Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
Teig eines Pfirsichkuchens. Baumstämme und Holz. Robuste Lederstiefel. Spät am Nachmittag, als die Sonne noch hell, aber nicht mehr so heiß war und tief am Horizont hing, staunte Jakob darüber, wie viele Dinge braun waren. Und sie waren nicht einfach nur braun, sondern es gab unendlich viele Schattierungen. Noch nie zuvor hatte er den Blick über seine Farm schweifen lassen und sich über die Zaunpfähle gefreut oder die glatten Kurven des Jochs wahrgenommen. Oder das geschmeidige Gefühl von Zaumzeug und Sattel. Sicher, manchmal waren ihm solche Gedanken schon durch den Kopf geschossen, aber heute hatte er zum ersten Mal ganz bewusst seine Umgebung wahrgenommen. Vielleicht lag das an Hopes kleinem Spiel. Vielleicht lag es auch an all den braunen Sachen, die Emmy-Lou als Erste hätte aufzählen können. Doch seine Tochter hatte seine Haare genannt. Eine ganz tiefe, innige Liebe lag in diesen Worten. Selbst jetzt, Stunden später, war die Erinnerung daran wie ein warmer Regen für sein ausgetrocknetes Herz.
Jakob sah, wie Hope und Emmy-Lou Hand in Hand auf ihn zukamen. Ihre Arme schwangen dabei wie ein wildgewordenes Uhrenpendel nach vorn und hinten.
„Ich traue meinen Augen kaum!“ Phineas boxte Jakob leicht gegen die Schulter. „Du lächelst! Ich dachte schon, du hättest vergessen, wie das geht.“
Jakob zuckte die Schultern. „Schau dir meine Tochter an. Sie ist glücklich. Ein Mann freut sich eben, wenn seine Tochter glücklich ist.“
„Papa, Hope hat gesagt, ich muss erst dich fragen. Kann ich Milky und die Kätzchen noch mal sehen?“
„Ja.“
Emmy-Lou griff nach den Schlaufen in seinem Overall und zog daran. „Papa, kannst du mit mir kommen?“
„Dann mache ich einen kleinen Sonntagsspaziergang.“ Hope schaute ihm direkt in die Augen und gab ihm damit zu verstehen, dass er diese Zeit allein mit seiner Tochter verbringen konnte. „Hattie zwinkert mir schon die ganze Zeit zu und wackelt mit den Ohren. Wahrscheinlich sollte ich sie besser mitnehmen, sonst ist sie beleidigt.“
Jakob legte Emmy-Lou vorsichtig die Hand auf den Kopf und streichelte ihre weichen Locken. „Brauchst du Sattel und Zaumzeug?“
„Danke, nein. Vielleicht einen Halfter. Hattie läuft mir nach wie Ihnen damals Ihr Kater Fleck nachgelaufen ist.“
Das hatte sie sich gemerkt? Jakob überspielte seine Überraschung, indem er sich umdrehte, um einen Halfter zu holen. Als Hope und ihre Eselin sich aufmachten, hob er seine Tochter auf den Arm. „Dann lass uns mal nach den Kätzchen sehen.“
Emmy-Lou hatte recht gehabt. Hopes Kleid war das einzige braune Ding, das er heute gesehen hatte, das wirklich nicht schön war. Die Farbe war durch viele Wäschen ausgeblichen, die kleinen Karos auf dem Stoff waren kaum noch zu erkennen. Schmale Rüschen aus demselben Stoff wie der Rest des Kleides formten eine Art Kragen und kräuselten sich auf der Vorderseite bis zur Taille. Das Kleid war mehr als hässlich, es war abscheulich. Vor vielen Jahren hätte seine Urgroßmutter beim Anblick dieses praktischen Kleides sicher anerkennend genickt. Es verschmutzte nicht so leicht. Kein wirkliches Lob.
Ich werde mit Annie reden. Sie kann Hope ein paar Futtersäcke geben, dann kann sie sich ein anderes Kleid nähen. Nein ... vielleicht besser nicht. Es gibt doch noch so viel zu tun. Das Letzte, das Hope jetzt gebrauchen kann, ist ein weiteres Projekt, das sie von den wirklich wichtigen Arbeiten abhält. Wenn sie wieder geht – dann gebe ich ihr die Säcke mit. Als zusätzliches Dankeschön.
„Papa, wenn ich in die Schule komme, darf ich dann auch ein Pferd reiten?“
Jakob blieb stehen und schaute auf seine geliebte Tochter in seinen Armen. Am liebsten wollte er sie gar nicht aus den Augen lassen. Allein der Gedanke, dass sie bald jeden Morgen in die Schule gehen würde, ließ ihm das Blut in den Adern stocken. Als sie damals in das erste Brunnenloch gefallen war, wäre sie beinahe gestorben. Allein in der Schule ... da konnte alles Mögliche passieren. Aber es durfte ihr nichts passieren.
„Ich weiß schon, wie man ein Pferd reitet. Du hast mich doch mal auf Josephine reiten lassen.“
Nur wenn er neben ihr hergelaufen war oder sie auf seinem Schoß gesessen hatte. Aber noch nie allein. Er setzte sich wieder in Bewegung. Er konnte sie nicht einfach zu Hause lassen, aber er würde alles tun, damit sie wenigstens sicher zur Schule kam. „ Liebling, du bist noch zu klein, um ein so langes Stück allein zu reiten. Die Smiths – die
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