Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
Vom Netzwerk:
Phantasielebens zusteuerte. »So kann Louis das beenden, was er im Dezember begonnen hat, und ganz nebenbei auch noch die einzige Person aus dem Weg schaffen, die ihn zumindest annähernd mit dem Mord an seinem Vater in Verbindung bringen kann.«
    »Wenn das der Fall ist«, bemerkte Zweigman sachlich, »dann lässt er sie am Leben, bis er seine Phantasien an ihr ausgelassen hat.«
    »Das glaube ich auch.« Emmanuel wollte nicht näher auf die Bemerkung des Deutschen eingehen. Er wandte sich an Shabalala. »Wo könnte Louis sich verstecken, ohne entdeckt zu werden? Es muss eine Unterkunft sein, die groß genug für zwei Leute ist. Ich glaube nicht, dass er zur Hütte des Captains fahren wird, die ist zu bekannt. Gibt es irgendwo eine Höhle oder vielleicht eine Jagdhütte?«
    Der Zulu-Constable blickte einen Moment in den Himmel und dachte nach. Dann hob er schnell einen langen Stock auf und ritzte eine grobe Landkarte in die Erde. An drei einander jeweils fast entgegengesetzten Punkten ganz am Rand machte er jeweils ein Kreuz.
    »Auf Nkosana Kings Farm gibt es drei Orte, die ich kenne. Der Captain und ich haben uns als Jungen oft dort versteckt. Louis war als kleiner Junge auch mit seinem Vater dort, als das Land noch seiner Familie gehörte.«
    »Schaffen wir es, sie alle drei in einem Nachmittag abzuklappern?«
    »Sie liegen weit auseinander, und an diesen Ort hier gelangt man nur zu Fuß. Es ist eine Höhle, die weit oben an einem Berghang liegt. Drumherum ist alles dicht bewachsen.«
    »Und die anderen beiden?«
    »Das hier ist ein altes Haus, in dem früher ganz allein ein Bure lebte. Es fällt allmählich zusammen, aber einige Räume haben noch ein Dach.«
    »Wie ist die Umgebung beschaffen?«
    »Flach. Das Haus ist ein trostloser Ort, so trostlos wie der Mann, der es bewohnt hat.«
    »Dort ist er nicht.« Emmanuel vergegenwärtige sich noch einmal den Tatort am Fluss, wo am Übergang zwischen Erde und Himmel ein Licht geschimmert hatte, wie man es nur in Afrika fand. Louis und sein Vater hatten beide eine Vorliebe für verbotenes Fleisch und waren sich vielleicht auch sonst so ähnlich, dass sie Frauen am liebsten im Freien umgarnten. Nichts konnte so wie die wilde Schönheit dieser Natur die Phantasie von Adam und Eva anregen, wo man den Apfel mit Stumpf und Stiel vertilgte und so etwas wie Rassentrennungsgesetze nicht existierte.
    »An welchen von diesen Orten würden Sie ein Mädchen mitnehmen, um ihr die schöne Aussicht zu zeigen?«
    Shabalala zeigte auf die Stelle mit der Berghöhle. »Von dem Felsvorsprung vor der Höhle kann man das ganze Land sehen, außerdem ein Wasserloch, wo die Tiere zum Trinken hinkommen. Es ist ein herzergreifend schöner Ort.«
    Also genau das abgelegene, romantische Fleckchen, zu dem ein durchgeknallter holländischer Junge möglicherweise ein Mädchen zum allerletzten Ausflug hinbrachte. Die Liebe der Afrikaander zum Land war so unausrottbar wie ein Grippevirus.
    Emmanuel wusste, dass die Höhle ein Schuss ins Blaue war. Aber unwahrscheinlich war es auch nicht. Der Junge war bestimmt nicht einfach mit einem entführten Mädchen in den Busch abgehauen, ohne schon vorher genau zu wissen, wo er sich verstecken wollte. Und ganz sicher würde Louis sich nicht auf einer bewirtschafteten Farm verkriechen, wo es vor Arbeitern und Viehherden nur so wimmelte. Kings Reich, das einst der Familie Pretorius gehört hatte, besaß unendlich viel offenes Land und nur wenige Menschen, die die Illusion hätten trüben können, dass Südafrika bei der Ankunft der Weißen tatsächlich leer gewesen war. Louis konnte sich dort lange verstecken, ohne dass er jemandem auffallen würde.
    »Wie weit ist es zu Fuß bis dorthin?«, fragte Emmanuel.
    »Wir müssen den Wagen abstellen und dann etwa eine halbe Stunde bis zum Fuß des Berges laufen. Danach brauchen wir noch einmal eine Viertelstunde bis nach oben.«
    Emmanuel rundete die benötigte Zeit auf eine Stunde auf.
    Schließlich konnte der Zulu-Shangani in kürzerer Zeit weiter laufen als jeder andere, dem er je begegnet war, einschließlich der Soldaten, die wie der Teufel vor den Mörsergranaten weggerannt waren.
    »Wir sollten in der Höhle nachsehen. Ein abgeschiedener und geschützter Platz in einer unbewohnten Gegend scheint mir für das, was Louis aller Wahrscheinlichkeit nach vorhat, genau das Richtige zu sein. Ich habe nichts, was meine Theorie stützen könnte. Nur ein Gefühl, mehr nicht.«
    »Ihr Instinkt und Constable Shabalalas

Weitere Kostenlose Bücher