getöse von sich, dazu erscholl weiterhin die Roboterstimme: »
Stall, stall, stall
…«
    Mit einer Hand hielt sich Patrik am Cockpittürrahmen fest, mit der anderen half er dem Kapitän über die zwei toten Russen hinweg auf den Pilotensitz. Ein Aufprall auf der Erde schien unausweichlich.
    Enormes Zittern setzte ein, fürchterlicher Druck erfüllte den Kopf und presste den Leib zusammen.
    Der Wald war unmittelbar vor ihnen, Patrik sah die Fichten und die Kiefern, aber sie kamen nicht mehr näher. Der Kapitän hielt konzentriert den Steuerknüppel, er vergaß alles um sich herum. Die Maschine stieg allmählich wieder. Zitternd sank Patrik zu Boden und versuchte sich zu beruhigen.
    Nach und nach gewann die Maschine weiter an Höhe. Patrik merkte, dass er auf die Pistole starrte, die vor ihm auf dem Boden lag.
    Langsam streckte er die Hand danach aus, aber da trat ein Fuß auf die Waffe. Patrik blickte auf und sah Herman ihn mit vorgehaltener Pistole bedrohen.

68
    »Wir kehren um«, sagte Herman zum Flugkapitän, während er die Pistole auf Patrik richtete.
    Der Kapitän setzte zu einer ruhigen Wende an. Herman rechnete damit, dass jeden Moment der Funk zum Leben erwachte und die Russen Kontakt aufnahmen. Ihnen musste unweigerlich klar geworden sein, dass sie die Kontrolle über das Flugzeug verloren hatten.
    »Andrus, komm her«, rief er in die Passagierkabine, wo die Geiseln wieder gefesselt auf ihren Plätzen saßen. Geir fesselte auch die Hände eines verwundeten Russen.
    Dann hörte man ein Knacken im Funk. »
Poljot 388.   Tschto slutschilos? Potschemu pvernuli nazad?«
    Andrus eilte hinter Dominik ins Cockpit. Wieder meldete sich die Stimme, noch fordernder als zuvor.
    »Flug 388, haben Sie Probleme?«, dolmetschte Andrus. »Warum kehren Sie um?«
    Der Kapitän sah Herman fragend an.
    »Nicht antworten. Wir fliegen einfach nach Finnland zurück«, sagte Herman.
    Die Stimme unterbrach erneut das Rauschen des Funkgeräts.
    »Sie wollen, dass wir auf dem Flughafen Pihkowa landen«, sagte Andrus. »Sie fordern uns auf, unverzüglich die Flugrichtung zu ändern, sonst schießen sie uns ab   …«
    »Drei Kampfflugzeuge nähern sich von drei Uhr her«, sagte der Kapitän mit Blick auf den Radarschirm.
    Dominik sah aus dem Fenster. »Sie kommen direkt auf uns zu.«
    »Wie lange dauert es, bis wir den finnischen Luftraum erreichen?«, fragte Herman den Flugkapitän.
    »Einige Minuten.«
    Dominik sah Herman an. »Du bist gerade ein großes Risiko eingegangen   … Ich glaube nicht, dass sich die Russen an uns vergreifen. Sie interessieren sich nur für die Ladung, was immer es auch ist. Wir liefern sie ihnen aus und ergeben uns   …«
    »Halt die Fresse!«, fuhr Herman ihn an. Er blickte auf die Männer, die an die Tür des Cockpits gekommen waren. »Wenn wir landen, wird man uns exekutieren oder bis zum Ende unseres Lebens nach Sibirien schicken. Aber wenn wir weiterfliegen, werden wir unser Ziel erreichen, solange jede einzelne Geisel am Leben bleibt.«
    »Die MiGs sind direkt neben uns«, sagte der Kapitän.
    Durch das Seitenfenster im Cockpit sah man das Profil eines silbergrauen Kampfflugzeugs, unter den Tragflächen waren Raketen angebracht. Der Jet kippte kurz hin und her, um mit den Flügeln die Aufforderung zur Landung anzuzeigen.
    »Wie weit noch bis Finnland?«, fragte Herman.
    »Zwei Minuten.«
    »Und wenn Wolf dafür sorgt   …«
    »Vergiss endlich deinen verfluchten Wolf«, schrie Herman in Richtung Dominik. »Kapier es endlich. Wir haben es mit den russischen Behörden zu tun.«
    »Dominik«, rief Patrik aus der Passagierkabine. »Noch kannst du
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