Ein Schritt ins Leere
weibliche Stimme kühl. «Ist dort Hawkins?»
«Ja, M’lady.»
«Ich brauche den Wagen um zehn Uhr für eine Fahrt nach London.»
«Sehr wohl, M’lady.»
Am anderen Ende der Leitung legte Frankie den Hörer nieder und wandte sich Roger Bassington-ffrench zu.
«Grässlich, dass ich nach London muss! Alles wegen Vaters Schusseligkeit.»
«Aber Sie kommen heute Abend zurück, nicht wahr?»
«Natürlich.»
«Ich hatte Sie schon bitten wollen, mich mitzunehmen.»
Frankie zögerte – den Bruchteil einer Sekunde –, bevor sie mit anscheinender Bereitwilligkeit entgegnete:
«Von Herzen gern.»
«Nach reiflicher Überlegung halte ich es indes für besser, wenn ich mich heute nicht von Merroway Court entferne», fuhr Roger fort. «Henry kommt mir noch sonderbarer vor als sonst, sodass ich Sylvia nicht mit ihm allein lassen möchte. Fahren Sie ohne Ihren Chauffeur?»
«Nein. Hawkins soll mich begleiten, weil ich gleich ein paar Besorgungen in London machen will. Da ist es bequemer, wenn ich ihn bei mir habe.»
«Zweifellos.»
Mehr sagte Roger nicht. Doch als der Wagen vorfuhr, begleitete er sie bis auf die unterste Stufe der Freitreppe.
«Kommen Sie auch wirklich zurück?», fragte er, indem er Frankies Hand nahm und eine Minute in der seinen behielt.
Sie lachte. «Selbstverständlich.»
«Hüten Sie sich vor weiteren Unfällen.»
«Wenn es Sie beruhigt, lasse ich Hawkins fahren.» Hink nahm sie neben Bobby Jones Platz, der korrekt seine Mütze berührte. Der Wagen setzte sich in Bewegung, und Roger Bassington-ffrench blickte ihm nach, bis nichts mehr von ihm zu sehen war.
«Bobby, hältst du es für möglich, dass Roger sich in mich verlieben könnte?», erkundigte sich Frankie.
«Hat er sich schon verliebt?»
«Weiß ich’s…?»
«Ich dachte, du kennst die Symptome», gab Bobby zur Antwort. Aber es klang ziemlich zerstreut, sodass Frankie ihn mit einem raschen Blick streifte.
«Junge – ist was passiert?»
«Ja, Frankie. Ich habe das Original der Fotografie entdeckt.»
«Was…? Redest du von dem Bild in Pritchards Tasche, das urplötzlich verschwand?»
«Ja.»
«Bobby!!! Auch ich habe zwar einiges zu berichten, aber nichts, was an Bedeutung deiner Entdeckung gleichkäme. Wo bist du ihr begegnet?»
«In Dr. Nicholsons Sanatorium.»
«Erzähle!»
Und Bobby schilderte die Ereignisse der vergangenen Nacht.
«Dann sind wir auf der richtigen Fährte», entschied Frankie, die atemlos gelauscht hatte. «Und Dr. Nicholson ist in die ganze Angelegenheit verwickelt! Bobby, ich habe Angst vor diesem Mann.»
«Beschreib ihn mir.»
«Er ist groß und verfügt, möchte ich sagen, über hypnotische Kraft. Seine klugen Augen beobachten einen, und man hat das Gefühl, als ob sie durch einen hindurchschauen wie durch Glas.»
«Wann hast du ihn kennen gelernt?»
«Er war zum Dinner eingeladen und bekundete ein verdächtiges Interesse für meinen Unfall und alle seine Begleitumstände. Bobby, ich fange an, in ihm das Haupt einer Bande von Rauschgiftschmugglern zu wittern. Diese so genannte Heilanstalt ist vermutlich ein nützliches Tarnunternehmen, das ihm gestattet, ganz gesetzlich einen gewissen Vorrat an Morphium, Opium und dergleichen zu haben. Und während er vorschützt, Rauschgiftsüchtige zu heilen, versorgt er sie in Wirklichkeit mit dem Zeug.»
«Das klingt recht einleuchtend.»
«Es wird dir noch mehr einleuchten, wenn ich dir alles über Henry Bassington-ffrench erzählt habe.»
Nun übernahm Bobby Jones die Rolle des Zuhörers.
«Ahnt seine Frau etwas?», forschte er, nachdem Frankie ihm die Sonderbarkeiten, Launen und Ausbrüche des Besitzers von Merroway Court geschildert hatte.
«Vielleicht. Vielleicht auch nicht!»
«Ist sie klug?»
«Die Frage habe ich mir bisher noch nicht gestellt, Bobby. Nein, klug ist Sylvia wohl nicht. Aber in gewisser Hinsicht ganz gewitzt. Jedenfalls eine freimütige, angenehme Frau.»
«Und unser Bassington-ffrench?»
«O Bobby, das ist ein heikler Punkt!», sagte Frankie nachdenklich. «Bisweilen denke ich, wir haben den Mann völlig falsch eingeschätzt.»
«Red’ keinen Unsinn!», verwies Bobby Jones sie barsch. «Falsch eingeschätzt…! Niemand als er kann die Fotografie vertauscht oder entwendet haben.»
«Gewiss. Aber mehr haben wir ihm nicht vorzuwerfen.»
«Es genügt, mein Kind.»
«Ja. Doch ich kann mir nicht helfen – immer wieder habe ich das Gefühl, dass er unschuldig ist und mit der ganzen Sache nichts zu schaffen hat.»
«Sehr
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