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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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Caitlin Castle, Hochwürden.“
    „Caitlin ...“ Er hob die Augen und blickte uns verblüfft an. „Annella’bán!“, rief er aus und betrachtete den Brief erneut. „Ihr kennt sicher die Geschichten, die sich um die weiße Annie ranken, nicht wahr?“
    „Ja, Hochwürden“, sagte ich und legte ihm demonstrativ noch ein Stück Kuchen auf den Teller. „Die Geschichten … Wir sind jedoch an der Wahrheit interessiert.“
    Pastor Livingston blickte von dem Kuchen zu mir und dann zu Ailsa. Ein breites Lächeln überzog seine feisten Gesichtszüge. „Nicht schlecht, ihr zwei!“, sagte er und drohte uns freundlich mit dem Zeigefinger. „Mich bei meinen Schwächen zu packen.“ Er schaute wieder auf den Brief und las ihn ein zweites Mal aufmerksam durch. „Na gut!“, meinte er am Ende und legte den Papierbogen neben seinen Teller. „Kommt übermorgen zum Sonntagsgottesdienst. Danach dürft ihr in die Bücher schauen.“
    „Das ist …“, rief Ailsa und setzte sich auf. „Bestechung!“
    „Nicht doch, mein Kind!“, erwiderte Pastor Livingston und nahm den Teller in die Hand. „Soweit ich das sehe, ist das Pfirsichkuchen.“
    Als wir uns vom Pastor verabschiedet hatten und die Stufen des Pfarrhauses wieder hinabstiegen, hatte sich der Himmel zugezogen. Über den Bergen im Südwesten türmten sich dreckig gelbe Wolkenmassen auf, und das Wetterleuchten am Horizont kündete von einem Gewitter.
    „Da zieht was auf“, sagte ich, und Ailsa nickte.
    „Ja, wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch, bevor es richtig losgeht.“ Sie blickte auf die Uhr an ihrem Handgelenk. Es war mittlerweile halb sieben. Pastor Livingston hatte sich einfach nicht davon abbringen lassen, mir mit stolzgeschwellter Brust seine Sammlung von Liebesbriefen vorzuführen. Dass ein fast siebzig Jahre alter presbyterianischer Pastor eine Vorliebe für schnulzige und teils sogar schockierend freizügige Liebesbriefe hatte, entbehrte nicht einer gewissen Komik. Sensuelle Ausdrucksweise … fürwahr, dachte ich und stieg in Ailsas kleinen Rover.
    „Ach, übrigens“, sagte sie, startete den Wagen und warf mir einen vorsichtigen Seitenblick zu. „Was ich dich noch fragen wollte. Wie gut kennst du eigentlich Finn?“
    „Finn?“ Ich verkniff mir ein Lächeln. „Kaum. Warum fragst du?“
    „Weil …“ Sie blickte mich von der Seite her an und schnaubte überrascht. „Du wirst ja rot!“
    „Ja, tut mir leid! Ich wollte es nicht. Es war ein Zufall. Ich habe euch gehört. Heute früh, als ich heimkam. Tut mir leid!“
    „Bis in dein Zimmer?“, fragte sie entsetzt und wurde nun auch so rot im Gesicht, als würde sie plötzlich von innen leuchten.
    „Nein, nein“, beeilte ich mich zu sagen. „Ich wollte was nachsehen. Im Oktogon, und ihr hattet … gerade zu tun“, schloss ich matt und spürte, wie die Hitze meine Ohren erfasste.
    „Oh Gott!“
    „Tut mir leid! Wirklich!“
    Wir blickten uns an, beide hochrot im Gesicht – und fingen an zu lachen.
    „Und du?“, fragte sie einen Moment später. „Wie geht es dir?“
    „Großartig!“, sagte ich. „Zu toppen wäre es nur noch, wenn es einen dritten Bruder gäbe.“
    „Das nenne ich Optimismus.“
    „In der Tat.“ Ich lehnte mich zurück und schaute aus dem Fenster.

Auge um Auge …
    Kaum hatten wir Broch Monadail verlassen, zogen die ersten Ausläufer des Unwetters über uns hinweg. Die Bäume neigten sich zur Seite, der Wind wehte Äste und Zweige über die Straße. Als wir das Tor zu Caitlin Castle & Gardens passierten, war es so dunkel, dass Ailsa die Scheinwerfer einschalten musste. „Mistwetter!“, knurrte sie und wollte etwas vom Rücksitz des Wagens nehmen.
    Genau in dem Moment sah ich den Ast fallen. „Pass auf!“, schrie ich, und Ailsa reagierte sofort. Sie trat die Bremsen vor Schreck komplett durch, woraufhin der Motor abstarb. Einen halben Meter weiter, und der Ast wäre auf das Auto gefallen. Er maß etwa zwei Meter in der Länge und war so stark wie meine Oberschenkel. Mir wurde ein bisschen mulmig im Magen.
    „Großer Gott!“, sagte ich. „Das hätte schiefgehen können.“
    „Ja … Mist!“
    „Nicht auch das noch, verdammt!“, bestätigte ich, als die Schleusen des Himmels sich nun auftaten und es wie aus Eimern schüttete.
    „Warten wir ab, oder tun wir es?“, fragte Ailsa und blickte durch die Frontscheibe in den düsteren Himmel.
    „Ich glaube nicht, dass es so schnell wieder aufhört.“
    „Nein, du hast recht.“
    Wir nickten uns

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