Ein Schlüssel für den Mörder
»Carter hat mir erzählt, was geschehen ist, und ich kann
mir seine Gefühle vorstellen .« Er lächelte mitfühlend.
»Ich würde sofort an sämtlichen Wänden hochgehen, wenn mir jemand drohen würde,
mich bis Monatsende umzubringen .«
»Arbeiten Sie schon lange mit
ihm zusammen ?«
»Seit fünf Jahren«, sagte er.
»Ich nehme an, Sie kennen
Stanton so gut wie kaum sonst jemand, vielleicht sogar besser ?«
»Da bin ich nicht so sicher«,
sagte Douglas nachdenklich. »Außerhalb des Büros sehe ich nicht viel von Carter .«
»Kennen Sie einen Menschen, der
den Wunsch hegen könnte, ihn umzubringen ?«
»Vielleicht an die tausend —
das jedenfalls wäre die passende Antwort, und sie hätte für jeden Gültigkeit,
der auf so schnelle Art zu Erfolg gekommen ist wie er«, antwortete er bedächtig.
»Aber wenn ich die Frage so ernst nehme, wie sie von Ihnen gemeint ist, so
kenne ich niemanden, der ihn so sehr hassen würde, um ernsthaft einen Mord in
Betracht zu ziehen !«
»Wie steht es mit Ihnen selber ?«
Die grauen Augen hinter den
viereckigen Brillengläsern wurden plötzlich kalt und abweisend. »Das halte ich
für keine besonders amüsante Bemerkung, Mr. Holman. «
»Nehmen Sie sie nicht
persönlich«, sagte ich gelassen. »Betrachten Sie die Sache einmal vom
Standpunkt eines Dritten aus. Was hätten Sie durch Stantons Tod zu gewinnen ?«
Seine Lippen verzogen sich zu
einem bedächtigen Lächeln. »Das ist wirklich eine einzigartige Methode! >Was
habe ich dadurch, daß ich Mr. X umbringe, zu gewinnen ?< Das wird doch hoffentlich keine allgemeine Tendenz, Mr. Holman? Sie würden
dadurch höchstwahrscheinlich für rund zweitausend Morde pro Woche in den
Staaten verantwortlich gemacht werden können .« Er
überlegte ein paar Sekunden lang. »Nun, wenn Carter aus dem Weg geräumt wäre,
könnte ich vielleicht fünfundzwanzig Prozent der Anteile von dem erwerben, der
das Magazin erbt — aber ich bin mir nicht sicher, ob sich das Risiko lohnen
würde .«
»Und wie steht es mit Ihren
persönlichen Beziehungen ?« bohrte ich weiter. »Ich
könnte mir vorstellen, daß es nicht gerade das Einfachste auf der Welt ist, mit
Stanton auszukommen — und das müssen Sie die ganze Zeit über .«
»Wir haben unsere schlechten
Augenblicke .« Douglas zuckte elegant mit den
Schultern. »Aber Chefredakteure haben immer ihre schlechten Augenblicke, was
Herausgeber betrifft — das liegt in der Natur der Sache .« Er lächelte wieder. »Tut mir leid, daß ich Ihnen keine vernichtenderen Argumente gegen Leon Douglas liefern kann, Mr. Holman .«
»Erinnern Sie sich an Shirley
Sebastian ?« fragte ich gelassen.
»O ja«, antwortete er prompt.
»Das Mädchen, das Carter aus dem Club warf, weil sie rauschgiftsüchtig war. Ihr
Selbstmord hat uns einige unangenehme Situationen bereitet - die Öffentlichkeit
hätte scheußlich reagieren können, aber glücklicherweise tat sie das nicht .«
»Haben Sie sie je kennengelernt ?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich
bin seit der Eröffnung nie im Club gewesen, Mr. Holman. Um dieses Unternehmen
kümmert sich Carter. Mein Baby ist in erster Linie das Magazin .«
»Sind Sie verheiratet, Mr.
Douglas ?« fragte ich milde.
Eine Sekunde lang lag auf
seinem Gesicht ein Ausdruck echter Belustigung. »Nein — um damit zu Ihrem
Mißtrauen beizutragen, Mr. Holman! Aber ich habe vor zu heiraten — bald sogar .«
»Gratuliere«, sagte ich
höflich.
»Danke«, antwortete er trocken.
»Aber das ist noch ein bißchen voreilig. Es gibt vorher noch ein paar Probleme
zu lösen .«
Ich stand auf, und er
betrachtete mich ein paar Sekunden lang, einen leicht zögernden Ausdruck auf
dem Gesicht. »Mr. Holman — ich sage das im Vertrauen, verstehen Sie? — Seit Carter
diesen Club eröffnet hat, scheint er, was Frauen anbetrifft, völlig aus den
Pantinen gekippt zu sein. Ich würde vorschlagen, sich einmal einen genaueren
Überblick über die Houris zu verschaffen, denen er
sein derzeitiges Interesse widmet — .« Er grinste
krampfhaft bei dem Wort » Houri «. »Es würde mich nicht
überraschen, wenn Sie in Verbindung mit einem der Mädchen einen eifersüchtigen
Freund oder einen entrüsteten Bruder ausfindig machen würden .«
»Danke, Mr. Douglas .« Ich seufzte leise. »Vielen herzlichen Dank!«
Melissa Stantons Appartement
lag hoch oben in einem Haus einer feudalen Wohngegend, von dort aus hatte man
einen Überblick über die gesamte Stadt, Sie ließ die Kette an der Tür
vorgelegt, und mein
Weitere Kostenlose Bücher