Ein Schuss Liebe kann nicht schaden

Lieben zu Hause sind.“
    Emmy-Lous Unterlippe schob sich vor. „Wollen sie denn nicht bei mir bleiben und meine Freunde sein?“
    „So wie du manchmal mit deinen Freundinnen spielst und danach wieder zu deinem Papa nach Hause kommst, so haben die Glühwürmchen heute Abend mit uns gespielt. Aber jetzt wollen sie wieder nach Hause. Freunde kommen und gehen. Aber eine Familie, zu der gehörst du für immer.“
    „Du hast keine Familie. Dann kannst du zu uns gehören!“
    Hope beugte sich vor, damit Emmy-Lou sie deutlich sehen konnte. „Darüber haben wir doch schon gesprochen. Ich bin wie eine Wunschblume. Gottes Wind treibt mich immer weiter, sodass ich auch anderen helfen kann.“ Eine unerwartete und unerklärliche Schwere machte sich in ihrem Herzen breit, als sie diese Worte sagte. Doch ihre eigenen Gefühle sollten Emmy-Lou nicht belasten. „Deine Tante wird bald ihr Baby bekommen, und danach bleibe ich noch ...“ Sie dachte einen Moment nach. „Danach bleibe ich noch für zwei weitere Gottesdienste. Dann muss ich gehen.“
    „Lasst uns nicht in die Zukunft schauen, sondern den Augenblick genießen.“ Mr Stauffer legte die Arme locker um seine Tochter. „Als Junge habe ich oft Glühwürmchen gefangen.“
    „Hat Tante Annie dir geholfen?“
    Über diese Frage musste er lachen. „Nein. Sie und mein Bruder und ich haben immer einen Wettkampf daraus gemacht – wer die meisten fangen konnte. Aber man kann sie gar nicht so einfach zählen, weil sie in dem Glas ja immer hin und her fliegen.“
    „Sie haben noch einen Bruder?“ Sofort bereute Hope die Frage.
    „Ich hatte, aber jetzt sind nur noch Annie und ich übrig.“
    Seine Worte klangen so sachlich. Hope fragte sich, ob sein Bruder schon als Kind gestorben war. Aber warum war Jakob dann nicht auf der Familienfarm geblieben?
    „Emmy-Lou, es ist Zeit, ins Bett zu gehen.“ Er drückte sie zärtlich an sich. „Du solltest die kleinen Käfer jetzt besser wieder fliegen lassen.“
    Emmy-Lou zögerte einen Moment. Dann ließ sie sich gegen die Brust ihres Vaters fallen und fragte leise und traurig: „Können wir singen?“
    „Sicher. Dein Papa schraubt dir das Glas auf, und wenn du so weit bist, hebst du einfach den Deckel.“
    Mr Stauffer wandte sich an sie. „Hope, komm näher zu uns. Hilf uns dabei.“
    Woher wusste er, dass sie sich genau das vor ein paar Minuten gewünscht hatte? Hope spürte, wie ihr Gesicht warm wurde.
    „Ja, Miss Hope. Komm zu uns, ich brauche deine Hilfe.“
    Als Hope ein Stück näher rückte, überraschte sie ihr Boss, indem er fast spielerisch am Taillenband ihrer Schürze zog. „Ich könnte noch mit einer Kutsche zwischen uns hindurchfahren. Rück doch noch ein Stück zu uns.“
    Ein seltsames Gefühl durchströmte sie. Hope wusste nicht genau, was es war. Ein Teil von ihr wollte über seine unerhörten Worte lachen. Normalerweise war Mr Stauffer gar nicht so schlagfertig. Aber sie spürte auch das unbändige Verlangen, ihm nahe zu sein. Einen Moment lang stellte Hope sich vor, wie es wäre, wenn sie sich wie Emmy-Lou an ihn lehnen könnte. Sie rutschte ein winziges Stück näher zu den beiden hin. „So?“
    Eine große, unglaublich warme Hand legte sich plötzlich um ihre Schultern und zog sie näher, nur wenige Zentimeter neben Jakob. „Nein.“ Ein breites Lächeln lag auf seinem Gesicht und seine Augen blitzten. „ So .“ Noch bevor Hope etwas sagen konnte, fing er an zu singen. „Funkel, funkel, kleiner Stern –“
    Emmy-Lou stimmte sofort mit ein, und ihre süße, hohe Stimme mischte sich mit dem tiefen, vollen Bass ihres Vaters. Doch Hope blieb stumm. Vor vielen, vielen Jahren hatte sie dieses Lied mit ihrer Mutter zusammen gesungen. Eine Welle bittersüßer Erinnerungen überwältigte sie und machte ihr das Herz schwer. So bin ich doch sonst nicht – so grüblerisch. Emmy-Lou hat zwar keine Mama, aber sie hat ihre Tante und ihren Papa – einen wirklich guten Papa. Ich habe noch nie einen anderen Mann gesehen, der sich so liebevoll um sein Kind kümmert. Ich sollte mich glücklich schätzen, dass Mr Stauffer mich heute hier dabei sein lässt und dass Gott mir diese Erinnerung geschenkt hat.
    Emmy-Lou machte den Deckel auf, und Hope stimmte in das Lied mit ein, als die Glühwürmchen wieder in die Freiheit flatterten. Mr Stauffer kannte den Rest des Liedes nicht, deshalb sangen Emmy-Lou und Hope den letzten Vers im Duett. Doch seine tiefe, warme Stimme fehlte. Heute Abend bin ich mit seiner Tochter