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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
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zu, auf einem türkisfarbenen Clubsessel Platz zu nehmen, ehe sie sich auf ein passendes Zweiersofa setzte, über dem ein Tuch in einem leuchtenden Paisleymuster lag.
    »Also gut, ich hoffe, Sie verstehen, was ich Ihnen zu sagen gedenke. Sie kommen mir vor wie eine starke Persönlichkeit, Jaymie. Ich nehme an, Sie lassen sich von niemandem so einfach übervorteilen.«
    »Heute ist das vielleicht so. Aber als ich ein Kind war, war ich ganz anders.«
    »Ich weiß, was Sie meinen. Irgendwann im Lauf des Lebens bin ich auch härter geworden. Ich musste. Aber für diese Härte zahlt man einen Preis.« Sie lachte kurz. »Erinnern Sie sich an die Geschichte von den Kindern, die den Frühling in den Garten des Riesen gebracht haben? Ich glaube, sie war von Oscar Wilde.«
    »Natürlich.« Ich lächelte. »Kinder tun so etwas, wenn man sie nur lässt.«
    »Ja, das tun sie ganz bestimmt. Beto und seine Schwester haben mich verändert.« Darlene faltete die Hände und studierte sie. »Ihnen das zu sagen, fällt mir nicht leicht. Ich werde es sagen, und danach werde ich, wenn es Ihnen nichts ausmacht, hinausgehen und Beto holen. Sylvia wird bald hier sein, und ich möchte ihnen ihren Nachmittagsimbiss zubereiten.«
    »Sie passen auf die Kinder auf?«
    »Während ihre Mutter arbeitet.« Sie zog sich das Tuch über den Schoß. »Wissen Sie, das habe ich fünfundzwanzig Jahre mit mir herumgetragen. Ich habe noch nie mit irgendjemandem darüber gesprochen. Ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll.«
    »Sie haben doch schon ganz gut angefangen.«
    »Ja, vielleicht. Also gut, es war so: 1983 wurde ich ausgewählt, die Daphne zu spielen.«
    Plötzlich war es sehr still im Raum. Ich konnte Beto durch das offene Fenster im Garten singen hören. »Das wusste ich nicht.«
    »Ja. Und als ich an jenem Tag in Ihrem Büro war und die Fotos an der Wand gesehen habe … Da war das alles wieder da, all die Wut und die Scham.« Darlene ballte die Hände zu Fäusten. »Ich werde jetzt nicht aufhören. Das bin ich mir selbst schuldig!« Sie warf das Tuch von sich und stand auf.
    »Ich bin in einer armen Familie groß geworden. Mein Vater war Alkoholiker. Meine Mutter war in einem Teufelskreis aus Misshandlung gefangen und für mich im Grunde gar nicht da. Alles, was ich je wollte, war, King City zu verlassen und von meiner Familie wegzukommen. Und ich habe es hierher nach Santa Barbara geschafft. Ich fand eine Stelle als Zimmermädchen im Biltmore und habe im ersten Semester das City College besucht. Ich wollte Kosmetikerin werden.« Sie ging zum Fenster.
    »Oje. Wie ich sehe, hat Beto sich den Imkerhut vom Kopf gezogen. Vielleicht sollte ich rausgehen und … nein . Was ich tun sollte, ist das hier zu Ende bringen, ein für alle Mal.« Sie drehte sich um und sah mich an.
    »Ist Ihnen aufgefallen, dass die Daphne oft ein armes, einsames Kind ist, wie ich es war, oder eines mit nur einem Elternteil? Dann gibt es kein Nachspiel, wenn …« Sie ließ den nur halb ausgesprochenen Gedanken in der Luft hängen.
    Beinahe eine ganze Minute zog dahin, ehe Darlene den Faden wieder aufgriff. »Wenn es vergewaltigt wird.«
    »Mein Gott!«
    »Oh, ich behaupte nicht, dass es da eine Verschwörung oder so etwas gäbe.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin überzeugt, dass die meisten Daphnes heiter und unbeschadet ihrer Wege gehen. Aber die Gelegenheit ist da, nicht wahr? Gelegenheit, Macht, Anspruch und eine kranke Art von Tradition. Und von Zeit zu Zeit beschließt irgendein verdrehter Mistkerl, entsprechend zu handeln.«
    Oh, Lili, dachte ich. Lili … »Warum gehen die Opfer nicht zur Polizei? Aus Angst?«
    »Gewiss. In meinem Fall waren die Drohungen verschleiert, aber trotzdem deutlich genug. Außerdem würden die Mädchen bei der Polizei nicht viel erreichen, glauben Sie mir. Aber da ist noch etwas anderes.« Angewidert verzog sie das Gesicht. »Etwas, wofür ich mich immer noch schäme.«
    »Sie haben keinen Grund, sich zu schämen, Darlene. Gar keinen. Und ich glaube, ich weiß, was Sie mir sagen wollen.«
    »Davon bin ich überzeugt. Wenn das Verbrechen begangen ist, wird das Opfer auf irgendeine Weise abgefunden. Mit Geld oder einem Stipendium oder, wie in meinem Fall, einem reichen Verehrer. Das Mädchen sitzt in der Falle. Es bekommt eine Menge für sein Schweigen, und es wird bestraft, wenn es redet.«
    »Wer hat das Verbrechen an Ihnen begangen?«
    »Samuel McDermott.« Sie lachte rau. »Guter Gott, der Mann war ein Zombie. Ich dachte,

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