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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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fürs Saufen übrig als für seine Töchter. Die Große hat er Donny zur Frau gegeben und die Kleine zur Nebenfrau.«
    Den Rest der Strecke legten sie schweigend zurück.
     
    Das mechanische Sirren der Nähmaschinen erfüllte Poppies General Store, als Emmanuel und Shabalala ihn zum zweiten Mal betraten. Zweigman stand hinter der Theke und bediente gerade eine ältere Schwarze. Sie steckte ihr Wechselgeld ein und verließ mit einem Packen Stoff unter dem Arm den Laden. Zweigman folgte und schloss hinter ihr die Tür. Er drehte das Schild auf Geschlossen und wandte sich seinen Besuchern zu.
    »Da drüben können wir uns hinsetzen«, sagte er und begab sich nach hinten. Emmanuel ging ihm nach. Für einen Mann, dem gleich ein Verhör im Zusammenhang mit einem Mordfall bevorstand, war Zweigman bemerkenswert gelassen, wenn nicht gar kaltschnäuzig. Offensichtlich hatte er mit ihnen gerechnet.
    Sie betraten das Hinterzimmer, einen kleinen Arbeitsraum mit fünf Nähmaschinen und einigen Ankleidepuppen, die mit Stoffbahnen behängt waren. Die farbigen Frauen an den Maschinen sahen auf, Polizei im Haus machte sie nervös.
    »Meine Damen«, sagte Zweigman lächelnd, »das ist Detective Sergeant Emmanuel Cooper aus Johannesburg. Constable Shabalala kennen Sie ja bereits.«
    »Bitte stellen Sie uns die Damen ebenfalls vor«, bat Emmanuel höflich. Er wollte die Näherinnen einmal genauer unter die Lupe nehmen. Vielleicht war ja an Mrs. Pretorius’ heimtückischen Anschuldigungen etwas dran. Immerhin hatte Zweigman hier fünf gemischtrassige Frauen unter vierzig zur Auswahl.
    Zweigmans Lächeln gefror. »Natürlich. Das hier ist Betty, dann Sally, Angie, Tottie und Davida.«
    Emmanuel nickte den Frauen zu und behielt dabei genau ihre Gesichter im Auge. Im Geiste versah er sie mit groben Merkmalen. Betty: pockennarbig und fröhlich. Sally: mager und nervös. Angie: schon älter und ohne Sinn für Humor. Tottie: konnte einen ausgewachsenen Mann zum Heulen bringen. Und Davida: ein scheues braunes Mäuschen.
    Wenn er hätte wetten sollen, auf welche Zweigman stand, hätte er alles, was er hatte, auf Tottie gesetzt. Mit ihrer hellen Haut und der knackigen Figur war sie genau die Sorte Frau, die die Jungs von der Sitte bei Vergehen gegen das Unsittlichkeitsgesetz als Köder einsetzten und anschließend noch für einen netten Kameradschaftsabend mit nach Hause nahmen.
    »Meine Herren.« Zweigman schob einen zweiten Vorhang beiseite und führte sie in ein kleines, mit Tisch und Stühlen möbliertes Zimmer. Die schwarzhaarige Frau, die gestern so nervös gewesen war, goss jetzt mit ruhiger Hand Tee in drei Becher.
    »Das ist meine Frau Lilliana.«
    »Detective Sergeant Cooper«, grüßte sie höflich und bat ihn und Shabalala mit einer einladenden Handbewegung an den Tisch, auf dem der Tee und ein kleiner Teller mit Gebäck standen. Emmanuel setzte sich, seine Sinne waren geschärft. Der alte Jude und seine Frau hatten nur wenige Stunden gebraucht, um sich wieder zu verschanzen und alle Fenster zu vernageln. Emmanuel nippte an seinem Tee.
    »Welche von den Frauen da draußen ficken Sie?«, fragte er im Plauderton. Er hoffte, der derbe Ausdruck würde Wirkung zeigen.
    Zweigman lief rot an. Seiner Frau entglitt der Gebäckteller und schepperte lautstark auf den Tisch. Eine peinliche Stille folgte, während sie die Kekse wieder einsammelte und zurücklegte.
    »Bitte«, bat Zweigman leise. »Das ist kein Thema, das ein Mann in Gegenwart seiner Frau erörtern sollte.«
    »Sie muss ja nicht dableiben«, gab Emmanuel zurück. »Wir verhören sie dann später.«
    »Geh doch ein bisschen mit den Damen spazieren, Liebchen. Die frische Luft wird euch gut tun«, sagte Zweigman.
    Rasch verließ die elegante Frau das Zimmer. Emmanuel nippte weiter an seinem Tee und wartete darauf, dass die Tür ins Schloss fiel. Dann wandte er sich Zweigman zu, der plötzlich niedergedrückt und sterbensmüde aussah. Unter seinen braunen Augen hatte er Ringe.
    »Das war grausam und unnötig«, sagte der alte Jude. »Das hätte ich nicht von Ihnen erwartet.«
    »Diese Stadt bringt meine schlechtesten Eigenschaften zum Vorschein«, antwortete Emmanuel. »Also, welche der Damen ist denn nun die Glückliche?«
    »Keine. Allerdings bin ich mir sicher, dass Sie selbst sich Tottie aussuchen würden. Es ist mir nicht entgangen, wie Sie sie angesehen haben.«
    Emmanuel zuckte mit den Achseln. »Gucken war immer noch erlaubt, als ich das letzte Mal im Strafgesetzbuch

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