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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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die Amerikaner Michaels und Kaminsky aufhielten. Gerade war auf dem Monitor eines Laptops das Bild der drahtlosen Kamera, die zwischen den Radarantennen installiert worden war, zu sehen. Es wurde gespeichert und dann wer weiß wohin weitervermittelt. Genau das störte Timo: Die Amerikaner handelten nach ihren eigenen Regeln. Das war an sich verständlich, weil die meisten Geiseln Amerikaner waren. Aber es war kein bisschen beruhigend.
    »Die Ladung ist fixiert«, teilte eine Stimme auf Finnisch über Funk mit.
    Kommodore Malmsten warf einen Blick auf die Beamtin der Strahlenschutzbehörde, die mit Aktentasche und Messgerät an Deck ging, um den Behälter zu untersuchen. Timo und Malmsten folgten ihr. Falls alles in Ordnung war, würden sie Russarö ansteuern. Von dort würden Timo und die Amerikaner mit dem Hubschrauber nach Helsinki zurückfliegen, wo sie rechtzeitig vor dem Einlaufen der
Sigyn
ankämen.
    Malmsten richtete das Fernglas weit aufs Meer hinaus, vorbei an den beiden Raketenbooten der Rauma-Klasse. Timo blickte mit seinem Fernglas in dieselbe Richtung und zuckte zusammen: Am Horizont sah man die Silhouette eines Kriegsschiffs.
    »Die Russen dürften von der Aktivisten-Aktion gegen die Gaspipeline letztlich am meisten profitieren, weil sie dadurch einen guten Grund haben, ihre Patrouillen zu verstärken«, sagte Timo.
    Malmsten setzte mit finsterer Miene das Fernglas ab. Die psychologische Kriegsführung zwischen der NATO und Russland, die von der Situation in Estland ausgelöst worden war, spitzte sich immer mehr zu. Russland hatte in besorgniserregend starker Manier seine Autorität ins Spiel gebracht. Und auch Finnland bekam seinen Teil der zunehmenden Anspannung ab. Erste Verletzungen des Luftraums dürften nicht mehr lange auf sich warten lassen.
    Brad Michaels kam an Deck und trat zu Timo.
    »Die Frage lautet, wer die besseren Nerven hat«, sagte Michaels. »Sie wissen bestimmt, was die ›Operation Impressum‹ ist.«
    Natürlich wusste Timo das. Impressum war ein Propagandaprogramm, das Moskau aufgestellt hatte in der Absicht, Estland und die anderen »Transitländer« des Baltikums unter dem Einflussbereich Russlands zu halten.Das war Abschreckung über die Medien, und zugleich nahm man Einfluss auf die Stimmungslage, wobei man sich die Überzeugungen und die emotionale Situation des jeweiligen Ziellandes zunutze machte.
    »Die Flottenbewegungen und Drohgebärden sind die zweite Phase von Impressum. Psychologische Kriegsführung. Aber man darf trotzdem nicht die Nerven verlieren.«
    »Es ist allerdings auch gut zu wissen, wann man nachgeben soll«, sagte Timo.
    Auf diesen Kommentar reagierte Michaels in keiner Weise. Die Beamtin des Strahlenschutzzentrums fuhr mit dem Geigerzähler über die Oberfläche des Behälters. Plötzlich hob sie die Hand und winkte Timo energisch zu sich.
    Timo ging hin und sah auf die Stelle, die ihm die Frau zeigte. Dort war ein Loch im Metall, mit einem Durchmesser von etwa einem halben Zentimeter.
    »Laut Geigerzähler tritt keine Strahlung aus«, sagte die Frau und schob langsam einen Kugelschreiber in das Loch. Er verschwand Zentimeter um Zentimeter, fast in seiner ganzen Länge, dann traf die Spitze auf ein Hindernis, und die Frau zog den Stift heraus.
    »Ungefähr neun Zentimeter«, sagte sie. »In dem Bereich beginnt die Innenkonstruktion aus Spezialstahl, und da ist der Bohrer wahrscheinlich stecken geblieben. Von dem Loch in der Oberfläche geht keine Gefahr aus.«
    Timo kehrte zu Michaels zurück und berichtete ihm von dem Bohrversuch.
    »Gut, dass es beim Versuch geblieben ist«, sagte der. »Der Behälter ist in Sicherheit. Ich nehme an, dass unsere Gruppe nun unverzüglich die Erlaubnis erhält, nach Helsinki zu kommen.«
    »Das ist eine Entscheidung, auf die ich keinen Einfluss habe«, sagte Timo.
    Michaels schien seinen Ärger zu schlucken. »Timo, Sie wissen, dass ihr einfach nicht über die Kompetenz, die Erfahrung und die Ressourcen verfügt, um diese Situation in den Griff zu bekommen. Es geht hier um amerikanische Geiseln. Wir können ihr Leben nicht in die Hände anderer legen, sondern müssen selbst handeln.«
    »Bereitmachen zum Ablegen«, befahl Malmsten laut.
    Timo musterte Michaels nachdenklich, der auf seinem Mobilfunktelefon eine Nachricht nach irgendwohin schrieb.

48
    Patrik, der am Rand der Geiselgruppe stand, beobachtete, was die Männer auf dem Deck des Minensuchboots rund um den Behälter taten.
    »Was zögern die noch?«, brummte

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