Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
Hallelujas in den Himmel rufen möchte.“ Hope stand auf Zehenspitzen und sah aus dem Fenster. Plötzlich fing sie an zu singen. „Oh, hätt ich tausend Zungen nur.“
Am Tisch sang Annie leise mit.
Herr, ich sollte mir nicht so viele Sorgen machen, sondern auf dich schauen.
„Mein gnäd’ger Fürst und Gottesheld“, das Duett erfüllte die Küche. „In mir die Kraft vermehr ...“
Diese Strophe traf Jakob besonders. Gott darum zu bitten, ihm zu helfen ... ja, das musste er wieder tun. Immer und immer wieder sollte das sein Gebet sein.
„Jesus, dein Nam’ verscheucht die Pein.“ Annies Stimme wurde schwächer und brach dann ganz ab.
Sofort stimmte Jakob ein: „... macht aus dem Leid ein Lied. Dringt wie Musik ins Herz hinein. Ist Leben, Heil und Fried.“
Hope drehte sich um. „Danke, dass Sie mit mir gesungen haben. Mein Herz war so voll, dass ich einfach singen musste. Aber mit Ihren beiden Stimmen zusammen – das war noch schöner, als wenn ich allein singe. Es gibt keinen besseren Weg, den Tag anzufangen, als ihn zu loben und ihm zu vertrauen, egal, was wir auf dem Herzen haben.“
„Hope hat eine schöne Stimme, nicht wahr, Annie?“
„Ja.“
„Danke schön. Ich denke immer, Gott hat mir eine schöne Stimme gegeben, weil er schon wusste, dass ich nicht lesen lernen würde und deshalb auch die Bibel nicht lesen kann. Wie dem auch sei, ich sollte mich jetzt besser an die Arbeit machen und die Sachen auf den Tisch stellen. Die ersten Männer werden sicher bald auftauchen.“
„Ihr habt wirklich viel vorbereitet.“ Jakob hielt Hope die Tür auf, damit sie die Kaffeekannen nach draußen tragen konnte. Die Teller, Tassen und das Besteck standen schon auf den Tischen. Die meisten Männer würden erst innerhalb der nächsten Stunde eintreffen, aber ein paar waren schon da oder bereits auf der Straße von Weitem zu sehen.
„Es sieht so aus, als kämen da ein paar Arbeiter, die sich hier heute gerne was verdienen wollen.“
„Ja. Jedes Jahr kommen ein paar davon. Fünf stelle ich ein. Die anderen bekommen etwas zu essen, bevor ich sie wieder wegschicke.“
Hope war schon halb die Treppe herunter, als sie sich noch einmal umdrehte. „Wenn Sie mich nicht eingestellt hätten, wie viele Arbeiter hätten Sie dann behalten?“
„Auch nur fünf. Ich habe gute, starke Nachbarn. Fünf zusätzliche Männer, mehr brauchen wir nicht. Letztes Jahr kam ein Mann mit seinem Sohn, der war viel zu jung, um auf dem vorderen Pferd zu sitzen, das die Erntemaschine gezogen hat. Ich hätte dich schon vorher fragen sollen, aber ich hatte den Jungen ganz vergessen. Wenn er dieses Jahr wiederkommt, könntest du auf den Jungen aufpassen, damit sein Vater arbeiten kann?“
„Ich fände es schlimm, wenn Sie ihn wegschicken würden.“ Hope lief zu den Tischen. Sie flog fast von einer Aufgabe zur anderen, damit alles bereit war.
Annie stellte sich dicht neben ihn. Sie murmelte: „Glaubst du, dass vor vielen Jahren einmal eine Farmersfrau auf Hope aufgepasst hat, damit ihr Vater arbeiten konnte?“
Die Frage überraschte ihn. Die ganze Zeit über war er so sehr mit seinen eigenen Gedanken und Sorgen beschäftigt gewesen, dass er nichts über diese fremde Frau wusste, die unter seinem Dach wohnte!
Er trat durch die Fliegengittertür ins Freie und ging zur Scheune, um nach seinem Wallach zu schauen. Nicodemus stand ganz still in seiner Box – ein schlechtes Zeichen. Normalerweise begrüßte er Jakob mit einem Wiehern. Jakob sprach beruhigend auf ihn ein und öffnete die Boxentür. Liebevoll streichelte er den Wallach am Hals und über die Nüstern. Dann beugte er sich hinunter und fuhr langsam mit den Fingern über das lange Bein des Pferdes nach unten. Sein Vater hatte ihm den Trick beigebracht – auf diese Weise konnte man auch mit schwieligen Fingern die Wärme in einem entzündeten Bein fühlen. Wenn ich einen Neffen bekomme, werde ich ihm das auch beibringen. Das Bein war warm – nichts Schlimmes, aber genug, dass der Wallach nicht bei der Ernte helfen konnte.
Phineas mistete eine andere Box aus. Über die Schulter rief er: „Wie sieht es aus?“
Jakob richtete sich auf und schluckte seine Enttäuschung herunter. „Das Bein ist immer noch warm.“
„Das habe ich auch gedacht. Es kommen heute genug andere Pferde. Nicodemus bleibt einfach in der Box, bis er wieder gesund ist.“
Er ging wieder hinaus ins Freie und sah einige Männer, die sich auf den Weg zu den Tischen machten. Vier waren es bisher.
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