Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
haben wir sogar noch mehr Zeit. Ich weiß, es gehört sich eigentlich nicht, aber ich frage trotzdem: Würden Sie mir den Teil vorlesen, in dem steht, was man bei einer Geburt tun muss? Dann weiß ich – wenn die Zeit kommt – wie ich Annie helfen kann.“
„Ja, Hope. Das mache ich.“
Phineas tippte mit dem Zeigefinger auf die Zeichnung und fragte: „Aber warum hast du gerade diese Seite aufgeschlagen?“
Als Hope die Auflaufform aus dem Ofen holte, wurde ihr Gesicht ganz rot. Jakob vermutete, dass das nicht nur an der Hitze des Ofens lag. „Ich habe nicht wirklich verstanden, wie man das in dem Buch findet, was man sucht. Ich weiß ‚Baby‘ fängt mit einem B an, aber da stand gar nichts über Babys. Dann ist mir eingefallen, dass ich mal so einen hochtrabenden Ausdruck für ein Kind im Mutterleib gehört habe: Fütus oder so. Also hab ich danach gesucht.“
In ihrer Verzweiflung hatte sie alles versucht. Bewundernd schaute Jakob sie an. „Ich werde es dir vorlesen, Hope.“
„Du liest Miss Hope doch schon vor, Papa. Du liest ihr jeden Tag aus der Bibel vor.“ Emmy-Lou kam mit einem Berg Stoff auf dem Arm in die Küche. Eine winzige Hand ragte aus dem Stoffbündel heraus.
Jakob nahm seine kleine Tochter auf den Arm. „Hope hat recht. Deine Puppe sieht in dem Stoff wirklich hübsch aus. Wenn du sie ganz lieb bittest, macht dir Hope vielleicht auch ein Kleid für deine Puppe daraus, nachdem sie sich eins für sich selbst genäht hat.“
Hope stellte die heiße Form auf einen Untersetzer mitten auf den Tisch. „Annie sieht sicher wunderschön in einem Kleid aus diesem Stoff hier aus. Wie wäre es, wenn ich für Annie und deine Puppe ein Kleid aus dem Stoff nähe, und dann nehme ich Futtersäcke –“
„Der Stoff ist für dich.“ Hope sah Jakob mit vor Staunen aufgerissenen Augen an. „Ich möchte ihn dir gerne schenken.“
„Vielen Dank, aber so feine Sachen sind viel zu schade für mich. Aus einem Ackergaul kann man kein Rennpferd machen.“
Emmy-Lou streichelte den Stoff und blickte zu Jakob hoch. „Der Stoff ist wirklich hübsch, Papa. Miss Hopes braunes Kleid ist hässlich, und ich kann sie in dem Kleid auch ganz schlecht sehen. Nur in dem grünen sehe ich sie gut.“
Das hatte gesessen! Hope ließ den Deckel wieder auf die Auflaufform fallen. „Ich hab meine Meinung geändert, Mr Stauffer. Vielen Dank für den schönen Stoff. Ich fange sofort mit dem Nähen an.“
„Sehr gut.“ Er lächelte ihr zu. „Wo wir gerade bei gut sind – das Essen riecht köstlich. Ich habe einen Bärenhunger.“
Phineas setzte sich an den Tisch. „Was ist das?“
„Oooch ... Mischmasch.“ Hope drehte sich um und holte die Teller. „Es war alles so aufregend, da hab ich ganz vergessen, den Tisch zu decken.“
„Ich hab bei dem Mischmasch geholfen!“
Phineas warf Jakob einen zweifelnden Blick zu und sagte ungläubig: „Mischmasch?“
„Ja, dieser Mischmasch riecht köstlich.“ Das war die Wahrheit – das Essen duftete, dass einem das Wasser im Mund zusammenlief, aber der Name war eher unappetitlich. Nachdem er seine Tochter auf ihren Stuhl gesetzt hatte, drehte sich Jakob zum Herd. „Ich hole den K–“ Zum ersten Mal, seit Hope gekommen war, stand kein Kaffee auf dem Herd. „Tassen. Ich hole Tassen. Ich hoffe, wir haben noch irgendwo süßen, kalten Tee.“
„Im Brunnenhaus.“ Hope stellte die Teller auf den Tisch und legte das Besteck daneben. „Es gibt kaum etwas Erfrischenderes als süßen, kalten Tee. Fangt ihr nur schon an zu essen, und ich hole schnell eine Karaffe mit Tee.“
„Ich hole sie.“ Phineas stand auf.
Hope sah zu Emmy-Lou. „Süße, deine Puppe kann nicht mit uns am Tisch sitzen. Leg sie doch ins Wohnzimmer.“ Als Phineas und Emmy-Lou gerade außer Hörweite waren, drückte Hope Jakob das Medizinbuch in die Hand. „Mr Stauffer, Sir, könnten Sie mir heute Abend schon daraus vorlesen? Der Tag heute hat mir einen ordentlichen Schrecken eingejagt als ich dachte, dass Annie ihr Baby bekommt. Wir sollten dankbar sein, dass der Allmächtige Ihre Schwester vor meiner Stümperei bewahrt hat.“
„Ich gebe dir mein Wort. Heute Abend lese ich es dir vor.“
„Morgen auch?“
Die Eindringlichkeit in ihrer Stimme berührte ihn. Hope liebte seine Schwester und wollte ihr Bestes geben, um ihr zu helfen. Als er Gott nach Naomis Tod und Annies Rettung um Hilfe gebeten hatte, hätte er niemals an jemanden wie Hope gedacht. Aber Gott hatte sie zu ihnen geschickt. Und
Weitere Kostenlose Bücher