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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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entschlossen zu und stiegen aus. Meine dünne Jacke war innerhalb von Sekunden durchnässt, und der Wind peitschte uns den Regen waagrecht ins Gesicht. Dennoch schafften wir es, den schweren Ast von der Straße zu hieven, und legten ihn am Wegesrand ab. Triefend vor Nässe stiegen wir wieder ein und schüttelten uns wie Hunde.
    „Du siehst aus wie ein begossener Pudel“, sagte ich und musterte die vielen kleinen, nassen Löckchen, die Ailsas Gesicht wie bei einer Porzellanpuppe umrahmten.
    „Glaubst du, du siehst besser aus?“, meinte sie lachend und wischte sich mit dem Ärmel das Wasser aus den Augen. „Ich mache uns einen Tee, wenn wir da sind. Ich habe ein paar Kräuter, die einen so richtig durchwärmen.“
    „Sehr gut!“ Ich blickte an mir herab. „Das schottische Wetter wächst einem wirklich ans Herz.“
    „Anscheinend nicht nur das“, entgegnete sie lächelnd und startete den Motor. „Mal sehen, was noch kommt.“
    „Du weißt doch“, sagte ich. „Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.“
    Es kam, wie es kommen musste … Ich sah sie schon, als wir uns dem Vorplatz näherten. „Oh nein!“
    „Was ist? Soll ich sie einfach über den Haufen fahren?“, fragte Ailsa und hielt genau auf die beiden zu.
    Ryan und Marlin standen sich vor dem Torhaus gegenüber, durchnässt bis auf die Haut. Sie taxierten sich wie Bluthunde. Ihre Oberkörper waren vorgeneigt, die Hände zu Fäusten geballt. Vom Regen und dem Sturm nahmen sie keine Notiz, und im nächsten Moment fielen sie übereinander her.
    „Verflucht!“, schrie ich. Ailsa bremste ab, und ich sprang aus dem Wagen. „Hört sofort auf, ihr Idioten!“
    Ich konnte Ryans Faust sehen, die vorschnellte. Marlin parierte mit dem Unterarm und schlug nun seinerseits zu.
    „Ich habe gesagt, ihr sollt aufhören!“
    Der Wind heulte, Blitze zuckten über den düsteren Himmel und erhellten die Szenerie für die Dauer eines Wimpernschlages. Donnerschläge hallten in den Ohren wider. All das verlieh diesem Moment etwas gespenstisch Animalisches. Etwas, dem ich mich trotz meiner Wut und Angst kaum entziehen konnte. Nackte Haut, die zwischen zerrissenen Stofffetzen hell hervorschimmerte, Muskeln, die im entfesselten Kampf ihren eigenen Tanz tanzten, Blut, Schweiß und Tränen aus Zorn.
    Ich bekam eine Gänsehaut.
    Marlins Finger krallten sich in den Stoff von Ryans Hemd, und als Ryan zuschlug, riss es bis zum Saum auf. Marlin wiederum rammte seine Faust in Ryans Magen, der sich vorbeugte und sich mit dem Kopf voran auf Marlin stürzte. Sie strauchelten beide, landeten in einer Regenpfütze und wälzten sich in einem Knäuel über den Schotter.
    In diesem Augenblick tauchte Rupert in der Tür auf mit Ailsa, Finn und Lucas, Milly und Malcolm. Ruperts Miene hatte etwas Entschlossenes an sich. Er hob ein Gewehr und schoss in die Luft. Ryan und Marlin stoben auseinander wie verschreckte Hühner und wischten sich Haare und Dreck aus den Augen.
    „Thoir do chasan leat!“, rief Rupert, und seine tiefe, brodelnde Stimme übertönte das Brausen des Sturmes. „Sonst erschieße ich euch wie tollwütige Hunde!“ Er bedachte beide mit einem gnadenlosen Blick, drehte sich um und ging wieder hinein. Milly folgte ihm.
    Finn sah mir in die Augen, deutete mit einer Kopfbewegung auf die beiden Kontrahenten und nickte mir zu, dann nahm er Ailsas Hand und ging mit ihr und Lucas hinein.
    Ich holte tief Luft, blickte zwischen den Männern hin und her, und mein Herz schlug so heftig, dass es sich anfühlte, als würde es gleich meinen Brustkorb sprengen.
    „Seid ihr wahnsinnig?“, schrie ich sie an.
    Ryan wischte sich langsam mit dem Handrücken das Blut von den Lippen, und Marlin spuckte Blut und Rotz zur Seite aus, doch sie ließen sich nicht eine Sekunde lang aus den Augen.
    „Hey! Ich rede mit euch!“, sagte ich im Befehlston, beugte mich vor und schaute ihnen ins Gesicht.
    „Es geht mir gut“, erwiderte Ryan und wich meinem Blick aus.
    Ich sah zu Marlin hinüber.
    „Mir auch“, knurrte er.
    „Welch ein Jammer!“ Ich funkelte sie an. „Vielleicht hättet ihr besser die Schwerter aus der Halle nehmen und euch damit die Köpfe einschlagen sollen.“
    „Nächstes Mal mache ich dich fertig“, sagte Ryan.
    „Das schaffst du nicht, kleiner Bruder“, entgegnete Marlin, ohne mit der Wimper zu zucken.
    „Ihr seid unglaublich!“, rief ich. „Muss denn erst wirklich was Schreckliches passieren?“
    Weder Ryan noch Marlin zeigten eine Reaktion.
    „Jetzt

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