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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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verhandelten, habe ich ihn ein bisschen kennengelernt. Und noch viel besser, als er anfing zu bauen.« King unterbrach sich und wählte vom Tablett ein Stück Kuchen. »Wie ich schon sagte, für einen Buren war er wirklich sehr vielschichtig und sehr intelligent.«
    »Was hat er denn gebaut?« Emmanuel setzte seine Teetasse ab. Deshalb also hatte man ihm die Notiz zugespielt. Jetzt war er sich sicher.
    »Nichts Großartiges. Nur eine kleine Steinhütte auf der Parzelle, die er für sich behalten hat.«
    »Er hatte hier draußen ein Haus?«
    »Es war eher eine Hütte als ein Haus«, erklärte King, biss in seinen Kuchen und versank buchstäblich in einer Welt aus Zucker und Buttercreme. Genüsslich schmatzte er, dann fuhr er fort. »Eigentlich sieht das Ding aus wie aus einer Kaffern-Location, aber ihm schien es zu gefallen.«
    »Hat er viel Zeit hier draußen verbracht?« Kein Mensch – weder Shabalala noch einer der Pretorius-Brüder – hatte bisher erwähnt, dass es noch ein zweites Haus gab.
    »Nicht, dass ich wüsste. Ein paar Mal ist er in der Jagdsaison da gewesen, danach nur noch sporadisch. Mir kam das alles ein wenig wirr vor. Aber schließlich war es sein Land und seine Hütte.«
    Captain Pretorius hatte sich vor jedermann als Mann mit frommem Lebenswandel und festen Gewohnheiten präsentiert. Mittwochs zum Angeln, donnerstags zum Training des Rugby-Teams und jeden Sonntag in die Kirche. Und trotzdem entdeckte man bei ihm immer mehr Überraschendes.
    »Wo ist diese Hütte?« Plötzlich spürte Emmanuel, wie in seiner Hosentasche der Autoschlüssel und der Zettel, auf den jemand Kings Namen gekritzelt hatte, immer schwerer wurden. Schluss mit dem Fünf-Uhr-Tee.
    »Etwa zehn Meilen zurück auf der Hauptstraße. Direkt an der Abzweigung steht ein riesiger Witgatboom. Auf dem Hinweg sind Sie dran vorbeigekommen.«
    »Ich muss mir das mal ansehen«, erklärte Emmanuel. Der Witgatboom mit seinen weit ausladenden, flachen Ästen war ein guter Wegweiser und überdies ein afrikanisches Motiv schlechthin.
    »Das kann ich Ihnen weder erlauben noch verbieten, Detective. Auf diesem Grundstück habe ich nichts zu sagen, Sie können also tun und lassen, was Sie wollen.«
    Emmanuel trat zur Verandatreppe. »Ich dachte, Sie hätten Captain Pretorius die Farm abgekauft.«
    »Das meiste«, verbesserte King. »Eine kleine Parzelle hat er für sich behalten. Und genau das haben seine Söhne nicht verstanden. Bei dem Verkauf ging es gar nicht ums Geld. Ihr Vater wollte nur ein Stück von seinem alten Leben wiederhaben.«
    Emmanuel hätte schwören können, dass die Pretorius-Söhne weder von der Hütte noch vom Vorhaben ihres Vaters, sein Leben als weißer Induna wieder aufleben zu lassen, die geringste Ahnung hatten.
    »Nachdem ich mir den Ort angesehen habe, fahre ich direkt zurück zur Polizeiwache«, erklärte Emmanuel. »Danke für Ihre Hilfe, Mr. King. Und für den Tee.«
    »Gern geschehen«, antwortete King. In diesem Moment schoss, röhrend wie eine Spitfire, ein zweitüriger roter Sportwagen mit runden Kotflügeln und gewölbten Scheinwerfern auf die Kieseinfahrt. Einen Zentimeter hinter der Stoßstange des Packard kam er zum Stehen. Die Fahrertür glitt auf, und ein Mann Anfang zwanzig schwang sich aus dem ledernen Schalensitz. Im nächsten Moment blitzten strahlend weiße Zähne Emmanuel an.
    »Winston!«, rief Elliot King grüßend, während der gutaussehende junge Mann zur Treppe kam. »Ich habe dich erst morgen erwartet. Darf ich dir Detective Sergeant Emmanuel Cooper vorstellen? Er wollte gerade gehen.«
    »Oh, ein Gesetzeshüter.« Winston gab Emmanuel lächelnd die Hand. »Haben Sie endlich etwas gegen meinen Onkel in der Hand, Detective Sergeant?«
    Beide Kings lachten. Das Gesetz war nur ein Bediensteter, dem man keine Antworten gab.
    Der schnittige Sportwagen und die Strandbräune regten Emmanuel genauso grundlos auf wie das einfache Armband aus Elefantenhaut, das Winston garantiert trug, um den »echten Afrikaner« heraushängen zu lassen.
    »Nur eine Routinebefragung«, sagte er.
    »Was war denn?«
    »Captain Pretorius.« King kehrte zu seinem Lehnstuhl zurück und setzte sich. »Er wurde am Mittwochabend ermordet. Mit zwei Schüssen.«
    »Mein Gott …« Winston lehnte sich ans Geländer. »Wirst du etwa verdächtigt?«
    »Natürlich nicht!« King nahm seine Teetasse und trank einen Schluck. »Ich habe den Detective nur mit ein paar Hintergrundinformationen versorgt – im Sinne der

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