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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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dass sie die restlichen Geiseln in der Kabine an die Eingreiftruppe verloren hatten, der Versuch, sie auf die Kommandobrücke zu holen, hätte die sichere Katastrophe bedeutet. Der Verlust der Geiseln war bereits der Anfang der Katastrophe, aber Herman durfte der Verzweiflung jetzt keinen Moment nachgeben, er brauchte seine volle Konzentration.
    Er nahm das Mikrofon für das Lautsprechersystem in die Hand, holte tief Luft und sagte ruhig: »Achtung, hier spricht der neue Befehlshaber des Schiffs   …«
    Die Stimme hallte aus allen Lautsprechern der
Sigyn
wider und verstärkte die gespenstische Atmosphäre nochmehr. Die zweite Tür zur Kommandobrücke ging auf, und Jochem kam herein, Sandrine mit der Waffe vor sich hertreibend.
    Herman nickte ihm zu und sprach weiter ins Mikrofon: »Wenn ihr nicht unverzüglich das Schiff verlasst, werden wir anfangen, die Geiseln zu töten und die Nachrichtenagentur Reuters über eure Entscheidung informieren   …«
     
    »
Ihr habt zehn Minuten Zeit, das Schiff zu verlassen
«, tönte es aus den Lautsprechern im Frachtraum. Tim Rockwell blieb stehen und hörte genau hin. Er erkannte die Stimme des Mannes auch nach all den Jahren wieder – dieselbe Stimme hatte damals in dem Lager weit oben im afghanischen Hochland aus dem Megafon geschallt.
    »
Danach töten wir die erste Geisel, und die nächste fünf Minuten später, bis ihr von Bord gegangen seid, um euch von euren eigenen Fahrzeugen aus dem Meer fischen zu lassen. Ein Teil unserer Leute ist noch auf dem Weg zur Kommandobrücke, wenn ihr versucht, sie aufzuhalten oder ihnen Schaden zuzufügen, beginnen wir unverzüglich mit dem Töten der Geiseln. Ende.«
    Rockwell blickte dem Mann im schwarzen Sturmanzug entgegen, der auf ihn zukam.
    »Sir, wir haben den Frachtraum durchsucht. Hier ist sie nicht.«
    Rockwell hätte gern widersprochen, aber er kannte seine Männer; wenn sie sagten, die Kapsel sei nicht im Frachtraum, dann war sie nicht dort.
    Hatte der schwedische Militärgeheimdienst den Transport doch auf die nächste Fahrt verschoben, ohne von der Änderung Mitteilung zu machen? Die Schweden neigten zum Selbstbetrug, sie wollten nicht, dass die sensible Zusammenarbeit allzu sehr nach den Bedingungen derAmerikaner vonstatten ging, sondern versuchten oft, wenigstens scheinbar die Entscheidungsgewalt zu behalten.
    »Sucht in allen Räumen weiter, wo sie mit ihrem Gewicht und ihrer Größe hätte hingeschafft werden können!«
    Rockwell drehte sich um und machte sich auf den Weg zum Duschraum, wo einer seiner Männer in den Belüftungsschacht gekrochen war, falls sich dort einer versteckte, der unter Umständen die Eliminierung Börjessons gesehen hatte.
    Rockwell lauschte eine Weile, aber im Schacht rauschte es nur leise. Offenbar hatte die Verfolgung schon weit in den Schacht hineingeführt, vielleicht sogar auch wieder hinaus. Innerlich fluchend ging er weiter zur Treppe. Oben auf dem Gang sah er seine Leute eine Gruppe von Geiseln begleiten. Einige der Männer waren hemdsärmelig, andere trugen Sakkos.
    »Schön, Sie alle in guter Verfassung zu sehen«, sagte Rockwell zu den Geiseln und fügte schnell hinzu: »Ist Ihrer Meinung nach etwas aus dem Frachtraum entfernt worden? Ist Ihnen irgendetwas in der Richtung aufgefallen?«
    »Ist Atommüll abhandengekommen?«, fragte einer der Gefangenen. »Wir haben gehört, dass dieses Schiff   …«
    »Es fehlt nichts. Ich frage nur sicherheitshalber. Ist etwas aus dem Frachtraum geschafft worden? Haben Sie die Geräusche eines Krans gehört oder die Motoren anderer Schiffe in unmittelbarer Nähe?«
    Die Männer sahen einander an, keiner schien etwas bemerkt zu haben.
    Rockwell eilte im Laufschritt weiter, blieb an der Tür zum Außendeck stehen und sah vorsichtig zur Kommandobrücke hinauf, hinter deren Fenster man Licht und Menschen erkennen konnte. Ein Angriff auf die Brückewar unmöglich, wenn man nicht das Leben der Geiseln aufs Spiel setzen wollte. Diese unangenehme Tatsache würde er dem Hauptquartier mitteilen müssen.
    Rockwell richtete den Blick auf die Treppe, die zur Kommandobrücke führte. Er hatte sich den Grundriss des Schiffes eingeprägt und wusste, dass der einzige Weg auf die Brücke über die Außentreppen führte. Und auf diesem Weg war die schwere Kapsel nicht transportiert worden, so viel stand fest. Aber wenn sie nicht auf der Kommandobrücke war, wo dann, zum Teufel?
    Er sah auf die Uhr, die er nach der Lautsprecherdurchsage auf Stoppfunktion gestellt

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