Ein schöner Ort zu sterben
Seine Exfrau vielleicht? Nein, die roch höchstens nach englischen Teerosen und Eiswasser. Kratzen und lecken und beißen wäre nichts gewesen für die wohlerzogene, prüde Angela. Sex war etwas für die letzte halbe Stunde vorm Einschlafen. Ein urwüchsiger Fick im Keller war nicht ihr Ding. Eigentlich war Ficken überhaupt nicht ihr Ding.
Emmanuel legte sich wieder hin. Dieser Frau war er in seinen wachen Stunden noch nie begegnet, sonst hätte er sich bestimmt an sie erinnert. Warum hatte der Traum nicht damit aufhören können, dass sie beide warm und nackt in tiefen Schlaf fielen?
Das Geräusch war ein deutliches Knirschen. Ein Schritt auf dem Kiesweg, der zu seiner Tür führte. Emmanuel regte sich nicht. Das hier war kein Traum. Hier war Jacob’s Rest, und das Knirschen kam immer näher. Er glitt aus dem Bett und tastete sich in der Dunkelheit bis zur Tür. Aus einer Ritze im Vorhang drang Mondschein herein. Emmanuel kroch bis ganz dicht an die Türklinke, da wurde auch schon die Fliegengittertür geöffnet und genauso schnell wieder geschlossen. Er hörte, wie etwas Schweres sich gegen die Maschen drückte, dann wurden die Schritte schwächer.
Sein Besucher machte sich aus dem Staub. Ruckartig riss Emmanuel die Tür auf. Am anderen Ende des Hofes huschte eine Gestalt in den Schatten eines ausladenden Jacarandabaumes und floh in die Nacht. Emmanuel riss an der Fliegengittertür, um sich an die Verfolgung zu machen. Die Tür klemmte, sie wurde vom Gewicht eines weiß getünchten Steins blockiert, den sich jemand aus der Beetumfassung geborgt hatte. Emmanuel drückte noch einmal, und die Tür gab nach.
»He! Stehenbleiben!«
Emmanuel lief in die mondbeschienene Nacht hinaus. Die klackernden Schritte des Eindringlings trieben ihn weiter. Während er den Fremden verfolgte, spürte er hohes Gras und Äste an seinem Körper entlangstreifen. Hinter ihm verschwanden die dunklen Häuser, aber er rannte weiter, bis er sich plötzlich auf einem der Kaffernpfade wiederfand, der wer weiß wohin führte. Emmanuel beschleunigte seine Schritte und sah eine Gestalt, die gerade um eine Biegung direkt vor ihm lief. Als er die Kurve genommen hatte, stellte er fest, dass sich der Kaffernpfad gabelte. Er lief nach links, hetzte noch ein paar Minuten in vollem Lauf weiter, bis er erkannte, dass er allein war und blindlings in den mondbeschienenen Busch hineinsteuerte.
Plötzlich wurde ihm übel, und er beugte sich vornüber. Seine Lungen brannten, die Galle stieg ihm hoch. Seit vier Jahren war er jetzt bei der Kriminalpolizei, und noch nie war ihm jemand weggelaufen. Ob durch schmale Gassen oder über Zäune – keiner im Dezernat war schneller als er. Aber wer auch immer ihn zu diesem Barfuß-Marathon über Stock und Stein verleitet hatte, war nicht stehengeblieben oder langsamer geworden. Gierig sog Emmanuel die kalte Nachluft ein. Er war eindeutig geschlagen worden – um Längen.
Er schloss die Augen, und ohne jede Warnung war sie wieder da. Die Frau aus dem Keller, der gerade eben hell genug war, dass Emmanuel sehen konnte, wie sie ihm ihre braunen Arme entgegenstreckte. Zweifellos keine europäische Abstammung. Eine der Frauen aus Zweigmans Laden. Vielleicht die köstliche Tottie mit ihrem saftigen Mund und diesen Hüften, die zum Grabschen einluden? Oder war es vielleicht doch Sally gewesen, pockennarbig und erbötig?
Du musst unbedingt mal raus und dich flachlegen lassen, dachte er. Er sollte die Brünette anrufen, die in Belmont’s Menswear hinter der Hut- und Schlipstheke stand. Die war perfekt. Attraktiv, willig und vor allen Dingen eine Weiße. Schwarze und farbige Frauen waren etwas für die von der Sitte, die zwar fleischliche Gelüste, aber keinen Ehrgeiz hatten. Mrs. Pretorius hätte ihn schon dafür aufgeknüpft, dass er sündig genug war, auch nur davon zu träumen.
»Eine Bewegung, und ich schieße Sie über den Haufen, Mister.«
Emmanuel spürte die Wärme eine Taschenlampe auf seinem nackten Rücken und hörte, wie klickend eine Waffe entsichert wurde. Er erstarrte.
»Nehmen Sie die Hände hoch, so dass ich sie sehen kann, und drehen Sie sich dann zu mir um! Schön langsam!«
Emmanuel gehorchte und drehte sich um. Im nächsten Moment blickte er in das gleißende Licht einer Taschenlampe, die auf sein Gesicht gerichtet war. Blinzelnd machte er zwei dunkle, nebeneinanderstehende Gestalten aus.
»Wer sind Sie?«, fragte der Mann mit der Waffe.
Emmanuel hielt weiter die Arme nach oben gereckt und
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