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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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geboren.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Emmanuel und angelte die Autoschlüssel aus der Hosentasche. »Ich fürchte, wir müssen sofort los.«
    »Natürlich.« Mrs. Ellis eilte zur Theke, und Zweigman scheuchte sie wieder weg, während er und die scheue braune Davida die Pakete unter sich aufteilten.
    Emmanuel ging nach draußen und sah, wie eine hagere Farbige mit strohigem gelben Haar und einem kleinen Kind an der Hand an Antons ausgebrannter Werkstatt vorbeikam. Die Ruine erinnerte ihn an die Hunderte französischer Städte und Dörfer, die sie auf ihrer Friedensoffensive dem Erdboden gleichgemacht hatten.
    Er wandte sich wieder zu seinem Wagen um. Über ihm zog eine Wolkenbank vorbei, deren dunkler Schatten über die Straße wanderte und die schließlich, als die Wolken über den Busch davonzogen, wieder dem gleißend hellen Sonnenstrahlen wich. Das wechselnde Licht ließ Emmanuel blinzeln. Auf der Veranda sah er Mrs. Ellis und dann, einander zugewandt, Davida und Zweigman. Die beiden standen so dicht zusammen, dass Emmanuel schier die Atemluft zwischen ihnen spüren konnte. Kurz leuchtete Davidas Haube in blendendem Weiß auf, dann war es nur noch ein matter Schimmer.
    »Machen Ihnen die Kopfschmerzen wieder zu schaffen, Detective?«, fragte der alte Jude.
    »Nein, es ist nur die Sonne«, beschwichtigte Emmanuel, während er nacheinander den alten Juden und Davida ansah. Dann warf er Mrs. Ellis einen Blick zu, um ihre Reaktion zu beobachten, doch sie zeigte keinerlei Anzeichen, dass die Ehre ihrer Tochter in irgendeiner Weise kompromittiert worden war.
    »Sind Sie soweit?« Emmanuel öffnete die Wagentür und rutschte auf den Fahrersitz. Er gab nicht viel auf Mrs. Pretorius’ wollüstiges Shylock-Märchen. Die Frau sah sich ohnehin umzingelt von gewieften Juden, betrunkenen Farbigen und primitiven Schwarzen. Der übliche, von der National Party verbreitete Stuss, auf den arme Afrikaander schworen und über den gebildete Engländer sich gern lustig machten, während ihre Hausdiener den Rasen mähten.
    Die Beifahrertür wurde geschlossen, und Emmanuel ließ den Motor an. Was er da für einen winzigen Moment zwischen Zweigman und dem schweigsamen Mädchen beobachtet hatte, verstieß ganz gewiss nicht gegen das Unsittlichkeitsgesetz. Hatte er sich das nur eingebildet?
    »Wo lang?«, fragte er Mrs. Ellis, die so steif auf der Sitzkante hockte, als fürchte sie, die Federung zu beschädigen.
    »Sie nehmen zunächst die Piet Retief Street bis zum Botha Drive, biegen dann am Standard Hotel links ab und fahren weiter bis zur Hauptstraße. Bayete Lodge liegt etwa 30 Meilen westlich von hier.«
    »Gibt es einen Weg aus der Stadt hinaus, der nicht am Standard Hotel vorbeiführt?«, fragte Emmanuel.
    Jeder Weiße aus dem gesamten Bezirk würde da sein, einschließlich der Pretorius-Brüder. Dort mit zwei braunhäutigen Frauen im Fond vorbeizufahren, anstatt am offiziellen Totenmahl teilzunehmen, war die schnellste Methode, dass einem anschließend sämtliche Türen vor der Nase zugeschlagen wurden.
    »Es gibt nur einen Weg aus der Stadt hinaus«, erklärte die ältere der beiden Frauen. »Wir müssen auf jeden Fall am Standard Hotel vorbei.«
    Emmanuel bog auf die Piet Retief Street ein und fuhr dann langsamer. Mit einem mulmigen Gefühl blickte er in den Rückspiegel. »Ich muss Sie beide um einen Gefallen bitten.«
    »Natürlich«, sagte Mrs. Ellis, während ihre Hände nervös mit den Perlen an ihrem Hals spielten. Wenn weiße Männer nichtweiße Frauen um einen Gefallen baten, verhieß das nie etwas Gutes.
    »Ich möchte, dass Sie sich auf die Rückbank legen, bevor wir am Standard vorbeikommen. Für die Ermittlungen wäre es besser, wenn niemand Sie sähe.« Er haspelte die Sätze rasch herunter. Von einer ehrbaren weißen Frau und ihrer Tochter hätte er so etwas nie im Leben verlangt. »Sobald wir aus der Stadt raus sind, können Sie wieder hochkommen.«
    »Oh!« Mrs. Ellis nestelte noch nervöser an ihren rosafarbenen Perlen, »Ich denke, das wäre schon in Ordnung, nicht wahr, Davida?«
    Davida lächelte ihre Mutter an und legte den Kopf auf die Rückbank, so wie ein Kind ein Spiel spielt, dessen Regeln es schon kennt. Mrs. Ellis tat es ihr nach und legte sich neben ihre Tochter.
    Weiter vorne vor dem Standard Hotel standen etliche Männer auf dem Bürgersteig. Es war erst früher Nachmittag, und die Menge hatte sich noch nicht auf die Straße ergossen. In etwa einer Stunde würde der Verkehr in

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