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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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die Handflächen geöffnet wie weiße Fahnen. Er war ein barfüßiger Fremder in einer Pyjamahose, den man in der Dunkelheit erwischt hatte. Wenn sie ihn jetzt erschossen, würde die Jury sie freisprechen.
    »Ich bin Detective Sergeant Emmanuel Cooper. Ich ermittle hier im Mordfall Captain Pretorius. Mein Ausweis ist in meiner Pension.« Er konzentrierte sich darauf, möglichst vernünftig zu klingen.
    »Für’n Arsch!« Der Mann mit der Taschenlampe spuckte auf den Boden. »Nicht mal Weiße können Polizisten werden, wenn sie durchgeknallt sind.«
    »Es ist das Protea Guesthouse.« Emmanuel hielt sich an bekannte Namen. Die Männer waren von hier und hörten sich wie Farbige an. »Heute Nachmittag war ich in Zweigmans Laden. Sie können jeden fragen, der dort arbeitet. Die werden Ihnen sagen, wer …«
    »Klappe, Mister.« Der Mann mit der Lampe trat näher heran. » Ihr Burschen glaubt wohl, jetzt, wo der Captain tot ist, könnt ihr wiederkommen und euch an unsere Frauen ranmachen.«
    »Das ist nicht …«
    »Auf die Knie, sonst sage ich meinem Mann hier, er soll Sie abknallen, nur so zum Spaß.«
    Emmanuel wandte seinen Kopf von dem gleißenden Licht der Lampe ab und kniete sich langsam hin. Die Männer traten noch näher heran. Emmanuel atmete durch die Zähne, in Erwartung des Trittes, der ganz bestimmt gleich kam. Die heiße Taschenlampe brannte in seinem Gesicht.
    »Wen habt ihr erwischt?«, rief eine Stimme durch den Busch.
    Ein dritter Farbiger, der sich wohl der Jagdgesellschaft anschließen wollte.
    »Einen verrückten Weißen«, rief der Revolverheld. »Sagt, er sei Polizist.«
    Emmanuel hörte den dritten Mann rasch näherkommen, schließlich rannte er auf sie zu.
    »Du liebe Güte, Tiny«, keuchte er. »Das ist er. Das ist der Detective aus Jo’burg.«
    »Machst du Witze?«
    »Auf meine Ehre«, schwor der Neuankömmling. »Das ist der Detective. Er ist heute Nachmittag mit Shabalala zu mir nach Hause gekommen.«
    Emmanuel erkannte die Stimme. Sie gehörte dem farbigen Mechaniker, der für Zweigman ausgesagt hatte. Ein schlaksiger Kerl mit dunkelbrauner Haut und einem Schneidezahn mit Goldfüllung.
    »Anton Samuels«, sagte Emmanuel, immer noch kniend. »Der beste Mechaniker von Jacob’s Rest. Hat jedenfalls Officer Shabalala gesagt.«
    »Sobald mein Laden wieder auf Touren ist, bin ich das auch«, antwortete Anton. Er trat herbei und streckte Emmanuel die Hand hin. »Ich brauche noch ungefähr einen Monat, bis ich alles wieder aufgebaut habe, aber ich schaffe es schon.«
    Als Anton ihn vom Boden hochgezogen hatte, war die Waffe schon wieder gesichert und die Taschenlampe auf die Erde gerichtet. Es herrschte eine gespannte Stille, während die Männer auf ein Stichwort warteten. Widerstand gegen einen weißen Polizisten hieß Knast. Widerstand gegen einen weißen Polizisten durch bewaffnete Farbige hieß Knast plus Schwerstarbeit und regelmäßige Prügel. Am besten waren sie wahrscheinlich noch dran, wenn sie ihn abknallten und verschwanden.
    »Tut mir leid, diese Sache«, entschuldigte sich Emmanuel. »Ich muss Ihnen einen ganz schönen Schrecken eingejagt haben. Mitten in der Nacht wie ein Vollidiot rumzulaufen. Ich kann froh sein, dass Sie mich nicht auf der Stelle erschossen haben.«
    »Da können wir alle froh sein, Detective«, bemerkte Tiny. Er war ein kleiner Mann, der sich die paar verbliebenen Büschel seines ungezähmten Haars mit Grandezza um den ganzen Kopf drapiert hatte. Was ihm an Körpergröße fehlte, machte er an Körperumfang wieder wett. Sein Bauch wölbte sich vor ihm und spannte an den Hemdknöpfen.
    »Ich bin Tiny Hanson.« Er räusperte sich, um das Zittern in seiner Stimme loszuwerden. »Das hier ist mein Sohn Theo.«
    »Ein halbnackter Weißer auf einem Kaffernpfad«, bemerkte Theo. Er war einen Kopf größer als sein Vater, neigte aber ebenfalls schon zur Fettleibigkeit. »Das ich so was mal zu Gesicht bekomme. Ist das in Jo’burg Mode, Detective?«
    Die Männer lachten nervös, ihnen war klar, dass alles noch in der Schwebe hing. Eine falsche Bewegung konnte sie in den Abgrund schicken, ohne Hoffnung, dass eine Rettungsmannschaft sie wieder hochholte.
    »Ich dachte, Sie wären weiße Polizisten auf diesen Pfaden gewohnt. Ist nicht der Captain immer hier entlanggelaufen?«
    »Schon, aber der hatte seine Klamotten an.«
    »Da ist was dran«, räumte Emmanuel grinsend ein. »Wo kommt ihr Jungs überhaupt her?«
    »Aus dem Schnapsladen«, antwortete Anton. »Tiny und Theo

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