Ein schöner Ort zu sterben
Kanister aus und schnüffelte an der noch feuchten Ölplane.
»Benzin«, stellte er fest. »Gehört das Louis?«
»Ich glaube, der Kleine hat es hier versteckt, um sein Motorrad zu betanken. Der Kanister ist leer.«
»Mathandunina will also verreisen«, überlegte laut Emmanuel. Die Staatsgrenze fiel ihm ein, die nur ein paar Meilen entfernt lag. Falls Louis nach Mosambik entwischte, würde es Monate dauern, ihn zu finden, und auch nur dann, wenn die mosambikanische Polizei bereit war zu kooperieren.
»Können Sie die Richtung feststellen, die Louis eingeschlagen hat?«
»Ich kann herausfinden, wohin der Junge gefahren ist«, erklärte Shabalala ohne jede Arroganz. »Ich werde zum Schuppen gehen und den Spuren folgen. Sie müssen mit mir in den Busch hinauskommen. Es ist nicht gut, wenn Sie auf dem Pfad bleiben.«
»Einverstanden«, sagte Emmanuel.
Der Zulu-Constable lief zurück zu dem verlassenen Schuppen, dort blieb er eine Weile stehen und untersuchte die Spuren in der Erde. Dann wandte er sich dem Mercy of God -Krankenhaus zu und marschierte ohne Eile los. Offenbar hatte Louis also nicht wie irgendein unbesonnener, unter Dampf stehender Halbstarker das Hinterrad durchdrehen lassen und war in einer Wolke von Auspuffqualm davon geschossen. Er trieb sich immer noch in der Nähe der Stadt herum, aus welchem Grund auch immer. Nur dass es einen guten Grund dafür gab, dessen war Emmanuel sich sicher. Der Junge war so gerissen, dass er sogar seinen eigenen Vater mit dem Motorrad ausgetrickst hatte – eine Meisterleistung, wenn man bedachte, was für ein janusköpfiger Heimlichtuer der Captain selbst gewesen war. Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm.
Emmanuel lief schneller, um Shabalala einzuholen, der auf dem Pfad schon fast die Spielfelder des Sportklubs erreicht hatte. Hier verließen sie die weiße Hälfte von Jacob’s Rest, betraten das Wohnviertel der Farbigen und kamen schließlich zu den Abzweigungen, die nach Norden zur Location der Schwarzen führten. Wo zum Teufel wollte Louis nur hin?
Die Krankenhausgebäude kamen in ihr Blickfeld. Emmanuel und Shabalala drückten sich am Leichenschauhaus und dem Flügel für die Nicht-Weißen vorbei. Genau an diesem Abschnitt des Kaffernpfades hatte der Captain geparkt, als er Davida Ellis zu ihrer letzten gemeinsamen Spritztour abgeholt und Donny Rooke das Pech gehabt hatte, zur selben Zeit am selben Ort zu sein. An diesem Fleck war schon einiges passiert.
Weiter vorn stand linker Hand die unverwechselbare Reihe von Eukalyptusbäumen, an denen man Granny Mariahs Grundstück erkannte. Plötzlich schoss Emmanuel etwas durch den Kopf, und er lief unwillkürlich schneller. Auch er hatte guten Grund, sich an diesen Ort zu erinnern. Genau hier, in Sichtweite genau dieses Zauns hatte er in der Dunkelheit den heimlichen Beobachter im Nacken gespürt.
Er sah, dass Shabalala den Kaffernpfad nach rechts verließ und ins Dickicht trat. Er war jetzt fast direkt vor ihm.
»Was ist los?«, fragte Emmanuel, als er die Stelle erreichte, wo der Zulu-Constable sich hingehockt hatte und die zerfurchte Erde untersuchte.
»Hier hat er den Pfad verlassen und angehalten.« Shabalala zeigte auf die Spuren am Boden, mit denen nur ein Fährtenleser etwas anfangen konnte. »Der Junge hat hier sein Motorrad abgestellt und ist dann in diese Richtung zurückgelaufen.«
Sie sahen hinüber zu der Reihe von Eukalyptusbäumen. Das Hintertor zu Granny Mariah Grundstück schwang in den Angeln hin und her. Sofort war jeder Gedanke an die Bürgerwehr der Pretorius-Brüder wie weggeblasen. Emmanuel und Shabalala rannten auf den Kaffernpfad und das offene Tor zu.
Kaum hatten sie den Garten betreten, sah Emmanuel sie schon in einer Furche liegen. Blut rann in einem stetigen Rinnsal aus einer klaffenden Wunde auf der Stirn und ergoss sich auf die gerade erst eingesetzten Samenkörner. Emmanuel stürzte zu ihr und fühlte den Puls. Schwach, aber noch da. Er drehte sich zu Shabalala um, der klugerweise das Tor hinter ihnen verschlossen hatte.
»Laufen Sie zur Vordertür raus und holen Sie den alten Juden! Sagen Sie ihm, er soll seine Tasche und das Nähzeug seiner Frau mitbringen.«
Shabalala zögerte.
»Gehen Sie vorne raus!«, beharrte Emmanuel. Dann würden die Farbigen von Jacob’s Rest es eben hinnehmen müssen, dass ein Schwarzer am helllichten Tag in Granny Mariahs Haus ein- und ausging. »Auf dem Kaffernpfad sind immer noch die Pretorius-Jungs, also müssen Sie die Straßen nehmen. Kommen
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