Ein schöner Ort zu sterben
Sie so schnell wie möglich wieder, wenn möglich, ohne Aufsehen zu erregen.«
»Yebo.« Der Zulu-Constable verschwand im Haus.
Emmanuel zog sein Jackett aus, rollte es zusammen und bettete Granny Mariahs übel zugerichteten Kopf darauf. Er fühlte noch einmal ihren Puls. Keine Veränderung. Obwohl er sich schon sicher war, dass er es leer vorfinden würde, eilte er dennoch zum ehemaligen Bedienstetenquartier und sah nach. Er steckte den Kopf durch die Tür und suchte nach irgendeinem Anzeichen von Davida, dann sah er auch noch unter dem Bett nach, um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht dort versteckt hatte.
»Davida? Hier ist Detective Sergeant Cooper. Sind Sie da?« Er öffnete den Kleiderschrank und schaute hinein. Ein paar Baumwollkleider und ein Wintermantel mit unechten Schildplattknöpfen hingen da. Emmanuel stürzte wieder hinaus in den Garten, tauchte sein Taschentuch in den Wassereimer und wischte Granny Mariah das blutige Gesicht ab. Es war genau die Katastrophe eingetreten, die sich in der Akte über den Sexualfall schon hatte ablesen lassen: eine Eskalation der Gewalt, die sich in Freiheitsberaubung entladen hatte – und wer wusste, was sonst noch? Dadurch, dass der Captain Louis auf eine Farm in den Bergen und anschließend aufs Theologische Seminar geschickt hatte, war das Unausweichliche nur hinausgezögert worden. Offenbar hatte selbst der Heilige Geist das Feuer der Sünde, das in Louis brannte, nicht ersticken können.
Granny Mariah stöhnte zwar vor Schmerzen auf, kam aber nicht zu Bewusstsein. Bestimmt war das Verschwinden ihrer Enkeltochter für die eigentlich robuste Alte eine schwere Belastung, erst recht in ihrem geschwächten Zustand. Sie konnte froh sein, wenn sie in ein paar Tagen auch nur den Kopf vom Kissen würde heben können.
Das Hintertor ging auf, und Zweigman eilte mit Shabalala im Schlepptau in den Garten. Der weißhaarige Deutsche machte sich sofort an die Arbeit. Mit sicherer Hand tastete er nach Lebenszeichen und untersuchte, welche Verletzungen es gab und wie schwer sie waren.
»Schlimm, aber zum Glück nicht lebensbedrohlich.«
»Wie schlimm?«
»Tiefe Platzwunde am Kopf, die genäht werden muss. Schwere Gehirnerschütterung, aber keine Schädelfraktur.« Der Chirurg Zweigman übernahm das Regiment. »Wir müssen sie reinbringen, damit ich die Wunde saubermachen und nähen kann. Gehen Sie bitte ins Haus und suchen Sie Handtücher und Laken! Constable Shabalala und ich bringen sie inzwischen auf ihr Schlafzimmer.«
Emmanuel eilte davon. Zweigman traf derweil seine Vorbereitungen. Er ließ seine Arzttasche aufschnappen und deponierte auf einer Kommode neben dem Doppelbett, auf das Shabalala die Bewusstlose gelegt hatte, Mullbinden, Nadel und Faden sowie ein Desinfektionsmittel.
Emmanuel bedeutete Shabalala, mit ihm in den Garten zu kommen. Dann standen sie an der Hintertür und schauten auf die langen umgegrabenen Furchen.
»Davida ist weg«, sagte Emmanuel. »Der jüngste Sohn des Captains muss sie entführt haben. Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
»Ich werde nachsehen.« Shabalala ging langsam durch den Garten und suchte dabei am Boden nach Spuren. Auf diese Weise arbeitete er sich bis zum Hintertor vor, schloss es auf und ging weiter bis in den Busch. Emmanuel sah ihm nach und fragte sich, warum er den Zulu-Constable noch einmal prüfen ließ, was doch sowieso schon auf der Hand lag. Lag es daran, dass er, was die Gespielin des Captains betraf, seinen eigenen Instinkten nicht mehr traute und deshalb das nagende Gefühl nicht loswurde, dass ja vielleicht, nur vielleicht Davida und Louis irgendwie gemeinsame Sache machten? Zwei, deren Liebe unter einem schlechten Stern stand und die durch den kaltblütigen Mord an Captain Pretorius aneinander gekettet waren? Eigentlich war eine solche Überlegung auch nicht absurder als die, dass es sich bei diesem Jüngelchen höchstwahrscheinlich um den Sexualtäter handelte.
Shabalala kam zurück in den Garten und verriegelte hinter sich das Tor. Mit sorgenvollem Gesicht näherte sich dem Haus.
»Es ist so«, bestätigte er. »Der Kleine hat das Mädchen mitgenommen. Sie sind auf dem Motorrad fortgefahren.«
»Hat er sie entführt, oder ist sie freiwillig mitgekommen?«
Shabalala deutete auf die Schleifspuren am Boden. »Sie ist weggerannt, aber er hat sie erwischt und zurück zu der Stelle geschleift, wo die Alte am Boden lag. Danach ist das Mädchen ohne Gegenwehr mitgekommen.«
»Warum hat Louis die Karten
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