Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
schuldet er mir eine monatliche Bezahlung. Trotzdem werde ich den Gewinn, den die Ernte abwirft, behalten. Schließlich hat er nichts dafür getan – dann kann er auch nichts von dem Geld erwarten.
Von diesen Gedanken wussten die Frauen natürlich nichts. Die junge Frau redete einfach weiter. „Vielleicht konnte Annie nicht so schnell antworten. Annie war schon immer so gewissenhaft. Ich vermisse sie auch sehr.“
„Alles läuft verkehrt, wenn sie nicht da ist.“ Diesmal musste er gar nicht lügen. Jede Faser seines Körpers bestätigte seine Aussage. „Sie ist nun schon zu lange weg. Ich würde sie am liebsten gleich holen, aber ich wäre ja verrückt, meine Ernte jetzt im Stich zu lassen. Wenn die Ernte vorbei ist, vor dem Dreschen, dann hole ich sie nach Hause.“
„Das ist sicher ein guter Zeitpunkt.“ Frau Volkner lächelte ihn an. „Jedenfalls wäre es gut für dich, wenn der Weizen trocknet. Aber du brauchst für die Ernte doch jemanden, der dir beim Kochen für die Arbeiter hilft.“
Warum sollte ich auf Hilfe warten, bis die Ernte losgeht? Ich brauche auch jetzt schon gutes Essen. Konrad zuckte mit den Schultern und breitete die Arme aus. „Glauben Sie wirklich, dass ich erst dann Hilfe brauche? Ich trage mittlerweile Hosenträger, weil ich keine Löcher mehr in meinen Gürtel machen kann. Ja, ich habe unglaublich viel Gewicht verloren.“
Die Frauen schauten ihn mitleidig an und seufzten. Da wusste Konrad, dass er den richtigen Moment gewählt hatte.
Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012
Kapitel 21
„Phineas.“ Jakob schluckte seinen Stolz herunter, als er Josephine in ihre Box brachte. „Ich habe einen Brief bekommen.“
Phineas richtete sich auf und stellte den Melkeimer auf den Boden. „Deiner schlechten Laune in der letzten Woche nach zu urteilen ist der Brief von Konrad.“
„Ja.“ Jakob räusperte sich. Er hatte versucht, seine Sorgen während des Dreschens zu verdrängen. Offensichtlich war es ihm nicht geglückt, seine Gefühle zu verheimlichen. War es Hope auch aufgefallen? Und Annie?
„Ich habe dir schon gesagt, dass du ihm meinen Lohn schicken sollst.“
„Er will mehr als das. Zwölf.“ Allein die Zahl auszusprechen fühlte sich unanständig an. „Er will jetzt zwölf Dollar jeden Monat.“
Phineas zögerte nicht eine Sekunde. „Annie ist es wert.“
„Meine Schwester ist viel mehr wert als das, aber sie ist keine Frau, die man kaufen und verkaufen kann.“
Phineas warf ihm einen verärgerten Blick zu. „Natürlich ist sie das nicht, aber Konrad ist nicht schlau genug, um das zu merken. Ich habe ein bisschen Geld gespart. Nicht viel, aber du kannst es gerne haben.“
„Nein Phineas. Vielen Dank für das großzügige Angebot, aber egal wie viel ich ihm gebe, Konrad wird immer mehr wollen. Ich habe beschlossen so zu tun, als hätte ich den Brief gar nicht bekommen. Nächsten Monat schicke ich ihm fünf Dollar, so wie bisher auch.“
„Dadurch gewinnst du vielleicht eine Woche oder etwas mehr. Und dann?“
„Das ist meine Hoffnung. Bis dahin fängt bei ihm die Ernte an. Dann muss er seinen Nachbarn helfen – das ist Ehrensache.“ Normalerweise verabscheute Jakob Pläne, die nicht geradeheraus waren. Ein Mann sollte für das kämpfen, was er glaubte und liebte. Aber in dieser besonderen Situation würde ein offener Kampf das Problem nicht lösen. Er hatte lange mit sich gekämpft, jede Möglichkeit ausgelotet und sich dann für die einzige Vorgehensweise entschieden, mit der er vielleicht eine Chance hatte. Jakob hob sein Kinn. „Wenn Annie erst einmal das Baby hat, werde ich sie wegschicken. Es muss doch einen Ort geben, an dem sie sicher ist.“
Phineas verzog das Gesicht. „Was ist mit Emmy-Lou?“
Darüber hatte er schon unzählige Male nachgedacht. Niemand anderem würde er seine geliebte Tochter anvertrauen. Hope. Hope würde sie mit sich nehmen. „Konrad kann man nicht vertrauen. Ich kann weder Hope noch Emmy-Lou hierlassen. Sie müssen mit Annie und dem Baby gehen. Ich wollte dich bitten, einen Ort für sie zu finden, aber sage mir auf keinen Fall, wo. Dann muss ich nicht lügen, wenn ich ihm sage, dass ich nicht weiß, wo Annie ist.“
„Wie lange, glaubst du, wird das funktionieren?“
Jakob atmete tief ein und ganz langsam wieder aus. „Bis ich die Farm hier verkauft habe. Dann nehme ich das Geld und ziehe woanders hin.“
„Du willst hier weg?!“
„Ich habe keine Wahl. Ich sage es dir vor allen anderen.
Weitere Kostenlose Bücher