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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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»Sieh zu, dass du auch das ganze Unkraut wegmachst, hörst du?«
    »Ja. Ich mach alles weg, Missus«, antwortete Peter, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. Dann schlug er rasch die milchigen Augen hoch, um zu sehen, ob der weiße Detective und sein angeheirateter Vetter dritten Grades, der Constable Samuel Shabalala, noch da waren.
    »Weiter! Da lang!« Als er die Stimme von Henrick Pretorius hörte, drückte Emmanuel sich noch enger an die Mauer der Räucherhütte. Jetzt ein Ruf vom Gärtner oder der Missus, und es wäre das Ende ihrer Rettungsmission. Als er sich zu Shabalala umwandte, sah er, dass der ganz gelassen an der Wand der Räucherhütte lehnte. Emmanuel folgte seinem Beispiel und lockerte seine zusammengepressten Kinnmuskeln. Das Getrappel wurde schwächer und hörte dann ganz auf. Die Pretorius-Brüder setzten ihre Jagd woanders fort.
    »Meinen Wagen können wir nicht nehmen«, erklärte Emmanuel. »Wenn die Pretorius-Jungs auch nur einen Funken Verstand haben, haben sie die Reifen zerschnitten oder jemanden auf der Kühlerhaube postiert, der ihn bewacht.«
    »Wir müssen einen anderen Wagen finden. Es gibt einen ganz hier in der Nähe«, erklärte Shabalala.
    »Wo?«
    »Auf der Wache.«
    »Auf der Wache? Wie sollen wir das denn hinkriegen, Shabalala?«
    Shabalala ging zum Eingang der Räucherhütte und zeigte auf ein Backsteinhaus mit einer bleiverglasten Tür und einem Zaun aus Wagenrädern um die vordere Veranda.
    »Der junge Polizist – er wohnt bei seiner Mutter und seinen Schwestern. Das da ist sein Haus.«
    »Sie wollen, dass Hansie den Wagen holt?«
    »Sonst fällt mir niemand ein, der den Polizeitransporter vor der Wache abholen könnte.«
    »Gott steh uns bei.«
    Emmanuel und Shabalala überquerten die Straße und klopften zweimal an die Tür. Durch die Bleiverglasung sah Emmanuel den jungen Polizisten durch den Flur auf sie zu schlurfen.
    Die Tür ging auf, und Hansie äugte mit mürrischem Gesicht hinaus. Seine blauen Augen hatten rote Ringe, und seine Nase glänzte mattrosa vom vielen Schnäuzen.
    »Ich habe das Halsband«, schniefte er. »Hab’s mir zurückgeben lassen, genau wie Sie gesagt haben, Sergeant.«
    »Gut gemacht.« Emmanuel trat in den Flur und zwang Hansie ein paar Schritte zurück, dann schloss Shabalala hinter ihnen die Tür. »Sie müssen mir aber noch etwas besorgen, Constable.«
    »Was?«
    »Den Polizeitransporter.« Emmanuel hielt sich an leicht verständliche Anweisungen. »Sie müssen zur Wache gehen und den Polizeitransporter holen.«
    »Aber Lieutenant Lapping hat mir für heute frei gegeben. Er sagte, ich brauche erst morgen wiederzukommen.«
    »Jetzt sind Sie wieder im Dienst«, erklärte Emmanuel in einem Tonfall, als handele es sich hier um eine Beförderung. »Sie sind der beste Fahrer, den die Polizei hat. Sogar besser als die meisten Beamten, mit denen ich in Jo’burg zusammenarbeite.«
    »Ehrlich?« Das Kompliment beglückte den Jungen so sehr, dass er darüber das Halsband und den freien Tag vergaß.
    »Ganz ehrlich.« Emmanuel sah Hansie scharf an, um zu sehen, ob seine Worte auch die gewünschte Wirkung erzielten. »Ich will, dass Sie zur Wache gehen, den Transporter holen und damit hierher zurückkommen. Kriegen Sie das hin?«
    »Ja.«
    »Sollte jemand Sie fragen, wo Sie mit dem Wagen hinwollen, sagen Sie ihm, Sie suchen nach einem gestohlenen …« In der Großstadt wäre Emmanuel etwas eingefallen, aber hier auf dem Land? Was konnte man in Jacob’s Rest schon stehlen?
    »Nach einer Ziege«, half Shabalala aus. »Sie suchen nach einer gestohlenen Ziege.«
    »Haben Sie das kapiert?«
    »Ich suche nach einer gestohlenen Ziege.«
    »Sie gehen jetzt schnurstracks zur Wache und kommen mit dem Transporter wieder hierher zurück«, wiederholte Emmanuel noch einmal. Er hoffte, dass die Botschaft in Hansies Hirn wenigstens teilweise haften geblieben war.
    »Jawohl, Serge.«
    Der Junge strich sich die Uniform glatt und trabte mechanisch wie ein aufziehbarer Spielzeugsoldat zur Haustür. Als Emmanuel ihm nachsah, kamen die schlimmsten Befürchtungen in ihm hoch. Dass sie Louis fassten, dass Davida unversehrt heimkehrte und die Gerechtigkeit obsiegte, all das lag jetzt in den Händen des achtzehnjährigen Constables Hansie Hepple.
    Als Emmanuel sich umdrehte, sah er am anderen Ende des Flurs ein spindeldürres blondes Mädchen stehen, an deren Händen und Schürze Brotteig klebte. In ihren blauen Augen, die noch dunkler waren und enger zusammenstanden als bei

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