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Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Titel: Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Köster
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So, wenn das nicht mutig ist, dann weiß ich es auch nicht mehr! Da kommt mir gerade wieder dieser Dylan-Song in den Kopf, mit dieser Textzeile »All I gotta do is survive«.
    Jaja, das Überleben. So manches Mal nach dem Schlaganfall denke ich in dunklen Stunden, dass ich nicht unbedingt Angst vorm Tod habe, sondern dass es eher das Leben ist, das mich manchmal zu Tode ängstigt! Und jetzt kommen Sie!

Von Jugend und Verschwendung
    Aber dunkle Stunden – das sollte man sich auch immer eingestehen –, die hat man auch als gesunder Mensch. Ich hatte solche von mir zärtlich »Depressigonen« genannten Zustände auf jeden Fall. Aber daheim geht es mir oft genug auch einfach nur sehr gut. Wann immer mein Fulltime-Job »Schlaganfall« mir eine Pause gönnt, mache ich es mir schön gemütlich, oder ich sitze bei schönem Wetter in meinem wunderschönen Garten – auch »grünes Wohnzimmer genannt« – und freue mich über die Natur. Vor meiner Erkrankung war mir gar nicht so bewusst, wie wunderschön mein Garten ist, weil ich immer unterwegs und oft einfach nur von Termin zu Termin gehetzt bin. Und wenn ich dann mal zu Hause war, war ich einfach überhaupt nicht entspannt genug, um meine Seele mit einer banalen Stunde im Garten zu befrieden und meinen Körper dabei in erholsamen Ruhezustand zu versetzen. Das macht mich oft sehr traurig, aber ich bin klug genug, um zu verstehen, dass diese Traurigkeit eben auch Trauer über »die alte Gaby« ist, die zwar körperlich fitter, aber trotzdem im Rückspiegel betrachtet oft genug auch mental gehandicapt war! Heute – und darin liegt sicher auch eine gewisse Ironie – bin ich zwar körperlich behindert, aber ich habe gelernt, so einfache Sachen wie eine Stunde Ruhe im Garten zu genießen und daraus Kraft und positive Energie zu ziehen! Das ist wirklich so paradox und so krude, dass ich es eigentlich gar nicht oft genug sagen kann: Warum erkennen wir so oft erst, wie gut wir es hatten, wenn es unwiderruflich vorbei ist? »Youth is wasted on the young«, behauptet George Bernard Shaw. Interessanter Ansatz! Die Jugend wird an die Jugendlichen verschwendet, sagt der weise, alte Mann. Weil die Jugend nicht zu schätzen weiß, dass man nie wieder so voller Energie, so unbekümmert, so neugierig, so voller Neugierde und Tatendrang sein wird? Könnte man nicht auch sagen: Weil sie sich keinen Kopf macht, dass Drogen dem Körper schaden, keine Bildung sich irgendwann nicht bezahlt macht und Alkohol auch keine Lösung ist? Ja, schon gut, auch ich kenne den alten Bildungswitz: »Alkohol ist keine Lösung, sondern ein Destillat!« Harharhar! So lachte immer Kater Carlo in den Mickey-Maus-Heften. Nicht, dass das jetzt wichtig wäre, aber es fällt mir gerade mal ein.
     
    Wo war ich stehengeblieben? Hier: Es hat immer etwas Arrogantes in meinen Augen, dieses »Youth«-Zitat. Jaha, im Alter sind wir ja so schlau und wissen das natürlich alles. Ach, hätten wir doch damals schon gewusst, was wir heute wissen! Meine Güte, wie langweilig ist das denn? Die schlaue, starke Jugend? Wie soll das aussehen? Heute weiß die Jugend, dass ein Flachbildschirmmonitor 268 Millionen Farben hat. Wenn wir damals 268 Millionen Farben sehen wollten, dann haben wir ’nen Joint geraucht und Modern Talking gehört. Für die Farben und den Lachflash! Soll man das wirklich weglassen? Ist es manchmal nicht eher so, dass man als Jugendlicher viel dogmatischer ist und erst das Alter relaxter und friedlicher macht? Nein, nein, nicht die Jugend wird an die Jugendlichen verschwendet. Das Alter hasst das Älterwerden, so ist es doch! Der Geist öffnet sich und man fühlt sich eigentlich frisch und frei in der Birne, wenn da nicht beim Blick in den Spiegel das schon leicht verlebte Gesicht wäre. Oder beim Aufstehen die schmerzenden Knie.
    Da fällt mir doch in dem Zusammenhang mal auf (Sportler jetzt mal ausgenommen): Wie viele Menschen in meinem Alter sehe ich mittlerweile joggend und walkend durch die Gegend schnaufen? Legionen schwingen die Stöcke, marodieren durch den Wald und atmen den Vögeln die Luft zum Fliegen weg! Und die Jugend ist da doch eindeutig in der Unterzahl? Das hätte mir einer damals frühmorgens nach der Schicht im »Out« sagen sollen: »Du jetzt erst noch ’ne Stunde laufen!« Wat ein Gedanke! Selbst wenn man es wegen der Gesundheit gemacht hätte, was wäre dann »nicht« passiert? Ja, da will sich dann wieder keiner so richtig festlegen, schließlich qualmt Helmut Schmidt so

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