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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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der Waffe in der Hand aufs Schiffsdeck und zum Rettungsboot hinüber. Der Mann, der auf der Treppe zur Kommandobrücke geraucht hatte, war in der Nacht verschwunden.
    Patrik zu sehen löste Gefühle aus, die Sandrine nach dem Ende ihrer Beziehung gewaltsam erstickt hatte.
    »Das mit Beate tut mir ehrlich leid«, flüsterte sie.
    Patrik drehte langsam den Kopf, sah sie ernst an und nickte leicht. Dann richtete er den Blick wieder aufs Deck.
    »Wie haben sie herausgefunden, dass du eine Vergangenheit bei einer Atommüllendlagerfirma hast?«, fragte Sandrine.
    Wieder wandte Patrik ihr den Blick zu, noch ernster als zuvor.
    »Vielleicht auf die gleiche Weise wie du?«
    Sandrine spürte einen Stich in der Brust. Es war kindisch und niederträchtig, Patrik zu bedrängen.
    »Ich weiß nur, dass du gefeuert worden bist. Warum?«
    Patriks Augen schienen im Dunkeln zu glühen. »Es gibt Dinge, die dürfen ein Geheimnis bleiben. Dann kann mich auch niemand erpressen.«
    Er wandte sich erneut dem Rettungsboot zu, das sich im Dunkeln abzeichnete, und Sandrine stellte keine Fragen mehr.
    Sie warteten weiter, es war das Einzige, was sie tunkonnten. Sandrine hatte diese Kunst schon als kleines Mädchen in Afrika lernen müssen. Damals hatte sie mit ihren Eltern Besitztümer der Familie in Kinshasa besucht. Freilich hatten sie hartnäckig weiterhin von Léopoldville gesprochen, und die Verwandten hatten nicht aufgehört, sich über die Selbstständigkeit des Landes zu ärgern. Belgien hatte Straßen, Krankenhäuser, Fabriken, Schulen, Wasserleitungen gebaut – alles, und dann war es bergabgegangen. So hatten ihre Eltern sich ausgedrückt, und Sandrine hatte widersprochen, bis sie verstand, dass an den Behauptungen doch etwas dran war.
     
    Pearson legte die Hand auf die Klinke und öffnete vorsichtig die Tür zum hell erleuchteten Gang. Wie geplant stellte sich Rozen mit der Maschinenpistole auf die andere Seite und hielt die Waffe schussbereit. Sie hatten die Entführer als Geiseln mitnehmen wollen, den Gedanken dann aber als zu riskant verworfen. Das Wichtigste war jetzt Schnelligkeit.
    Pearson rannte zwanzig Meter bis zu einer verschlossenen Metalltür. Was befand sich dahinter? Hatte der Entführer, den er vernommen hatte, die Wahrheit gesagt?
    Pearson blickte hinter sich. Die Männer, die trotz ihrer teuren Anzüge heruntergekommen aussahen, kamen instinktiv in geduckter Haltung zu ihm gelaufen. Man konnte ihren Gesichtern ansehen, dass ihnen die Lebensgefahr nur allzu bewusst war.
    Ungläubig realisierte Pearson das Absurde der Situation. Wie hatte er sich je vorstellen können, mit so einer Truppe von einem Schiff zu fliehen?
    Ein Mann nach dem anderen kam aus der Kabine, aber dann blieb ein großer Weißhaariger an der Tür stehen.
    Es war Dan Cohen. Neben ihm verharrten ein paar weitere Männer in der Kabine.
    Pearson begriff, dass Cohen seinen Trumpf gezogen hatte. Er hatte offenbar eine eigene Kalkulation angestellt und war zu dem Schluss gekommen, dass die Fliehenden getötet oder mindestens erwischt würden. Die anderen könnten der Strafe entgehen, indem sie sagten, an dem Fluchtversuch nicht beteiligt gewesen zu sein.
    Cohens Illoyalität wurmte Pearson, und er spürte, wie sein Selbstvertrauen unangenehm erschüttert wurde, obwohl er sich jetzt auf keinen Fall der Angst und der Unsicherheit ergeben durfte. Es gab kein Zurück – erst recht nicht für ihn, den Initiator des Fluchtversuchs.
    Pearson sah, wie Michael Raven, der als Letzter aus der Kabine trat, verdutzt auf Cohen und die anderen zurückbleibenden Männer schaute. Dann schloss er die Tür und eilte mit Rozen den Flüchtenden nach.
    Pearson nickte einem der Männer zu, dieser öffnete die Metalltür, und Pearson stürmte mit der Maschinenpistole im Anschlag in den dahinterliegenden Gang.
    An dessen Ende befand sich eine Tür mit Fenster, durch das man das Meer im blaugrauen Dunkel ahnen konnte.
    Der Anblick verfehlte seine Wirkung nicht. Sofort befiel Pearson ein unbeschreiblicher Freiheitsdrang, der allerdings angesichts der zahlreichen Türen im Gang sofort erstickt wurde. Jeden Moment konnten bewaffnete Entführer aus den dahinterliegenden Räumen kommen.
    Am liebsten wäre Pearson so schnell wie möglich zu der nach draußen führenden Tür mit der Glasscheibe gerannt und weiter zum Rettungsboot, aber er musste überlegt vorgehen.
    Raven schloss die Tür hinter ihnen.
    »Kannst du sie absperren?«, flüsterte Pearson, ohne sich umzublicken.
    »Ja«,

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