Ein Schlüssel für den Mörder
und
auf ihre Weise die Vereinbarung, die mich zum Schweigen verpflichtete,
auszementieren.
»Was für ein Mann ist Leon
Douglas ?« fragte ich beiläufig.
Das brachte sie für eine
Sekunde aus dem Gleichgewicht; in einer Haltung, als sei sie am Rande der
Kapitulation, streckte sie ihr Glas ungeschickt in die Luft.
»Leon?« Sie blinzelte heftig.
»Warum sollen wir uns über ihn unterhalten? Jetzt — ausgerechnet in diesem
Augenblick, Rick, Darling?«
»Es interessiert mich nur«,
sagte ich. »Halten Sie ihn für einen Burschen, der einen Mann ermorden könnte,
wenn er fände, das Risiko lohne sich ?«
»Ich — ich weiß nicht«, sagte sie
zögernd. »Wie kann man so etwas wissen ?«
»Vielleicht weibliche
Intuition?« Ich trank einen Schluck Bourbon, der nicht so gut war wie der
Cartersche, aber noch immer recht ordentlich. »Na, macht nichts, Melissa.
Vielen Dank für den Bourbon — ich muß jetzt gehen .«
Ich stand auf. Sie blieb
sitzen, wobei sie dumpf zu mir aufstarrte und sich eine Zeitlang einfach
weigerte zu glauben, daß ihr so etwas zustoßen konnte. Sie fuhr sich ein
paarmal mit der Zunge über die Lippen und streckte mir dann mit bittender Geste
ihre freie Hand hin. »Rick — «, ihre Stimme zitterte leicht, »Sie können jetzt
doch nicht einfach weglaufen — in diesem Augenblick. Ich brauche Sie! «
»Es gibt zwei weitere
Verdächtige, die ich bis jetzt noch nicht einmal gesehen habe«, sagte ich freundlich.
»Nochmals vielen Dank für alles, Melissa, Sie sind mir eine große Hilfe gewesen .«
Ihre Rechte hielt noch immer
das Glas wie erstarrt in der theatralischen Pose des Zuprostens hoch in die
Luft, während ihre Linke flehend gegen mich ausgestreckt war.
»Zurückweisung — ist das alles,
was Sie für mich übrig haben ?« flüsterte sie gequält.
»Ach so — fast hätte ich’s
vergessen«, sagte ich und stellte mein leeres Glas fein säuberlich auf ihre
nach oben gerichtete Handfläche.
VIERTES KAPITEL
G ene Meyer war ein finsterer,
kahlköpfiger Riese, der aussah, als sei er seit langem tot und wüßte das auch.
Er saß in einem hochlehnigen Ledersessel und
betrachtete mich mit düsteren Augen, die seit langer Zeit keine Leidenschaft
mehr kannten, während er sich gedankenvoll in die Spitze seiner Piratennase
zwickte.
»Stanton macht sich also
Sorgen, weil ihn jemand umbringen möchte ?« sagte er
langsam. »Ich wundere mich, daß er das nicht schon seit langer Zeit tut — er
hätte allen Grund dazu .« Seine Stimme klang entfernt
wie das Seufzen des Windes in einem versteinerten Waid. »Er muß wirklich Angst
haben — wenn er bis zur Westküste vordringt, um jemanden zu holen, der ihm das
Händchen hält. — Ich habe von Ihnen gehört, Holman, Sie können ihn nicht billig
kommen .«
»Ich muß also das Beste aus dem
machen, was ich weiß«, sagte ich, »und das ist nicht viel. Sie wissen, wie die
Dinge liegen, Gene — man hält eben nach Gründen Ausschau .«
»Sie sind zu mir gekommen, weil
Sie glauben, ich hätte einen Grund — oder weil der kleine Dicke glaubt, ich
hätte einen«, sagte er. »Was für einen Grund denn?«
»Er ist Ihr Teilhaber im Club«,
sagte ich, meine Worte vorsichtig wählend. »Er wirft eine Menge Gewinn ab, und
möglicherweise sind Sie mit ihren neunundvierzig Prozent Anteil nicht mehr
zufrieden? Das könnte ein Grund sein. In früheren Zeiten wäre es einer gewesen,
Gene .«
»Die früheren Zeiten sind lang
vorbei, Holman .« Er seufzte leise. »Wir leben jetzt in
einer anderen Welt. Die wirklich guten Rackets sind alle legal geworden, und man
braucht keine Killer oder starken Männer mehr — man braucht Rechtsanwälte und
Steuerberater. Mir kann strafrechtlich seit zwanzig Jahren nichts mehr
vorgeworfen werden .« In seinen Augen lag flüchtig ein
verächtlicher Ausdruck, als er mich ansah. »Und das wissen Sie auch, Holman .«
»Nun, ich dachte, dieser Club
sei möglicherweise eine solche Goldgrube, daß Sie ausnahmsweise Ihre
Einstellung geändert haben könnten, Gene«, sagte ich milde.
»Ich habe Ihnen noch nicht
meine Mitarbeiter vorgestellt .« Er wies auf die beiden
Männer, die mich von dem Augenblick an, als ich das Zimmer betreten hatte,
schweigend beobachtet hatten. »Alte Leute vergessen ihre guten Manieren«, sagte
Meyer ruhig. »Entschuldigen Sie, Holman .« Sein
knorriger Finger, dessen fahles Fleisch wie frisches Pergament an den Knochen
klebte, deutete auf den einen der beiden. »Das ist Larry Muller .«
Wenn Meyer
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