Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance
weinen – das kam alles erst später, als sie in einem Supermarkt meine Fotos auf irgendwelchen Titelseiten gesehen hat! Da ist ihr Autopilot, den sie sich wohl als Schutzmechanismus eingeschaltet hatte, kurzgeschlossen worden, und daraufhin ist das ganze Elend aus ihr herausgebrochen. Alle Dämme waren auf einmal geflutet, und sie hat noch im Geschäft einen fürchterlich heftigen Weinkrampf bekommen, der nicht mehr enden wollte. Arme Mum! Das Gleiche ist ihr später auch noch mal auf der Straße passiert, vor einem Plakat der Netcologne, für die ich kurz vorher noch Werbung gemacht hatte. Was wohl für viele meiner Freunde gegolten hat!
Auch Till erzählte mir immer wieder, wie er Ende Januar 2008 einen Fernsehauftritt im WDR hatte und deswegen mit Jonas nach Köln gefahren war. Während sie permanent an eine in Lebensgefahr schwebende Gaby denken mussten, lachte ihnen von zig Reklametafeln eine hübsche, gesunde und breit grinsende Gaby entgegen! Als ob nichts passiert wäre, und der drisselige Schlaganfall nur ein schlimmer Traum gewesen war. Das stelle ich mir aber auch in der Tat sehr unwirklich und bizarr vor.
Mein geliebter Sohn Donald hat natürlich auch und gerade in der Zeit direkt nach dem 8. Januar sehr gelitten und mir später mal gesagt, er hätte noch nie in seinem ganzen Leben so lange nicht mit mir nicht gesprochen wie in dieser verflixten verfluchtmaledeiten drissdrecksdrisseligen Koma-Zeit! Sogar sein Zeugnis mit den guten Noten hat er mir am Krankenbett vorgelesen, um mir selbst noch im Koma zu beweisen, was für ein guter Junge er war! Als ob ich das nicht schon seit seiner Geburt wüsste! Meine Mum erzählte mir, nachdem ich aus dem Koma erwacht war, dass es für Donald ein unglaublicher Schock gewesen war, als er mich zum ersten Mal im Krankenhaus gesehen hatte. Der Schädel aufgeschnitten, im Koma und überall Schläuche, der rasierte Schädel – kein Wunder, dass er völlig entsetzt zur Mum sagte: »Die Gaby sieht gar nicht mehr aus wie die Gaby.« Wie schlimm mag er sich gefühlt haben – an einem Bett zu stehen, in dem seine Mutter mit dem Tode kämpft und dabei für ihn kaum zu erkennen war? Jesus, ich drehe durch, wenn ich nur daran denke. Aber mein tapferer Sohn hat sich der Herausforderung gestellt und sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Die Mum hat mir nämlich auch erzählt, dass Donald mich oft geküsst hat und dann geguckt hat, ob ich reagiert habe oder irgendeins der Geräte »ausgeschlagen« hat! Als ich endlich außer Lebensgefahr war, lief er im Haus immer hin und her und betete immer wieder laut: »Lieber Gott, ich danke Dir, dass meine Gaby noch lebt!« Ich habe mir weiß Gott diese Krankheit nicht ausgesucht, aber es bricht mir im Nachhinein noch das Herz, wenn ich darüber nachdenke, was meine Liebsten aushalten mussten!
Aber während ich im Koma lag, habe ich davon bewusst nichts wahrgenommen. Meine Seele hat mich auf eine andere Reise mitgenommen, und ich habe zwei Lebewesen besucht, die ich über alles geliebt habe und deren Verlust mich schwer getroffen hatte. Und natürlich ist mir klar, dass ich das nicht mit Logik erklären kann, was beziehungsweise wie das passiert ist. Aber eins ist mir seitdem klar: Es gibt einen Übergang vom bewussten Leben in den Tod. Wie immer das auch wissenschaftlich erklärt oder widerlegt werden kann, ist mir drissegal, denn ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Seele samt Bewusstsein ohne unseren Körper nicht aufhört zu existieren. Das meine ich jetzt nicht unbedingt im Sinne der christlichen Religion, sondern wirklich eher pragmatisch. Meditation ist sicher eine Art Vorstufe zu diesem Zustand. Wenn man alleine schon bedenkt, zu welchen Leistungen der Mensch fähig ist, wenn er überleben will! Und wie oft haben wir erlebt, dass geliebte Menschen erst gestorben sind, als sie sich von bestimmten geliebten Menschen verabschiedet hatten! Da siegt nicht nur der Wille: Das ist die Kraft der Seele, die über den Körper triumphiert. Da gibt es übrigens ein tolles Lied von John Mellencamp, das heißt »Don’t need this body« – das ist sehr bewegend und beschäftigt sich auch mit diesem Thema. Hören Sie sich das mal an. Wollte ich nur mal erwähnt haben.
Ich versuche das im Hinblick auf meinen komatösen Zustand mal so zu beschreiben: Das Radio selber war zwar aus, aber es wurden weiterhin Sendungen ausgestrahlt! Ich habe in diesem Niemandsland zwischen Leben und Tod ein paar Tage verbracht, und ich habe in
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