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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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mit aller Kraft weiter. Mit der Zeit stieg der Schacht nach oben an. Patrik hörte Geräusche hinter sich, sie kamen näher. Er musste die Hände immer fester gegen die Schachtwände drücken, weil es ständig weiter nach oben ging. Seine Arme und Beine zitterten mittlerweile unkontrolliert, aber er musste vorankommen und durfte nicht nach unten rutschen, direkt in die Arme des Verfolgers.
    Zu seiner Erleichterung spürte er endlich eine Metallkante, an der er sich sicher nach oben ziehen konnte. In dem Moment, in dem er einen leichten Lufthauch auf dem Gesicht wahrnahm, tat sich vor ihm ein neuer, waagrechter Gang auf, an dessen Ende schwaches Licht zu erkennen war.
    Er kroch weiter und erreichte schließlich ein Gitter, unter dem ein beleuchteter Raum lag. Er schob die Finger durch die Stäbe und sah, dass seine Hand mit Blut beschmiert war. Seine Fingernägel, oder genauer gesagt ihre rissigen Überreste, waren staubschwarz.
    Patrik riss das Gitter zur Seite und ließ sich hinab, aber noch bevor er sich auch nur umdrehen konnte, hörte er hinter sich eine Stimme: »Keine Bewegung, oder ich erschieße dich auf der Stelle.«
    Im Augenwinkel sah er den Lauf einer Maschinenpistole.
    »Du hast uns betrogen, du Arschloch. Beide habt ihruns betrogen, du und die Belgierin. Eigentlich müsste ich dich auf der Stelle umbringen, Patrik«, sagte der dunkeläugige Konstantins mit vor Wut erstickter Stimme, wobei er die Maschinenpistole fest auf Patrik gerichtet hielt.
    »Hör mir zu«, sagte Patrik so ruhig wie möglich. »Wir müssen schnell von hier verschwinden.«
    »Wir? Warum sollte ich dich mitnehmen?«, fragte Konstantins ohne eine Regung. Patrik sah, wie sich der Zeigefinger des Mannes am Abzug krümmte.
    »Ich habe wichtige Informationen über die Amerikaner. Sie sind nicht in erster Linie hier, um die Geiseln zu befreien. Sie suchen die Kapsel und bringen alle zum Schweigen, die etwas darüber wissen.«
    »Und das soll ich dir glauben?«
    »Der Mann im Rettungsboot war ein Mitarbeiter des schwedischen Militärgeheimdienstes. Die Amerikaner haben ihn erschossen. Oder genauer gesagt hingerichtet.«
    Konstantins sah Patrik ungläubig an.
     
    Im Lageraum der Zentralkripo, wo mit zunehmender Besorgnis das Vorrücken der
MS Sigyn
in den Finnischen Meerbusen verfolgt wurde, aß Timo die Reste einer fettigen Pizza direkt aus dem Karton.
    Das finnische Operationsgremium war erweitert worden, es gehörten jetzt Vertreter der Polizei, der Sicherheitspolizei, der Küstenwache und – äußerst außergewöhnlich – auch der Nachrichtenabteilung des Oberkommandos der Streitkräfte dazu, welche sich um den Kontakt zur Signalaufklärung kümmerte.
    Timo trank seinen Colabecher leer und warf den Pizzakarton in den Müll. Er hatte nie verstanden, wie es Åsa gelang, Jahr um Jahr wie der Inbegriff der gesunden Schlankheit auszusehen, obwohl sie sich mindestens ebenso ungesund ernährte wie er. Sie erriet seine Gedankenund grinste ihn spöttisch an, während sie in ein Stück Pizza biss, von dem der Käse troff.
    Timo trat vor die große Karte an der Wand, auf der die Position der
Sigyn
ständig aktualisiert wurde. Er war immer mehr davon überzeugt, dass das Schiff auf Tallinn zufuhr. In Andrus Reedlas Vergangenheit gab es Konflikte mit den Estlandrussen. Außerdem deutete die aktive Zusammenarbeit zwischen Amerikanern und Schweden in dieselbe Richtung.
    Dies, kombiniert mit der immer explosiveren Lage in Estland, sorgte dafür, dass Timo flau im Magen wurde. Irgendetwas würde passieren, etwas Überraschendes, dieses Gefühl überkam ihn immer stärker.
    »Timo, würdest du mal herkommen«, wurde er von Polizeikommandant Rämö aus seinen Gedanken gerissen.
    Er nahm den Blick von der Karte und ging zu Rämo und dem Vertreter des Oberkommandos hinüber.
    »Die
Sigyn
hat gerade einen äußerst regen Funkverkehr auf verschiedenen Frequenzen.«
    »Welchen Inhalts?«
    »Ist kodiert, wir können ihn nicht knacken. Wahrscheinlich sind das die Amerikaner.«
    Timo gefiel das gar nicht. Die Angelegenheit barg auch so schon genug dubiose Risiken.
    »Eine zweite akute Beobachtung auf dem Finnischen Meerbusen«, sagte der Offizier. »Ein russisches U-Boot ist vor einer Viertelstunde an die Oberfläche aufgestiegen, knapp außerhalb unserer Hoheitsgewässer. Es fährt immer noch an der Oberfläche, wenige Hundert Meter von mehreren Privatbooten entfernt.«
    Timo hörte schweigend zu. Was wollte der Kreml damit zum Ausdruck bringen?
     
    Tim

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