Ein sehr privater Verführer (Baccara) (German Edition)
was auch immer. Doch aus irgendeinem Grund hat mich ihre Frage umgehauen. Vielleicht hatte ich einfach zu viel Wein getrunken und zu wenig gegessen. Jedenfalls war es idiotisch von mir, und es tut mir leid.“
„Hör auf“, erwiderte er. „Dich trifft überhaupt keine Schuld. Ich habe dich da hingeschleppt, obwohl Jacob mir davon abgeraten hat.“
„Aber ich wollte so gern mitkommen“, beharrte sie. „Ich wollte eine schöne Zeit mit dir verbringen, ehe wir uns trennen.“
„Schön findest du die Zeit mit mir jetzt wohl nicht mehr.“ Damit wandte er sich ab und schaute schweigend aus dem Fenster.
Bis sie im Hotel waren, sprachen sie nicht mehr miteinander.
Dort angekommen, trug er sie gegen ihren Protest nach drinnen. Sie hatte kurz versucht, auf eigenen Beinen zu stehen, war aber leichenblass geworden und hatte geschwankt. Oben in der Suite zögerte Gareth, weil er nicht ganz sicher war, was nun geschehen sollte. An eine Liebesnacht war überhaupt nicht zu denken. Vermutlich wollte Gracie nur noch allein sein.
„Wahrscheinlich fühlst du dich in deinem Bett wohler“, bemerkte er. „Du brauchst keinen Wecker zu stellen. Morgen hatte ich bloß ein bisschen Sightseeing geplant. Wir können auch nach Hause fahren, wenn du möchtest.“
Sie lehnte einfach nur den Kopf an seine Schulter, und er trug sie hinüber in ihr Zimmer. Dort setzte er sie kurz ab, um ihr das schwarze Abendkleid abzustreifen. Nun trug sie nur noch den winzigen pinkfarbenen Slip. Zärtlich bettete er sie in die Kissen und gönnte sich einen Moment der Bewunderung, ehe er sie zudeckte.
Auf der Hinfahrt war Gracie eine feurige, leidenschaftliche Frau gewesen, die in seinen Armen verging. Nun lag sie da wie ein Häuflein Elend. Und es war seine Schuld.
Gracie schreckte mitten in der Nacht aus einem Albtraum auf. Nur mit Mühe hielt sie einen Schrei zurück. Es war stockdunkel im Zimmer, und sie fühlte sich mutterseelenallein und verlassen. Trotzdem wollte sie Gareth nicht wecken. Sie hatte ihm schon genug Probleme bereitet. Jetzt durfte sie sich nicht auch noch an ihn klammern, wenn es ihr schlecht ging. Außerdem wollte sie die verbleibende Zeit mit ihm genießen, wollte, dass er sie begehrte, wollte aufregenden Sex mit ihm haben. Da ging es nicht, sich hilflos und schwach zu präsentieren.
Sie streifte ein kurzes Seidennachthemd über und stahl sich hinaus in den Salon. Dort öffnete sie die Minibar, nahm eine Flasche Mineralwasser, öffnete sie und trank in kleinen Schlucken, während sie darüber nachdachte, ob sich ihr Leben jemals wieder in geordnete Bahnen lenken lassen würde.
Irgendwie befand sie sich in einem seltsamen Schwebezustand. Sie hatte keine Ahnung von ihrer Vergangenheit, aber auch die Zukunft lag in dichtem Nebel.
Weil ihr nach frischer Luft zumute war, trat sie hinaus auf den Balkon. Es war kühl geworden, und die Steinplatten unter ihren Fußsohlen waren eiskalt. Doch das war ihr nicht unangenehm, eher willkommen, um die Schatten des Albtraums endgültig zu vertreiben.
Aus der Ferne klang selbst um diese Uhrzeit Verkehrslärm herüber. Gracie ließ ihren Blick über die nächtliche Stadt wandern. Washington hatte seit seiner Gründung viel Leid gesehen, aber auch Glück, Hoffnung, gar Triumph. So war das Leben halt, und Gracie wusste, dass sie ihr Schicksal annehmen musste. Alles, was sie zurzeit hatte, war diese große schwarze Leere in ihrem Kopf und in ihrem Herz dieses unstillbare Verlangen nach einem Mann, der ihr nie gehören würde.
Trotzdem wollte sie ihren Lebensweg annehmen, wohin er sie auch immer führte. Dass sie eine starke Frau war, spürte sie, und sie hatte vor, alles zu tun, um ihr Gedächtnis wiederzufinden, ganz gleich, ob sie in der Vergangenheit Fehler gemacht hatte oder nicht.
Und was Gareth betraf …
Hm, vermutlich hatte Shakespeare recht, wenn er sagte, dass es besser war, geliebt zu haben und den Geliebten zu verlieren, als die Liebe niemals kennengelernt zu haben.
Sie fröstelte ein wenig, hatte aber nicht die geringste Lust, wieder in ihr einsames Bett zurückzukehren. Auf der anderen Seite wollte sie sich aber auch keine Lungenentzündung einfangen. Also tappte sie auf bloßen Füßen zurück in den Salon und schloss die Balkontür hinter sich. Sobald sie sich umdrehte, fuhr sie erschrocken zusammen, denn in der Dunkelheit erkannte sie die Silhouette eines Mannes. Gareth.
Gracie stellte die Wasserflasche auf einen Tisch und schlang die Arme schützend um ihren Körper.
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