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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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erfordert«, fuhr Timo fort. »Ich trage die Verantwortungfür viele Menschenleben und will wissen, was sich genau auf dem Schiff befindet.«
    Timo sah Michaels im fahlen Schein der Neonröhre in die Augen. Die Sekunden verstrichen.
    »Wir hatten vor, das Thema etwas später zu erhellen«, sagte der Amerikaner schließlich.
    Von wegen, hätte Timo am liebsten entgegengeworfen.
    »Diese Information gehört in die höchste Geheimhaltungsstufe. Ohne unser Einverständnis darf darüber mit niemandem gesprochen werden.« Michaels gab sich sehr selbstsicher und ruhig, aber die betont aufrechte Haltung verriet seine Anspannung. »Ist das klar?«
    Timo nickte.
    »Die
Sigyn
hat amerikanisches nachrichtendienstliches Material an Bord.«
    »Genauer.«
    »Ich kann das nicht präzisieren. Wir verfolgen zwei Ziele: Jede Geisel in Sicherheit zu bringen und dafür zu sorgen, dass unser Material bis zum Schluss geheim und unter unserer Kontrolle bleibt.«
    »Hat dieses Material mit Radioaktivität oder einem anderen gefährlichen Element zu tun?«
    »Nein.«
    »Warum haben Sie es nicht bei Ihrer geheimen, für die Sicherheit der Geiseln äußerst gefährlichen Intervention unter Kontrolle gebracht?«
    Timo wusste, dass er provozierte, aber der Amerikaner sollte verstehen, dass mit Finnen nicht so leicht zu spaßen war wie mit Schweden.
    »Wir haben das Material nicht gefunden. Erst im Nachhinein haben wir von den Schweden etwas über einige technische Besonderheiten des Schiffes erfahren.«
    »Da das Schiff finnische Hoheitsgewässer erreicht hat, steht die Operation unter unserer Führung. Ich werdekeinerlei Eigeninitiative dulden. Sagen Sie mir also vorab, was Sie planen. Und während der Umladung des Atommüllbehälters bleiben Sie ausschließlich in der Rolle des Beobachters. Auf dem Meer wird lediglich der Behälter entgegengenommen. Ist das klar?«
    »Ja.«
    Timo war bewusst, dass alles andere als Klarheit herrschte.

DRITTER TEIL
    47
    Der Uhrzeit nach musste die Sonne bereits aufgegangen sein, aber eine Wolkenschicht bedeckte den östlichen Horizont. Der leichte Regen hatte aufgehört.
    Patrik stand mit den anderen Geiseln in einer Ecke der Kommandobrücke, wo die Nachtbeleuchtung brannte, und sah zu, wie Dominik und Herman mit Ferngläsern einige näher kommende Schiffe beobachteten. Zwei Raketenboote der finnischen Marine pflügten durch die Wellen und hielten schnurgeraden Kurs auf die
Sigyn
. Ihnen folgte ein Minensuchboot, das sich auch für den Transport von Deckfrachten eignete. Weiter in der Ferne, am dunstigen Horizont hinter den Schiffen, zeichnete sich Helsinki ab.
    Die Geiseln wirkten apathisch. Die Hoffnungslosigkeit drückte auf die Stimmung, denn eine zweite Chance zur Flucht würde sich kaum bieten. Unter den dreizehn Gefangenen befanden sich noch immer mehrere bedeutende Persönlichkeiten, vielleicht die wertvollsten von allen: Pearson, Sachar, Pollard, Rozen, Cohen   …
    »Radar?«, fragte Herman, ohne das Fernglas abzusetzen.
    »Nichts Neues«, antwortete Bronislaw. »Nur die drei Schiffe.«
    »Geir, geh mit Jochem in Stellung. Falls jemand versucht, an Bord zu kommen, eröffnet ihr ohne Vorwarnung das Feuer.«
    Geir machte sich auf den Weg, aber Jochem rührte sich nicht. »Ist das nicht ein zu großes Risiko?«
    Herman wandte sich langsam zu ihm um. »Wenn du einen besseren Vorschlag hast, dann sag ihn mir!«, forderte er, den Blick fest auf Jochem gerichtet.
    Patrik fiel auf, dass der Holländer Hermans Blick nicht auswich und sich auch nicht darum kümmerte, dass zumindest einige der Geiseln den Wortwechsel hören konnten.
    »Das hier ist von Anfang an ein mieses Projekt gewesen«, sagte Jochem gereizt. »Dein mieses Projekt. Alles klang viel zu gut, um wahr zu sein. Und jetzt kämpfen wir darum, wenigstens lebendig von diesem Scheißschiff runterzukommen.«
    »Wir müssen vor ein Publikum kommen«, sagte Herman ruhig. »Ohne Zeugen wird man uns vernichten. Aber sie werden uns nicht unter Menschen lassen, solange wir Atommüll dabeihaben. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
    Nachdem er Herman eine Weile angestarrt hatte, nahm Jochem seine Maschinenpistole und verließ zornig die Brücke.
    »Versagen deinen Leuten allmählich die Nerven?«, fragte Dominik. »Ich dachte, das sind Soldaten der Spitzenklasse.«
    Herman wandte sich ab und schaute aufs Meer hinaus, das nur träge Wellen schlug. Die Luft war feucht und schwül.
    »Haltet die Raketenboote mindestens auf dieser Entfernung. Lasst sie kein

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