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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz
Autoren: Ilkka Remes
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MS Sigyn
befand sich streng geheimes amerikanisches Aufklärungsmaterial. Offenbar haben die Russen über Strohmänner die Entführer angeheuert, die allerdings nichts über die wahren Absichten der Russen wussten. Ziel war es, die Intrige der Amerikaner gegen sie selbst zu verwenden. Die Amerikaner wollten Russland anschwärzen, und Russland versuchte, die Konstellation umzudrehen. Gerade angesichts der Lage in Estland wäre das zum genau richtigen Zeitpunkt geschehen. Da die Russen das Material nicht auf demMeer unter Kontrolle bringen konnten, schlugen sie in Helsinki zu.«
    Weiterhin herrschte ungebrochene Stille im Saal. Timo fuhr ruhig fort: »Als das Flugzeug in Helsinki startete, befand es sich unter Kontrolle der russischen Eliteeinheit, aber offenbar wurden diese Männer vor der Landung in Russland überrumpelt, denn Moskau kann unter keinen Umständen gewollt haben, dass die Maschine nach Westen zurückkehrt. Die psychologische Kriegsführung beider Seiten war nahe daran, sich in einen bewaffneten Konflikt zu verwandeln, aber wegen der hoch angespannten Lage in Estland konnte man es nicht so weit kommen lassen. Im letzten Augenblick hat die Vernunft gesiegt. Jetzt fliegt die Maschine wahrscheinlich nach dem ursprünglichen Plan der Entführer irgendwohin.«
    »Welche Beweise gibt es für all das?«
    »Es gibt keine Beweise. Und alles, was ich gerade gesagt habe, muss innerhalb dieser vier Wände bleiben.«
    »Wäre es besser gewesen, die Maschine in Helsinki-Vantaa nicht starten zu lassen?«, fragte der Ministerpräsident.
    »Ich muss bei meinen Entscheidungen immer an die Menschenleben denken. Politiker in Ost und West hingegen können unter Umständen auch andere Ziele verfolgen.«
    »Welche Rolle spielt Vasama bei all dem? Wie es aussieht, ist es ihm immerhin gelungen, die Endlagerbaustelle Olkiluoto ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu rücken.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob Vasama Fisch oder Fleisch ist. Aber ich habe den Eindruck, dass er sich guten Gewissens auf ein Projekt einließ, dessen wahrer Charakter sich ihm erst zu spät offenbart hat.«

69
    Der Wind fegte den Sand über die karge Steppenlandschaft. Am Horizont zeichneten sich wilde Berge ab. Patrik schaute verwundert aus dem Fenster. Keiner der Entführer war bereit gewesen zu verraten, wo sie landeten. Der landende Airbus versuchte in den zerrenden Windböen die Richtung zu halten.
    Patrik blickte zu Sandrine hinüber, die auf der anderen Seite des Ganges saß. Sie sah blass und erschöpft aus. Die Russen befanden sich gefesselt im hinteren Teil der Passagierkabine.
    Herman saß mit der Waffe in der Hand ganz vorne auf einem Sitz, der für das Flugpersonal bestimmt war. Er wirkte müde und unruhiger als zuvor.
    Die Räder berührten den Boden, die Maschine erzitterte und knirschte auf der unebenen Landebahn. Durchs Fenster sah man nichts als Felsen und sandige Steppe. Aufgrund der Flugzeit, der Richtung und des Geländes vermutete Patrik, dass sie sich in Zentralasien befanden, irgendwo in Usbekistan oder Turkmenistan. Oder konnte es Iran sein?
    Schließlich blieb die Maschine stehen. Die Landebahn war beschädigt und mit Sand überzogen, Gebäude waren keine zu sehen. Am Rand des Flugfeldes stand das schwarze Gerippe einer Propellermaschine.
    Patrik sah wieder nach vorne zu Herman, der still die Waffe umklammerte und sich vollkommen auf seine eigenen Gedanken zu konzentrieren schien.
    »Ich mache die Tür auf«, sagte Dominik und erhob sich.
    »Nein!« Herman stand abrupt auf. »Ich werde sie aufmachen.«
    Er näherte sich der Tür, streckte die Hand nach dem Griff aus und schien zu zögern. »Haltet euch bereit!«
    »Traust du ihnen nicht?«, fragte Dominik.
    »Besser, wir sind auf der Hut. Wir haben einen Teil der Geiseln verloren.«
    Wieder sah Patrik aus dem Fenster. Wer wartete hier auf sie?
     
    »Sie sind gelandet.« Der Radaroperator sprach laut aus, was alle auf dem Schwarz-Weiß-Bild der Satellitenkamera auf dem großen Bildschirm des AWAC S-Aufklärungs flugzeugs sehen konnten.
    »Wie weit ist die Predator jetzt vom Landeplatz des Airbus entfernt?«, fragte der Oberstleutnant den Techniker. Er meinte eine ferngesteuerte Drohne.
    »Sechzehn Minuten, Sir.«
    »Gut. Kriegen wir eine Satellitenaufnahme aus der Nähe?«
    Der Techniker bediente die Tastatur.
    Auf dem Bildschirm wurde das von Bergen umgebene Flugfeld herangezoomt und die daraufstehende Passagiermaschine. Neben der Maschine war ein Lastwagen zu
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