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Ein Schlüssel für den Mörder

Ein Schlüssel für den Mörder

Titel: Ein Schlüssel für den Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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erster Blick auf sie beschränkte sich auf ein kaltes blaues
Auge, das mißtrauisch durch den fünf Zentimeter breiten Spalt zu mir
hinausspähte. Ich stellte mich vor und erklärte ihr, daß ich sie aus dringenden
und vertraulichen Gründen, die ihren Ehemann beträfen, sprechen wollte.
Daraufhin forderte sie mich mit einem bemerkenswerten Mangel an Enthusiasmus
auf, einzutreten.
    Im Wohnzimmer konnte ich sie
erstmals richtig betrachten, und ich überlegte, daß Carter Stanton bei
monogamer Veranlagung mit dieser Frau sehr wohl hätte zufrieden sein können.
Sie war ein großer, üppiger Rotschopf mit berechnenden, kobaltblauen Augen, und
ihr beherrscht sinnlich wirkender Mund verriet unterdrücktes Temperament. Ihre
Seidenbluse von der Farbe reifer Orangen und die dazu passenden anliegenden
Hosen betonten die Konturen ihres strammen Busens und ihrer Hüften. Alles in
allem, überlegte ich, schien Melissa Stanton eine sehr beherrschte Frau zu
sein, aber es konnte Augenblicke geben, wo sie ihre Selbstbeherrschung verlor,
und da wäre ich gern dabeigewesen .
    Sie zündete sich eine Zigarette
an und betrachtete mich mit einer Spur von Ungeduld. »Ich wäre froh, wenn Sie
sich kurz fassen würden, Mr. Holman«, sagte sie energisch. »Mein Ex-Gatte ist
niemand, über den ich allzu gern nachdenke, von einer Unterhaltung über dieses
Thema ganz zu schweigen .«
    »Verständlich«, stimmte ich zu.
»Kurz gesagt, jemand droht, ihn umzubringen, und er hält es für möglich, daß
Sie das sind .«
    Ihre Augen wurden groß. »Ist
das Ihr Ernst ?«
    »Er hält das Ganze jedenfalls
für ernst genug, um mich damit zu beauftragen, es herauszufinden«, sagte ich
leichthin. »Sind Sie’s ?«
    »Das ist doch absurd !« Ihre Stimme klang verdrießlich und eine Spur gereizt,
aber ihre Augen verloren nichts von ihrem mathematisch genau berechnenden
Ausdruck. »Ich möchte nicht unhöflich wirken«, sagte sie mit gepreßter Stimme,
»aber wer zerreißt schon die Police seiner Rentenversicherung, solange er noch
bei Verstand ist ?«
    »Sie meinen, Sie würden dann
Ihre Unterhaltszahlung verlieren ?«
    »Was sonst?«
    »Die einzige Person, bei der
ich mir das vorstellen könnte, ist eine Ex-Ehefrau, die wieder heiraten
möchte«, brummte ich. »Dann würde sie nämlich ihre Unterhaltszahlungen ohnehin
verlieren. Aber wenn der Ex-Ehemann im richtigen Augenblick stirbt, kann sie
die sechsstellige Versicherungssumme einkassieren — und danach mit ihrem
brandneuen Ehemann herrlich und in Freuden leben .«
    Die Farbe wich aus ihrem
Gesicht, während sie mich eine Weile verblüfft anstarrte. »Was für einen
Quatsch hat Ihnen denn Leon Douglas erzählt ?« fragte
sie wütend. »Wenn er behauptet hat, ich würde ihn heiraten, dann ist er ein
verdammter Lügner! Was mich anbelangt, so sind wir lediglich gute Freunde, und
das ist...« Sie verstummte, als sie bei weitem zu spät erkannte, daß sie sich
diesmal verheddert hatte. »Was wollen Sie mir eigentlich anhängen ?« flüsterte sie. »Das ist irgendein übler, hinterhältiger
Trick von Carter — er sucht einen Grund, sich um diese Unterhaltszahlungen
drücken zu können! Es ist nicht das Geld, weswegen er sich Sorgen macht, er
könnte sich leisten, mir das Doppelte zu bezahlen! Aber sein perverses,
dreckiges kleines Gehirn bildet sich ein, ich hätte ihn irgendwie betrogen, und
das kann sein aufgeblasenes Ego nicht ertragen .«
    Ihr bösartiger Blick traf mich
mit beinahe physischer Wucht.
    »Was empfindet man denn als
Leibwächter eines solchen Mistviehs wie Carter, Mr. Holman? Ist es nicht ein
erhebendes Gefühl ?«
    »Ich halte ihn für einen
überaus liebenswerten Charakter — der geborene Sultan«, sagte ich und grinste
sie an. »Deshalb wäre es mir ja so zuwider, ihn in seiner Pracht beeinträchtigt
zu sehen. Wenn Sie — mit oder ohne Leon Douglas’ Hilfe — eben das geplant haben
sollten, Mrs. Stanton, so würde ich Ihnen abraten. Bei dem Motiv, das Sie
haben, würden noch so viele gußeiserne Alibis nicht
viel nützen .« Ich schüttelte betrübt den Kopf. »Und es
läßt sich nicht leugnen, Mrs. Stanton, daß selbst Douglas über mehr Diskretion
verfügt. Unter Druck gesetzt, läuft Ihr Mundwerk wie geschmiert .«
    Sie drückte wild ihren
Zigarettenstummel im nächsten Aschenbecher aus und ging dann zum Fenster, wo
sie, den Rücken mir zugekehrt, auf die Silhouette der Stadt starrte.
    »Douglas hat Ihnen also nichts
von uns beiden erzählt ?« fragte sie schließlich

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