Ein schneller Sieg
beaufsichtigte, und sie dankte Gott, daß sie ihn hatte. Und wo sie schon dabei war, das eine oder andere Dankgebet für ihren Ersten Offizier wäre mit Sicherheit auch nicht verschwendet. Commander Henke glitt mit der Grazie eines sphinxianischen Albatros’ durch die Menge, und ihr untergeordneter Dienstgrad wurde durch ihre Haltung mehr als kompensiert. Und natürlich durch ihre Abstammung , dachte Honor und lächelte dabei.
Commodore Stephen van Slyke trat aus der Menge hervor, um leise mit Sarnow zu sprechen. Honor kannte van Slyke nicht, doch was sie von ihm gesehen hatte, sah gut aus. Gebaut war er wie ein Ringer – Stiernacken, schwarze Haare, braune Augen mit Brauen, die noch dichter waren als Sarnows –, aber er bewegte sich schnell, und wenn seine Bemerkungen bei der Kommandantenbesprechung sich auch nicht durch Brillanz ausgezeichnet hatten, so waren sie doch pragmatisch und sachbezogen gewesen.
Der ausgesucht gekleidete Commander, der sie am Konferenztisch angestarrt hatte, folgte van Slyke auf dem Fuß und blieb mit beinahe gequälter Miene stehen, als die beiden Flaggoffiziere sich von ihm abwandten. Er sah sich einen Augenblick lang um, dann richteten seine haselnußbraunen Augen sich auf Honor und verengten sich.
Sie erwiderte den Blick ruhig und fragte sich, welches Problem der Mann wohl haben mochte. Er war in beinahe wespenhafter Weise schlank und bewegte sich mit der trägen, einstudierten Grazie, von der ein gewisser Teil der Aristokratie infiziert war – und die Honor noch nie leiden konnte. Sie hatte mit Offizieren gedient, die sich noch träger und gedehnter gaben, und einige davon hatten zu den klügsten Menschen gezählt, denen sie je begegnet war. Sie konnte nicht begreifen, warum diese Leute ihre Kompetenz hinter solch ärgerlicher, geckenhafter Fassade verbargen, und wünschte, sie würden es sein lassen.
Der Commander sah sie noch immer an – nicht, daß er sie anstarrte, doch er sah länger zu ihr her, als die Höflichkeit es gestattete –, dann trat er auf sie zu.
»Captain Harrington.« Er sprach in kultiviertem Tonfall, mit einer polierten Tünche, die sie augenblicklich an jemanden erinnerte, und es wollte ihr einfach nicht einfallen, an wen.
»Commander.« Sie nickte höflich. »Ich fürchte, wir sind einander nicht vorgestellt worden, und bei all den neuen Namen muß ich den Ihren wohl überhört haben.«
»Houseman«, antwortete der Commander rundweg. »Arthur Houseman, Stabschef von Commodore van Slyke. Ich glaube, Sie kennen meinen Cousin.«
Honor spürte, wie ihr das Lächeln im Gesicht gefror. Nimitz hörte auf, den Sellerie zu kauen. Kein Wunder, daß der Mann ihr so bekannt vorgekommen war. Er war kleiner als Reginald Houseman und hatte einen helleren Teint, doch die Familienähnlichkeit war unverkennbar.
»Ja, das stimmt, Commander.« Obwohl sie mit kühlem Sopran den Dienstgrad nur fast unmerklich betonte, röteten sich Housemans Wangen bei der Erinnerung an ihren höheren Rang ganz leicht.
»Dachte ich es mir doch – Ma’am.«
Die Pause hatte er absichtlich gemacht, und Honor preßte die Lippen aufeinander. Eiszapfen schienen sich in ihren Augen zu bilden, und sie trat näher an ihn heran. So leise, daß niemand anderes es hören konnte, sagte sie zu ihm:
»Damit wir uns von vornherein verstehen, Commander. Ich mag Ihren Cousin nicht, und er mag mich nicht. Das betrifft Sie nicht. Es sei denn, Sie wollen es so, und das glaube ich eigentlich nicht.« Zähne funkelten durch ihr Lächeln, und etwas wie Besorgnis stieg in seinen Augen auf. »Doch ungeachtet Ihrer persönlichen Gefühle, Commander Houseman, werden Sie korrekte militärische Umgangsformen befolgen, nicht nur mir gegenüber, sondern gegenüber jedem an Bord meines Schiffes.« Houseman wich ihrem Blick aus und sah zu Sarnow und van Slyke hinüber. Honors Lächern wurde noch kälter. »Machen Sie sich keine Sorgen, Commander. Ich werde Admiral Sarnow nicht einschalten – und auch nicht Commodore van Slyke. Andererseits glaube ich nicht, daß das notwendig sein wird, oder?«
Sein Blick richtete sich ärgerlich auf sie zurück, und sie begegnete ihm kühl. Dann schluckte er, und die Konfrontation war beendet.
»War sonst noch etwas, Commander?« fragte sie leise.
»Nein, Ma’am.«
»Ich bin sicher, es gibt andere Orte, wo Sie dringend sein müssen«, entgegnete sie. Sein Gesicht verkrampfte sich erneut, dann nickte er knapp und wandte sich ab. Nimitz auf Honors Schulter zitterte vor Zorn,
Weitere Kostenlose Bücher