Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Titel: Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Köster
Vom Netzwerk:
wichtiger Teil in meinem Lebenspuzzle.
    Mein Papa war das, was man sich gemeinhin unter einem Lebens-Künstler so vorstellt: sehr liebevoll und einfallsreich, aber vor allem auch ziemlich chaotisch und mehr am Feiern interessiert als an geregelter Arbeit als Versicherungsvertreter. Natürlich zum Leidwesen meiner Mutter, die immer gucken musste, wie es mit uns finanziell weiterging. MEINE MUM IST EINE SEHR TAPFERE UND HOCHANSTÄNDIGE FRAU , DAS WILL ICH HIER MAL MIT ALLER DEUTLICHKEIT SCHWARZ AUF WEISS UND FÜR JEDEN DEUTLICH LESBAR GROSS SCHREIBEN ! Sie hat ihr ganzes Leben lang malocht wie keine Zweite und war fast immer nur damit beschäftigt, den Unfug auszubügeln, den mein verrückter Vater verzapft hatte. Ich will meinen Papa jetzt nicht in die Pfanne hauen, ich glaube wirklich, er konnte nicht anders, wenn Sie wissen, was ich meine! Es war ihm anders einfach nicht gegeben, darum können die Mum und ich auf unsere Zeit mit ihm zurückblicken, ohne Verbitterung oder Verärgerung.
    Mein Vater war für ein verantwortungsvolles Leben so gut geeignet wie Streusalz für eine Bobbahn! Er hat halt gerne ausgiebigst und gut gefeiert und es dabei meistens richtig ordentlich krachen lassen! Meine Mutter erzählte mir mal, dass sie kurz nach meiner Geburt beim Einkaufen von Nachbarn angesprochen wurde, dass ich ja mal viel Glück im Leben haben müsste, so wie mein Vater meine Geburt begossen und gefeiert hätte! Und so stellte sich dann heraus, dass mein Vater das Babypinkeln praktisch als eine Art Niagarafall-Happening gestaltet hatte und der ganze feuchte Spass nunmehr vor siebenundvierzig Jahren stolze 3000,– DM gekostet hatte! Wenn es nicht so verdammt doof klingen würde, dann müsste ich jetzt eigentlich schreiben (weil es so wahr ist): Das war damals sehr, sehr viel Geld!
    Glück im Leben hatte und habe ich sicherlich reichlich gehabt, aber vor allen Dingen auch viel Arbeit, liebe Freunde des Zwiebelportemonnaies. Denn selbiges aufmachen und heulen angesichts der gähnenden Leere, war mir nur allzu gut bekannt. Vielleicht musste mein Papa auch so intensiv leben, weil er im Inneren gewusst hatte, dass er nicht alt werden würde! Mit 49 Jahren ist er schließlich gestorben, und was mich heute trotz allem beruhigt, ist die Tatsache, dass er nix hat anbrennen lassen und wahrscheinlich mehr und heftiger gelebt hatte als andere Menschen in drei Leben.
    Für uns als Familie war es wirklich sehr anstrengend, und man könnte viele seiner verrückten, egoistischen Eskapaden auch weitaus weniger wohlwollend betrachten, als ich das jetzt tue, aber auf der anderen Seite muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass jedes Messer sowieso zwei Schneiden hat. Der Tod meines Vaters hat mich jedenfalls ganz schön schwer erwischt: Ich war richtig sauer. Ich weiß noch, dass ich abermalsorichtig drissdrecksdrisselig stocksauer gewesen bin und nur gedacht habe: Warum haust du jetzt einfach ab, Papa, und wir dürfen uns in dem ganzen Chaos mal wieder schön alleine durchschlagen?
    Natürlich haben die Mum und ich das geschafft, und wie alles in diesem einzigartig schrägen Leben wird auch das seinen Sinn gehabt haben, da bin ich mir auch ziemlich sicher. Und so gucken wir heute ganz oft zurück und erinnern uns an unseren verrückten Papa.
    Mein Papa war unglaublich kreativ, und wir hatten früher nicht gerade goldene Wasserhähne zu Hause, aber als Kind hat man ja trotzdem manchmal Wünsche … In meiner Kindheit waren plötzlich Puppenschulen sehr »in«! Ich hätte auch rasend gerne eine gehabt, ging aber natürlich nicht – mangels finanzieller Masse. Da hat mir der Papa kurzerhand an einem trüben Sonntagmorgen eine komplette Puppenschule aus Pappe gebastelt! Und das Schönste war für mich, dass es in meiner Puppenschule nur lachende Kinder gab, die er auf die Pappe gemalt hatte. Ich hatte sogar einen Fernseher auch aus Pappe und – aus Butterbrotpapier! Darauf hat er Gesichter und Szenen aufgemalt und das bemalte Papier dann auf eine große Papprolle aufgerollt. Wenn man jetzt oben an der Rolle drehte, liefen die Bilder wie ein kleiner Film ab, und so gab es bei uns regelrechte Veranstaltungen zu Hause! Mein Papa sprach sämtliche Rollen selber: Ob Lassie, Bonanza oder die Tagesshow mit Nachrichten und anschließendem Wetterbericht – war alles da, kein Problem! Mein Pappfernseher stand auf dem Küchentisch, mein Papa dahinter und wir Kinder saßen völlig gebannt und fasziniert davor und jubelten! Das war sehr

Weitere Kostenlose Bücher