Ein schmutziges Spiel
der würde nie das Zeitliche segnen. Wohin ich auch gegangen bin, dauernd bin ich dem halbtoten Dreckskerl begegnet. Und er hat es jedes Mal genossen, mich an ›unser kleines Geheimnis‹ zu erinnern.«
Sie kehrte zu dem Zweisitzer zurück und kauerte sich dort zusammen. In dem sanften, gefilterten Licht sah Darlene Richter so verwundbar aus wie das Mädchen, das sie einmal gewesen war.
»Danke, dass Sie mir davon erzählt haben. Ich bin so wütend auf mich, dass ich nicht gleich zugehört habe.«
Sie schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Jaymie. Ich wünschte, ich könnte Ihnen eine größere Hilfe sein.«
»Passen Sie auf, Darlene, Sie haben mir den Schlüssel zum Schloss gereicht.« Ich stand auf. Es war Zeit zu gehen.
Ein mexikanisches Mädchen ohne Papiere, dessen Vater gestorben war – Lili musste wie das perfekte Vergewaltigungsopfer ausgesehen haben, dachte ich, als ich das Schiff von einem Auto durch die Straßen der Innenstadt zurück zu meinem Büro steuerte. Aber tatsächlich war Lili nicht ganz so verwundbar gewesen, wie der Vergewaltiger gedacht hatte. Zum einen waren die Molinas dank Teresas Verlobung drauf und dran, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Abschiebungsdrohungen wären bei Lili also wirkungslos gewesen, und sie hätte nichts haben wollen, was der Mörder ihr hätte bieten können. Aber da war noch mehr: Lili Molina war ein mutiges Mädchen.
Vielleicht hatte Lili etwas gesagt, das dem Vergewaltiger nicht gefallen hatte. Vielleicht hatte sie ihn wütend gemacht, indem sie einfach Nein gesagt hatte.
In dem Moment, in dem ich das Büro betrat, war ich in einem Wirbelsturm gefangen.
»Miss Jaymie! Sie sagt, Sie hätten sie angerufen. Sie sagt, Sie hätten ihr gesagt, sie soll herkommen und im Computer herumschnüffeln. Aber ich habe gesagt …« Gabis Augen blitzten mich warnend an. »Ich habe gesagt, kein Boss würde so etwas tun, ohne vorher seine PA zu informieren.«
»Hey.« Claudia tauchte wie ein Springteufel in der Küchentür auf. »Sie haben Glück, dass ich gewartet habe. Normalerweise lasse ich mir so einen Mist nicht gefallen. Ich …«
Ich reckte die Hände hoch in die Luft. »Stopp. In Gottes Namen, hört auf, beide.«
Zu meinem Erstaunen verstummten sie. Einen Moment lang teilte ich ganz allein die wütenden Fluten. »Ihr zwei hört mir jetzt zu. Wir müssen uns zusammenreißen. Wir sind auf der Zielgeraden.« Ich wandte mich an Gabi. »Dieses Mädchen, wie sehr es auch nervt, hat seine einzige Schwester verloren.«
Gabi erbleichte. »Oh. Oh ja, ich weiß, und … es tut mir leid, Mija.«
Ich sah Claudia an und erkannte, dass sie endlich zuhörte. »Claudia, ich werde dir etwas über Gabi erzählen. Sie hat ihren Neffen verloren. Und Danny wird immer noch eines Mordes beschuldigt, den er nicht begangen hat. Übrigens, Gabi hat angeboten, unbezahlt für mich zu arbeiten, wenn ich ihm helfe. Verstanden?« Ich blickte von einer zur anderen. »Wir stehen alle auf der gleichen Seite.«
»Es tut mir so leid!« Gabi stürzte zu Claudia hinüber und schlang die Arme um das Mädchen. Für einen Moment war Claudia steif wie ein Brett, aber dann erwiderte sie die Umarmung.
Ich setzte mich auf den heißen Stuhl und wartete, bis die Knuddelei vorüber war.
»Danke, Jefa. Das haben wir beide gebraucht.« Gabi kehrte zurück zu ihrem Thron, und Claudia hockte sich auf eine Ecke des Schreibtischs.
»Claudia, bevor du anfängst, weih Gabi ein. Du hast verstanden, was du tun sollst?«
»Ja, natürlich. Wann brauchen Sie es eigentlich?«
»Gestern. Wenn du also einen Schlafsack brauchst, dann hol ihn her. Das Ganze könnte eine Weile dauern.«
»Ich leiste ihr Gesellschaft«, erbot sich Gabi. »Ich habe zwei Klappbetten, die ich herholen kann. Was kann ich sonst noch tun?«
»Füttern Sie Claudia. Pizza dürfte reichen. Und lassen Sie Ihr Handy an, den ganzen Tag, die ganze Woche, für den Fall, dass ich Ihre Hilfe brauche.«
»Wenn das gefährlich ist«, meldete sich Claudia zu Wort, »dann brauchen Sie mich an Ihrer Seite.«
»Mich auch«, fügte Gabi hinzu, hörte sich aber nicht ganz so sicher an.
»Danke. Aber im Augenblick brauche ich euch beide hier.«
Kapitel Neunzehn
»Charlie, verzeih mir, aber heute gibt’s keine Andornbonbons. Zu viel um die Ohren, schätze ich.«
»Schon verziehen. Was beschäftigt dich?«
»Die Morde. Machen wir uns nichts vor, ich bin nur ein stümperhafter Amateur. Ich habe die Büchse der Pandora geöffnet, und jetzt weiß ich
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