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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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als überlege er, ob es sich lohnt, mich zu fressen.
    „War sie gut?“, fragte ich.
    „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“
    „Doch! Natürlich! Ich bin begierig darauf zu erfahren, ob du mit ihr genauso viel Spaß hattest wie sie offensichtlich mit dir.“
    „Bist du eifersüchtig?“
    „Aber nicht doch! Reines Interesse!“
    „Jo!“, sagte er unheilschwanger. „Ich habe dir gestern Abend meine Liebe gestanden, was dich völlig kaltgelassen hat, und heute machst du mir Vorwürfe? Weshalb?“, fragte er und kam näher. „Dafür, dass ich nicht wie ein jämmerlicher Versager in meinem Zimmer hocke und deinetwegen bittere Tränen vergieße? Du hast mich abgewiesen, Jo!“
    „Ich habe dich doch nicht abgewiesen!“, rief ich.
    „Ach, nein? Ich leide wohl unter Gedächtnisverlust. Dass du mir um den Hals gefallen bist, ist mir nämlich entfallen. Und was letzte Nacht betrifft: Ich weiß nicht, ob Severíne besonders viel Spaß an mir hatte – da nicht sie es war, nach der ich mich gestern Abend sehnte. Doch sie war da, und ich bin nur ein Mann. Und was unüberlegte Handlungen angeht, bist du doch hier die Erste, die danach schreit.“ 
    „Es tut mir leid!“, entgegnete ich.
    „Ja, das sehe ich. Und ich sage dir noch was, Jo: Dass ich dich liebe, war keine Heuchelei. Es war die Wahrheit. Jetzt musst du dich fragen, ob du liebst, und wenn ja, wen. Vielleicht ist es dann noch nicht zu spät.“
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Das Schlimmste daran war, ich konnte ihm in keinem Punkt widersprechen. Ich überlegte krampfhaft, was ich Geistvolles erwidern könnte, doch mir fiel partout nichts ein. Ich stand nur da wie angewurzelt.
    Auf einmal sackte er in sich zusammen und atmete tief aus. „Was wolltest du wirklich?“, fragte er beinahe versöhnlich.
    „Wann?“
    „Vorhin, als ich reinkam. Du wolltest doch irgendwas.“
    „Ähm … ja. Ich wollte dich eigentlich nach den Handschriften fragen.“
    „Aye, Severíne hat sie aus Edinburgh mitgebracht.“ Er neigte den Kopf. „Willst du sie sehen?“
    Ich lächelte etwas kläglich. „Ja, bitte!“
    „Okay!“ Sein Lächeln war zwar auch etwas gequält, aber es war da.
    „Ich habe bisher nur die ersten Seiten kurz überflogen“, sagte Ryan und schob die Kiste voller Briefe zu mir herüber. „Ziemlich konfus alles, aber vielleicht hast du ja mehr Durchblick. Wenn du mich suchst, findest du mich entweder unten in der Halle oder in der Krypta.“
    „Ja, ist gut“, entgegnete ich.
    „Kommst du?“ Severínes perfekt geschminktes Gesicht erschien in der Tür.
    Ryan warf mir einen Blick zu und bemerkte leise: „Sie hat Symbolik studiert, Jo.“
    „Ich habe nichts gesagt.“
    „Nein. Natürlich nicht.“ Er sah mich mit einem Hauch von Sarkasmus an, und von der Tür erklang ein Räuspern.
    „Nun geh schon“, sagte ich. „Bevor sie noch einen französischen Wutanfall bekommt.“
    „Merde!“, knurrte er leise und ging.
    „Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft“, murmelte ich, atmete tief durch und öffnete die erste Akte.
    Zuerst kam ich auch nicht zurecht. Es war tatsächlich alles ziemlich verworren. Einerseits waren es Briefe, unterzeichnet von einer Annie und gerichtet an einen namenlosen Geliebten, den sie stets nur mit „Mein Herz“ anredete. Andererseits fanden sich auch tagebuchähnliche Seiten darunter, die so schrägen und teilweise grauenvollen Inhalts waren, dass ich mich fragte, ob diese Annie über zu viel Phantasie verfügte, und es dauerte eine ganze Weile, bis ich begriff, dass es ihre Träume waren, die sie niedergeschrieben hatte. Ich begann die gesamten Unterlagen aufzuteilen in Traumnotizen und Briefe und sortierte sie dann in eine ungefähre zeitliche Reihenfolge, was sich als nicht so leicht erwies, da die meisten Schriftstücke ohne Datum waren. Doch nach einer Weile konnte ich sie ein wenig aufgliedern, indem ich die verschiedenen Papiersorten miteinander verglich. Annie hatte auf fast alles geschrieben, was ihr zwischen die Finger kam. Einen Traum hatte sie sogar auf einem Leinentaschentuch notiert, was mich vermuten ließ, dass sie dies gleich nach dem Aufwachen getan und nichts anderes zur Hand hatte. Allerdings war dieser kaum zu entziffern, weil sich der Stoff schon aufzulösen begann. Das alles warf ein seltsames Bild auf diese Frau. Wer war sie? Und wovor hatte sie Angst? Denn dieses Gefühl stand überall zwischen den Zeilen geschrieben.
    Kurz nachdem die Standuhr ein

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