Ein schneller Sieg
›Stunde X‹.
Der Schlüssel zu Admiral Givens’ Plan ist einer ihrer Signaloffiziere bei BuPlan. Der havenitische Botschafter hat sich große Mühe gegeben, den Mann zu kaufen. Er steht nun schon seit zwei T-Jahren im Sold der Havies, aber sie wissen nicht – wie wir hoffen –, daß er in Wirklichkeit für Admiral Givens arbeitet. Bis jetzt sind seine Berichte zu einhundert Prozent akkurat gewesen, doch er hat bislang nur Informationen weitergegeben, die uns nicht schaden können oder von denen wir sicher waren, daß die Havies sie sich auch auf anderem Wege beschaffen könnten.
Wir planen, ihn zu benutzen, um über Botschafter Gowan die Havies glauben zu machen, daß die Aktivitäten bei Talbot Station uns sehr große Sorge bereite und wir mehrere von D’Orvilles Schlachtgeschwadern als Verstärkungen dorthin beordern würden. Selbstverständlich würden wir Ersatz nach Jelzin schicken, aber nicht für zwo bis drei Wochen. Während der Offizier diese Information an Gowan weitergibt, werden wir Admiral D’Orville offiziell die gleichen Instruktionen geben. Diese Befehle werden absolut echt aussehen – nur daß das gleiche Kurierboot unter diplomatischer Tarnung zusätzliche Befehle zu D’Orville bringen wird, die ihm untersagen, den Einsatzbefehlen zu gehorchen. Wenn also Spione in unserer Signalsektion sitzen, von denen wir nichts wissen, fangen sie vielleicht die gleichen Befehle auf und würden den Bericht unseres Doppelagenten bestätigen.
Entspricht unsere gegenwärtige Analyse der Havie-Operationen den Tatsachen, dann ist vermutlich ihre Basis im Barnett-System ihr Koordinationspunkt. Wenn wir dafür sorgen, daß die Falschinformationen Barnett schnell genug erreichen, dann bekommt der dort Kommandierende – wer auch immer es ist –, ein ausreichendes Zeitfenster, bevor unser angeblicher Ersatz Jelzins Stern erreicht. Erst wenn er zuschlägt, wird er feststellen, daß keines von D’Orvilles Schiffen je aufgebrochen ist.«
»Das begreife ich durchaus, Sir Thomas, aber was, wenn der Feind das Jelzin-System mit ausreichender Stärke angreift, um Admiral D’Orvilles Verbände zu schlagen? Schlimm genug, wenn wir unseren Verbündeten zumuten, die Wucht des ersten Schlages abzufangen, aber was, wenn dieser Schlag so stark ausfällt, daß wir trotz all unserer Bemühungen besiegt werden?«
Caparelli lehnte sich mit steinernem Gesicht zurück. Mehrere Sekunden lang sagte er keinen Ton. Als er wieder sprach, war seine Stimme beklommen.
»Euer Gnaden, Haven wird uns angreifen. Weder ich noch ein einziges Mitglied meines Stabes hegt in dieser Hinsicht irgendwelche Zweifel. Sobald Haven angreift, ist das Jelzin-System ein primäres Ziel. Das muß es einfach sein, wenn man die geringe Tiefe unserer Grenze an dieser Stelle bedenkt. Ich bin mir des Risikos bewußt, dem wir die Graysons aussetzen, aber meiner Meinung nach ist es eins unserer wirksamsten Mittel, die Havies zu einem Angriff dort unter Bedingungen zu verlocken, die wir kontrollieren. Im besten Fall unterschätzen sie D’Orvilles Stärke und greifen mit unzureichenden Kräften an. In diesem Fall werden Sie sich bei Offizieren vom Kaliber Sebastian D’Orvilles und Hochadmiral Matthews’ blutige Nasen holen. Selbst wenn wir D’Orvilles gesamte Zwote Flotte und das Jelzin-System verlieren, hätten wir Haven vorher schwerste Verluste zugefügt, und ein rascher Gegenangriff von Manticore aus würde das System mit einer Gesamtverlustbilanz zurückerobern, die sehr zu unserem Vorteil ausfallen würde.«
»Ich verstehe.« Cromarty rieb sich das Kinn. Düster starrte er vor sich hin, dann atmete er tief durch. »Wie schnell benötigen Sie eine Entscheidung, Sir Thomas?«
»Um offen zu sein, Euer Gnaden, je schneller, desto besser. Wir wissen schließlich gar nicht, ob wir überhaupt genug Zeit haben, um das Ganze durchzuziehen, bevor die Haveniten woanders angreifen. Selbst wenn wir genug Zeit haben – viel Zeit haben wir nicht.«
»Ich verstehe«, sagte der Herzog noch einmal. »Sehr gut, Admiral. Wie auch immer meine Entscheidung ausfällt, ich gebe sie Ihnen so schnell wie möglich.«
»Ich danke Ihnen, Euer Gnaden.«
Caparelli zog sich aus dem Konferenzraum zurück, und der Premierminister stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn in die Hände. Eine Weile starrte er schweigend das Hologramm an. Er besaß das wohlkontrollierte Gesicht eines Politikers, und doch spiegelte seine Miene seine innere Zerrissenheit wider.
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