Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
der Schulter.
Ben stützte die Ellenbogen links und rechts neben seinem vollen Teller auf und verbarg das Gesicht in den Händen. „Ich hab’s versucht, wirklich, aber –“
„Er ist krank!“ Mrs Volkner wich einen Schritt zurück. „Bringt ihn nach Hause!“
Bei dem Gedanken, gleich zwei Arbeitskräfte zu verlieren, reagierte Konrad sofort. „Er kann sich hier bei mir hinlegen. Die Hitze ist grausam heute. Ruhe und kühles Wasser bringen ihn bestimmt wieder auf die Beine.“
Bens Bruder zog ihn hoch, hielt ihn fest und schob die Bank mit dem Knie zur Seite. „Nein. Seine Frau und Kinder sind alle krank. Ich bringe ihn nach Hause.“
„Das ist sicher das Beste.“ Leo Volkner sagte das so, als wäre das hier seine Farm. Überall murmelten die Männer ihre Zustimmung.
Dann gingen die Männer zurück auf die Felder zum Arbeiten. Nach einer Weile grinste Leo Konrad aufmunternd an. „Bis heute Abend sind wir bei dir fertig.“
Gerade so. „Ja.“
„Dein Weizen – der ist wirklich gut.“ Leo schaute auf die Samenkörner, die an seiner verschwitzten Hand klebten. „Nächstes Jahr wird die Ernte für uns beide gut.“
Konrad grunzte. In diesem Jahr hatte er selbst auf weit mehr Farmen geholfen als Männer bei ihm – viele waren einfach nicht erschienen. Dann kam noch dazu, dass Volkner dieses Jahr keine Ernte hatte, sodass er ihn für seine Hilfe bezahlen musste, und das nicht zu knapp. Konrad versprach ihm Weizensamen für nächstes Jahr. Volkner war keinen Deut besser als seine gierige, alte Mutter.
„Ja. Nächstes Jahr wird ein sehr gutes Jahr.“ Volkner schaute auf die Felder. „Unsere Felder werden voller Weizen stehen, unsere Frauen werden bei uns sein und gutes Essen für uns kochen.“
Immer wieder hatten die Leute nach Annie gefragt, und Konrad hatte ausweichend geantwortet. Doch jetzt reichte es ihm. „Nach der Ernte hole ich meine Frau. Kannst du in der Zeit hier ab und zu mal nach dem Rechten sehen?“
„Natürlich. Ich gebe dir einen Brief für meine Marcella mit.“
Spät am Nachmittag kamen Mrs Volkner und ihre Tochter zu den Feldern. Die Arbeit ruhte, während die Männer Wasser tranken und Brote aßen. Es dauerte ein paar Minuten, bis alle gegessen hatten. Dann ging die Arbeit weiter.
Volkner sagte nachdenklich: „Ich würde gerne ein paar Obstbäume pflanzen. Jakob hat Pfirsiche. Annie hat Pfirsichkuchen für uns gebacken.“
Konrads Gesichtsmuskeln spannten sich.
„Jakobs Frau hat sie auf einem Karren zusammen mit den Sandwiches auf die Felder gebracht. Vorher hat sie darauf bestanden, dass wir eingelegte Gurken essen – wegen dem Salz.“
„Seine Frau?“ Konrad traute seinen Ohren nicht.
„Ja.“ Volkner legte die Stirn in tiefe Falten und schien über etwas nachzudenken. „Es ist mir vorher gar nicht aufgefallen. Warum ist Annie dann eigentlich immer noch da?“
Konrad räusperte sich, um Zeit zu gewinnen. Fieberhaft suchte er nach einer plausiblen Erklärung. „Ich war nur überrascht, dass Jakobs Frau auf die Felder gekommen ist. Es ist gut zu hören, dass sie wieder auf den Beinen ist. Er schrieb, dass sie“ – er senkte die Stimme und beugte sich zu Leo – „nun ... Probleme hat. Bis sie wieder ganz gesund ist, dachte ich mir, es wäre besser, wenn Annie sich noch ein bisschen länger um Jakobs Tochter kümmert.“
Volkner nickte langsam und verständnisvoll. „Besonders jetzt, wo die arme Kleine blind wird.“
„Blind?“
Leo sah ihn seltsam an. „Wusstest du das nicht?“
„Doch, doch. Natürlich wusste ich das.“ Konrad erholte sich schnell. „Meine Annie hat mir alles geschrieben. Ich wusste nur nicht, dass sie diese traurigen Neuigkeiten schon überall herumerzählen.“
Anscheinend reichte Volkner diese Entschuldigung, denn er machte sich wieder an die Arbeit.
Den Rest des Nachmittags arbeitete Konrad wie besessen, sonst hätte sein Zorn ihn aufgefressen. Selbst als die Erntemaschine endlich stillstand und die Männer alle nach Hause gingen, konnte er nicht aufhören. Jakob hatte eine Frau. Eine Frau. Er brauchte Annie gar nicht, um auf seine Tochter aufzupassen.
Schon bei ihrer ersten Begegnung war Jakob aufgetreten, als wäre er schlauer und besser als er. Sein Bruder war genauso gewesen. Jakob hatte geheiratet und war weggezogen, doch Konrad und Jakobs Bruder verstanden sich auch nicht besser. Konrads Mund verzog sich zu einem hinterhältigen Lächeln. Bartholomäus hatte genau das bekommen, was er verdiente. Eines Tages war
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