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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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gehört«, sagte er. »Dann nichts mehr. Das war alles.«
    Der Entführer sah Pearson lange in die Augen. Dann ließ er die Waffe sinken und den Arm des Deutschen los.
    »Ihr wisst, was passiert, wenn ihr etwas ausheckt.«
    Er ging zum Barometer, nahm es an sich und verließ den Raum.
     
    Pearson hatte sich genau eingeprägt, wer von den anderen Geiseln die Hand gehoben hatte. Ein Bewacher war in der Kabine geblieben und hielt seine Waffe auf den Knien.
    Pearson sah den misshandelten deutschen Chefredakteur an. Er wirkte weniger schockiert, als man es bei einem Menschen, der in eine so bedrohliche Situation geraten war, annehmen konnte. Und vor allem: Der Mann hatte den Mund aufgemacht. Genau solche nervenstarke Männer brauchte er für seinen Plan.
    McLelland sah zu ihm herüber und dann auf den übel zugerichteten Deutschen. Pearson hatte geahnt, dass es mit den Wissenschaftlertypen nur Ärger geben würde. Leute, die es in der Wirtschaft bis ganz nach oben geschafft hatten, konnten schweren Stress aushalten, und auf sie konnte man sich auch in dieser Situation am ehesten verlassen.
    McLelland war jedoch ein Risiko. Seine Nerven hielten Druck nicht stand. Ein solcher Mensch konnte unter Umständen äußerst unbedacht handeln.
    Er musste McLelland in den Fluchtplan einbinden.Und er wusste auch schon, wie McLelland ihm helfen würde.
     
    Im Hauptquartier der schwedischen Rikskriminalen stand Timo vor der Karte der Ostseeregion und hörte den Ausführungen des Kommissars der finnischen Zentralkripo aus Helsinki zu.
    »Ich weiß nicht, was an Patrik Vasamas ehemaligem Arbeitsplatz vorgefallen ist, aber es muss etwas Außergewöhnliches gewesen sein.«
    »Wieso?«, fragte Timo.
    »Der damalige Personalchef von Posiva, ebenjener Firma, bei der Vasama Endlagerforschung für Atommüll betrieben hatte, sagt, er könne sich an den Mann überhaupt nicht erinnern. Schade bloß, dass er ein so schlechter Lügner ist. Warum spielt er den Gedächtnisschwachen? Ich habe auch mit dem Entwicklungschef von Posiva gesprochen. Er ist mindestens ebenso bar jeder Erinnerung. Fakt ist jedoch, dass Vasama damals gefeuert wurde.«
    »Hat man seine Angehörigen erreicht?«
    »Seine Mutter lebt laut Einwohnermeldeamt in Deutschland. Über sie gibt es übrigens einen Eintrag in unseren Registern: Bußgeld in Forssa 1980.   Beim Protest gegen die Trockenlegung des Sees in Koijärvi hatte sie sich mit ein paar anderen Naturschützern an einen Bagger gekettet.«
    Je mehr Timo über diesen Vasama erfuhr, umso besorgter wurde er. Und seine Sorge wurde nicht dadurch gemindert, dass die
Sigyn
unaufhaltsam dem Finnischen Meerbusen entgegenfuhr. Das Zentrum der Ereignisse verlagerte sich von Schweden weg.
    »Ich fliege mit der Abendmaschine nach Helsinki«, sagte Timo.
    Schon als Vasamas Besuch auf der
Sigyn
ermittelt worden war, hatte man alle Informationen über ihn aus denRegistern gezogen und mit Befragungen begonnen, aber jetzt bestand Anlass, ernsthaft aufs Tempo zu drücken. In dem Funkverkehrfragment, das die Nachrichtenaufklärung von der
Sigyn
aufgeschnappt hatte, war von einem Patrik die Rede gewesen. Dabei musste es sich um ein und denselben Mann handeln. Wieso war ein hoch qualifizierter und begabter Mensch, der in der Kernindustrie bereits Karriere gemacht hatte, mit einer internationalen Verbrecherbande auf der
MS Sigyn
gelandet?

39
    Pearson beobachtete den Bewaffneten mit der düsteren Miene und den schwarzen Augen, der mit seiner Maschinenpistole zwischen den Geiseln umherging. Ein zweiter Mann stand nun an der Tür und kaute Kaugummi. Die Entführer versuchten durch stumme Bedrohlichkeit eine Atmosphäre der Angst aufzubauen, und das gelang ihnen sehr gut, wie Pearson fand. McLelland, der immer blasser geworden war, starrte ihn an, und er erwiderte den Blick mit einem angedeuteten Kopfnicken.
    Der Bewaffnete schien McLellands Gemütsverfassung zu ahnen und blieb vor ihm stehen.
    Die Stille verdichtete sich. Pearson sah den Schweiß auf McLellands Gesicht glänzen.
    »Wenn einer von euch auf einen dummen Gedanken kommt, werden alle darunter leiden«, sagte der Mann.
    McLelland hüstelte. »Sie haben vor, es zu tun«, sagte er nach einer Weile heiser.
    Pearson sah Simon Rozen an. Ihre Blicke begegneten sich, und Pearson nickte.
    »Wer hat vor, was zu tun?«, fragte der Entführer.
    »Sie   …« McLelland würgte verzweifelt an seinen Worten, wie ein Mensch, der wusste, dass er seine Kameraden und Landsleute verriet, um seine

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