Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance
mir gerade so ein und ich wollte es auf keinen Fall wieder vergessen. Darum habe ich es lieber gleich aufgeschrieben.
Also zurück zu den lustigen Ferienerlebnissen mit Klein Donald. Im nächsten Sommer waren wir auf Paros – das ist eine griechische Insel in den Kykladen. Donalds Papa Thomas hatte damals schon eine Glatze, aber mit Donalds Worten wurde dieser Zustand schon sehr liebevoller umschrieben: »Mein Papa hat keine Glatze, er hat ebend nur klitzekleine Haare!« Thomas trug Donald immer auf den Schultern, weil Donald sich aber an den klitzekleinen Haaren natürlich nicht richtig festhalten konnte, hielt er sich an Papas Ohren fest und thronte auf der Schulter meines Mannes wie ein schiffschaukelnder Matrose im Ausguck. Sobald er dann das Meer erspähen konnte, schrie er immer aus vollem Hals: »Sasser, Sasser, ganz viel Sasser!« Die griechischen Kinder auf Paros sind wahrscheinlich heute noch der Meinung, dass Meer und Wasser auf Deutsch »Sasser« heißen. Da Donald morgens schon so fit wie ein Schrank voller Turnschuhe war, bin ich mit ihm immer direkt nach dem Frühstück an den Strand gegangen, damit er sich austoben konnte, bevor die große Mittagshitze nur den fluchtartigen Rückzug in das kühle Haus zulassen würde. Eines Morgens gesellte sich eine griechische Familie zu uns an den Strand, und der Vater hatte ein kleines Transistor-Radio dabei, um in Ruhe auf seiner Decke Sport oder Nachrichten zu hören. Mein Gott, was hat Vater Zeus ein Fass aufgemacht, bis er alles richtig beisammen hatte. Erst wurde der Sand glatt geklopft, mit der Schüppe von seinem Sohnemann Herkules. Der fand die Schüppe eigentlich total uninteressant, aber sobald sein Vater das olle Plastikding in die Hand nahm, wollte er sie natürlich auch haben. Da der stolze Griechendaddy aber den Sand für einen ebenen Untergrund unter seiner Decke planieren wollte, war er nicht bereit, die einzige Schüppe weit und breit mit seinem Sohn zu teilen. Er herrschte stattdessen – was der Mutter des Kindes beziehungsweise seiner Frau ziemlich aufs Gemüt schlug – das heulende Kind auf Griechisch an. Eine Sprache, die ich zwar nicht beherrsche, aber der Wortinhalt muss folgender gewesen sein: »Hör zu, Herkules! Du kannst die Schüppe gleich haben, aber wenn du nicht sofort aufhörst zu heulen, dann mach ich dich zum Zyklopen, du Jammerlappen!« Das hatte die – ich tippe mal auf die Mutter von Zeus – Oma des Kindes genau vernommen und schlug daraufhin mit einem verkniffenen Mund unter ihrem Damenbart dem gewaltbereiten Zeus die Schüppe energisch aus der Hand, um sie ihrem heulenden Enkel zu geben. Der hörte zwar daraufhin nicht auf zu kreischen, aber mit der Schüppe in der Hand schrie er wenigstens ein bisschen leiser. In der Zwischenzeit hatte der selten so in der Öffentlichkeit gedemütigte Zeus seinen Sandunterboden mit bloßen Händen bearbeitet und versuchte nun ziemlich vergeblich, aber ausdauernd im sanften Mittelmeerwind seine Decke faltenfrei auf den planierten Strand zu drapieren. Nach fünf Minuten gab er entnervt auf und legte die Decke gespielt lässig einfach so auf den mittlerweile von seinem kleinen Herkules wieder umgepflügten, welligen Sandstrand. Um sich ganz in Ruhe seinem Transistorradio zu widmen. Nachdem er eine gefühlte Ewigkeit an der Antenne rumgefummelt hatte, ertönte ein griechischer Sängerchor, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, mit Hilfe einiger zupfender Bouzukipartisanen den Castrop-Rauxelner Spatzen mal zu zeigen, was man so unter amtlicher griechischer Folksmusik versteht. Hilfe, das klang für meine ungeübten Ohren doch mehr nach gerissener Bergziege. Schon klar, liebe Leser – bitte beruhigen Sie sich – der normale Grieche als solcher wird beim Anhören Kölscher Karnevalsmusik wohl auch nur erschütternd anmerken, dass da rein akustisch gegen die Genfer Menschenrechtskonventionen verstoßen wird. Während also das Radio dudelte, versuchte sich Zeus auf seiner Decke einem kleinen Entspannungschlummer hinzugeben. Das wiederum wusste mein Sohn Donald zu verhindern, indem er ständig auf die Decke krabbelte und dem Mann das Radio wegnahm! Darüber war Herr Zeus ungefähr so begeistert wie ein Pfund Mett im Schokobrötchen, is’ klar. Aber Rummeckern mit kleinen Touristen ging ja auch nicht wirklich. Also ließ er Karel Gott einen guten Mann sein und überließ die Abwehr des teutonischen Plagegeistes lieber seiner Frau! Die Frau, in erster Linie auch Mutter und als
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