Ein Schlag ins Herz
und Männer in dunklen Overalls und Helmen stürmten herein.
»Auf den Boden!«, brüllten sie ihn an.
Max hob die Hände und ging auf die Knie. Er begriff, dass Flora wahrscheinlich die gemietete Villa erwähnt hatte. Die Männer warfen ihn brutal auf den Bauch, bogen ihm die Hände nach hinten und fesselten sie mit Kabelbinder auf dem Rücken. Dann wurde eine schnelle Leibesvisitation vorgenommen.
Die Polizisten durchsuchten rasch die Räume, öffneten Kleiderschränke und zogen Schubläden auf. Max wurde hochgerissen und nach draußen geführt. Zwei Männer stießen ihn in einen phosphorfarbenen Volvo-Kombi, auf dessen Dach ein Blaulicht blinkte. Kaum war er auf der Rückbank gelandet, schoss das Auto auch schon los. Max stellte fest, dass auch vor und hinter ihnen ein Polizeiauto fuhr. Neben ihm saß ein ernster Mann mittleren Alters in Zivil.
»Wo werden die Geiseln hingebracht?«, fragte er ohne weitere Erklärungen.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, was da passiertist … Wir hatten lediglich eine Demonstration gegen die Globalisierung veranstaltet …«
»Wer ist ›wir‹? Die Namen!«
Max überlegte kurz. Er hatte keine Chance und auch keinen Grund zu schweigen, zumal Flora ebenso viel wusste wie er.
»Die Gruppe wird von Sandrine Denaux angeführt.«
»Wer ist noch dabei?«
»Ich kenne nur ihre Vornamen.«
Der Mann griff sofort zu seinem Telefon.
Konstantins schob Patrik in die Kabine, in der eine große Gruppe Geiseln saß. Neugierig und wachsam drehten sie sich zu ihm um. In der stickigen Luft hing der Geruch von Schweiß und teuren Rasierwassern. Die Gruppe wurde von Craig bewacht, dem Briten, der Brandwunden im Gesicht hatte und dem ein Ohrläppchen fehlte. Patrik hatte ihn zweimal in Hermans Gesellschaft gesehen. Jetzt spielte Craig mit seiner kurzläufigen Maschinenpistole, schaute aus dem Fenster aufs Meer hinaus und sprach mit gesenkter Stimme in das Mikrofon unter seinem Kinn.
»Setz dich da drüben hin!«, sagte Konstantins und stieß Patrik zu einer Couch. »Und hier bleiben alle schön ruhig!«
Mehrere Laufschritte hallten auf dem Gang wider, kurz darauf verließ Konstantins die Kabine und schlug die Tür zu. Die Männer um Patrik herum wechselten leise einige Sätze, ohne sich dabei anzusehen.
Patrik ließ den Blick schweifen und begegnete argwöhnischen und nervösen, aber auch gelassen selbstsicheren und trotzigen Augenpaaren. Viele Gesichter kannte er aus den Nachrichten und von den Wirtschaftsteilen der internationalen Presse. Die meisten Anwesenden waren Schreibtischtäter, die gar nicht fähig wären, physischenWiderstand zu leisten, aber es waren auch einige jüngere, ausgesprochen fit wirkende Männer dabei.
Einer von ihnen war David Pearson, der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, und Patrik fiel auf, dass dieser ihn besonders genau taxierte. Er wirkte äußerst wachsam und gut in Form.
Patrik schloss einen Moment die Augen. Sofort kamen Dominiks Worte zurück.
Durch deine Mutter
. Er konnte einfach nicht glauben, dass seine Mutter etwas mit seinem ersten Zusammentreffen mit Beate zu tun haben sollte.
Zum ersten Mal nach Beates Tod dachte er an ihre Begegnung in dem Dorf am Kongo-Fluss zurück. Regen peitschte den Dschungel und die trübe Wasseroberfläche, während das Flussschiff auf die Abfahrt wartete. Eine mehrtägige Reise bis nach Kinshasa stand bevor.
Plötzlich kam eine Frau zum Anleger gerannt. Sie ging an Bord, und Patrik begriff, dass sich nun genau zwei Europäer auf dem Schiff befanden. Die Frau erzählte, sie sei Wasserbiologin und gehöre zu einem internationalen Forscherteam, müsse aber früher als die anderen nach Europa zurückkehren.
Sie unterhielten sich so gut, dass sie gar nicht schlafen gehen mochten, also bewunderten sie den purpurn leuchtenden Sonnenuntergang und hörten den fantastischen Nachtgeräuschen des Urwalds zu. Sie hatten gleiche Interessen, lachten über dieselben Dinge. Beate war intelligent, mutig und hatte Humor, die Natur und deren Schönheit bedeuteten ihr viel. Sie sagte, sie sei von ihrem Charakter her eine ruhelose Sucherin. Patrik kam es vor, als würde er die Frau schon sein Leben lang kennen. Zusammen flogen sie von Kinshasa nach Frankfurt.
Und diese Begegnung war also keineswegs purer Zufall gewesen, sondern Teil eines Plans.
Beates Verhalten bereitete Patrik nahezu physischeSchmerzen. Sie hatte den schlimmstmöglichen Betrug begangen, den man sich denken konnte, sie hatte ihm einen Schlag ins
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